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Güterverkehrsbranche sieht neue Kontrollen an polnischer Grenze kritisch

17.10.2023 15:20 Uhr | Lesezeit: 4 min
Ein Lkw passiert am 24.09.2014 in Linken (Mecklenburg-Vorpommern) einen Grenzpfeiler mit dem rot-weißen polnischen Hoheitszeichen an der deutsch-polnischen EU-Binnengrenze am ehemaligen Grenzübergang nach Stettin (Polen).
Die Grenze zu Polen weist laut dem BGL ein hohes Verkehrsaufkommen auf, die Auswirkungen der derzeitigen Kontrollen seien noch nicht klar vorherzusehen. Auch an der tschechischen Grenze haben Kontrollen begonnen
© Foto: picture alliance / ZB | Stefan Sauer

In Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen haben Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien begonnen. Auch Baden-Württemberg plant Kontrollen. Wie ist die Lage derzeit und wo kam es schon zu Verkehrsbehinderungen?

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Die Güterverkehrsbranche sieht die neuen festen Kontrollen an der Grenze zu Polen kritisch. Die Grenze weise „ein hohes Verkehrsaufkommen sowohl durch gewerbliche Transporte als auch durch Pendlerverkehre auf“, sagte eine Sprecherin des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) am Dienstag, den 17. Oktober. Von der Grenze zu Österreich, wo Deutschland bereits seit 2015 wieder stationäre Grenzkontrollen dauerhaft vornehme, sei bekannt, dass diese Kontrollen zu zähflüssigem Verkehr und auch Staus sowie Unfällen auf den Autobahnen führen könnten.

Da die langfristige Ausgestaltung der Kontrollen zu Polen noch nicht klar umrissen sei, sind dem Verband zufolge die Auswirkungen für Pendler und Handel noch nicht vorherzusehen. An der Grenze zu Österreich habe sich gezeigt, dass stationäre Kontrollen das Einhalten der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten für die Lkw-Fahrer erschwere und Lieferketten zunehmend unkalkulierbar machten.

„Sollte es an den jetzt zusätzlich betroffenen Grenzen zu flächendeckenden und auch dauerhaften Kontrollen kommen, ist somit eindeutig mit erheblichen Mehrkosten und Aufwand für betroffene Transportunternehmen zu rechnen.“ Für in den Grenzregionen angesiedelte Betriebe mit Schwerpunkt im grenzüberschreitenden Verkehr könne das existenzbedrohliche Ausmaße annehmen.

Faeser hatte für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz am Montag, den 16. Oktober für zunächst zehn Tage stationäre Kontrollen bei der EU-Kommission angemeldet. Kurz darauf gab es erste Kontrollen direkt an der Grenze. Die Notifizierung kann laut Bundesinnenministerium für insgesamt zwei Monate verlängert werden. In Sicherheitskreisen wird allerdings damit gerechnet, dass die Kontrollen später auch für einen längeren Zeitraum angemeldet werden.

Kontrollen in Sachsen und Brandenburg: Auswirkungen auf den Verkehr

Die Bundespolizei hält die Verkehrsbeeinträchtigungen durch die neuen Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze bislang für überschaubar. Bisher habe es keine Rückstaus an der Grenze gegeben, sagte ein Sprecher der Polizei am Dienstag in Berlin.

In Brandenburg wird an mehreren Stellen an der polnischen Grenze kontrolliert. Die Bundespolizei nannte dazu keine Details.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) hatte die Ankündigung begrüßt, aber gefordert, dass die festen Kontrollen so lange wie nötig bestehen. „Ob dafür zwei Monate ausreichen, wie von Frau Faeser angekündigt, sehe ich skeptisch. Darüber werden wir noch reden müssen“, sagte er am Montag.

In Sachsen begannen die Kontrollen an der tschechischen Grenze am Montagnachmittag an der A17. Auf der Autobahn in Breitenau müssen Fahrzeuge einen sogenannten Geschwindigkeitstrichter mit reduziertem Fahrtempo passieren und werden dann über eine Autobahnraststätte abgeleitet.

Die Bundespolizei will die Auswirkungen für den grenzüberschreitenden Verkehr so gering wie möglich halten. Dennoch kam es nach Angaben eines dpa-Reportes am Dienstagmorgen am Grenzübergang Reitzenhain im Erzgebirge zu einem Rückstau. Dort wurde jeder Lastkraftwagen kontrolliert, jede Ladeklappe geöffnet.

Mecklenburg-Vorpommern: Bislang eine Kontrolle an der A11

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bislang eine rund um die Uhr eingerichtete Kontrolle an der deutschen Landesgrenze zum EU-Land Polen, und zwar am Grenzübergang Pomellen an der A11.  Der Einsatz dauere zunächst bis 26. Oktober, sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion in Bad Bramstedt.

Aber solche Kontrollpunkte könnten jederzeit temporär installiert werden. „Zu welcher Zeit und an welchem Ort dies geschieht, entscheidet die Bundespolizei auf der Grundlage polizeilicher Erkenntnisse und der polizeilichen Lagebildentwicklung“, so der Sprecher weiter.

Durchgängig gebe es flexible und mobile Kontrollen. Die Bundespolizei könne auf deutscher Seite in einem bis bis zu 30 Kilometer breiten Streifen zur Grenze kontrollieren.

Bayern: Stationäre Kontrollen an der tschechischen Grenze

Auch an der an der Grenze zwischen Bayern und Tschechien hat die Bundespolizei mit stationären Grenzkontrollen begonnen. Die Maßnahmen laufen seit Montag, wie ein Sprecher der Bundespolizeidirektion München am Dienstag sagte.

Genauere Angaben zu Kontrollorten oder -zeiten machte die Behörde zunächst nicht. Auch mit der Bayerischen Grenzpolizei, die zur Landespolizei gehört, werde man die Arbeit im Grenzgebiet zu Tschechien in enger Abstimmung fortsetzen.

Schweizer Grenze: Kontrollen „nach Lage“ geplant

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Einführung von Kontrollen an der Grenze zur Schweiz am Dienstag begrüßt. Geplant seien zunächst Grenzkontrollen nach Lage.

„Das muss man sich jetzt nicht so vorstellen, dass es wirklich stationäre Grenzkontrollen sind“, sagte Kretschmann. Man müsse sich eher mobile Kommandos vorstellen, die die Kontrollen je nach Situation durchführten.

Auch die Schweiz behält sich wegen der Migrationslage in Europa weitere Maßnahmen an den Grenzen vor. Das sagte der Sprecher des Staatssekretariats für Migration in Bern am Dienstag auf Anfrage.

Gewerkschaft der Polizei: Neue Grenzkontrollen müssen anders laufen

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist zudem unzufrieden mit der Art und Weise, wie Reisende jetzt an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz kontrolliert werden. „Teilweise sind grenzüberschreitende Straßen besetzt worden, dies führte auch schon zu ersten Staus“, sagte der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

Die Gewerkschaft habe sich nach der Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf „flexible, mobile und lageangepasste Kontrollen“ eingestellt und nicht auf „stumpfe stationäre feste Kontrollstellen wie an der österreichischen Grenze“.

Das sei aber, was man jetzt an diesen Grenzabschnitten erlebe - allerdings ohne die für ein solches Vorgehen notwendige Ausstattung. Man dürfe nicht zulassen, dass Polizeibeamte hier ohne jeglichen Wetterschutz, ohne technische Ausstattung und ohne professionell eingerichtete Kontrollstellen über einen längeren Zeitraum arbeiten müssten, sagte der Gewerkschafter

Die Ministerin hatte am Montag betont, an den betroffenen Grenzübergängen solle auch künftig nicht rund um die Uhr jedes Fahrzeug angehalten werden. Sie sagte: „Die Bundespolizei kann nun flexibel, je nach aktueller Lage das gesamte Bündel an stationären und mobilen grenzpolizeilichen Maßnahmen einsetzen“.

Die Kontrollen sollten sich „so wenig wie möglich auf den Alltag von Pendlern, auf den Handel und auf den Reiseverkehr auswirken“. Die Entscheidung für eine Notifizierung und flexible Kontrollen an wechselnden Schwerpunkten hatte die GdP begrüßt.

Politiker in Brandenburg: Geteiltes Echo

Bei Brandenburger Politikern stießen die Grenzkontrollen zudem auf ein geteiltes Echo. Die Brandenburger CDU-Landtagsfraktion hat davor gewarnt, dass es feste Kontrollen an der Grenze zu Polen nur für eine kurze Zeit geben könnte. „Was wir keinesfalls hinnehmen werden ist, dass die Kontrollen nur wenige Tage stattfinden“, sagte CDU-Fraktionschef Jan Redmann am Dienstag in Potsdam.

Die SPD im Landtag begrüßte die Wiedereinführung fester Grenzkontrollen, bekräftigte aber die bestehende Skepsis. „Wir bevorzugen grundsätzlich mobile Grenzkontrollen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Ludwig Scheetz. Außerdem müssten die Kontrollen einhergehen mit mehr Kräften der Bundespolizei, „um unsere Beamtinnen und Beamten zu entlasten“.

Die Grünen-Fraktion sieht die Kontrollen aus mehreren Gründen kritisch. „Die Frage bleibt, ob das den Aufwand rechtfertigt“, sagte Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke. Die Kontrollen seien ein „Nebenschauplatz“. Nötig seien Maßnahmen, die die Kommunen beim Thema Flüchtlinge wirklich entlasteten. Der Bund müsse mehr Mittel bereitstellen.

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