Wenn Matthias Wenzel zu seinem Arbeitsplatz fährt, ist es eine Reise in das Innere der Erde: 714 Meter unter Tage arbeitet er seit drei Jahren als Großgerätefahrer. Früher war der 49-Jährige als Trucker auf den Autobahnen und Landstraßen Europas unterwegs. Nun ist sein Fahrrevier ein dunkles Streckensystem, das sich 14 Quadratkilometer weit unter der Erde erstreckt. 125 Bergleute sowie 70 Bergbaugroßgeräte und Fahrzeuge sind in der GTS Grube Teutschenthal (60 Kilometer nordwestlich von Leipzig) unter und über Tage im Einsatz.
Matthias Wenzel ist mit seinem MAN TGS mit HydroDrive mit höchsterlaubtem Tempo 30 in der unterirdischen Landschaft unterwegs – manche Passagen sind gefühlt so eng, dass Wenzel den Gebirgsstoß mit aus dem Fenster gestrecktem Arm berühren könnte. Im sogenannten Kippkeller stoppt er. Von oben prasselt Schüttgut in die Mulde. „Bald wird der Lkw nicht mehr glänzen wie neu“, sagt Matthias Wenzel schmunzelnd. „Aber hier unten wird mir wegen Dreck oder Kratzern im Lack auch nicht direkt der Kopf abgerissen.“ Nach 20-minütiger Fahrt steuert der Truck eine Kippstelle an. Mit dem automatischen Schiebeschild schiebt Wenzel seine Ladung aus der Mulde in einen Hohlraum. Dann macht er sich auf den Rückweg – zur nächsten Runde.
Sicherung gegen die gefährlichen Gebirgsschläge
75 Jahre lang haben Bergleute hier Steinsalz und Kalisalz gewonnen – wertvolle Bodenschätze, zum Beispiel für die Produktion von Speisesalz und Dünger. Seit Anfang der 1990er-Jahre sichert das Unternehmen GTS Grube Teutschenthal Sicherungs GmbH die Hohlräume mit geeigneten mineralischen Abfällen aus der Industrie, dem sogenannten Versatz. Auf diese Weise wird die Grube gegen gefährliche Gebirgsschläge geschützt, die es in ihrer Geschichte schon drei Mal gab.
Aufgabe von Matthias Wenzel ist es, den Versatz vom Schacht an den notwendigen Versatzort zu transportieren und dort abzuladen. Fünf Mal pro Schicht fährt er die Strecke, hin und zurück 18 Kilometer. Sein Lkw wurde für den Grubeneinsatz speziell umgerüstet. Doch bevor sich der Fahrer zum ersten Mal hinter das Steuer des TGS setzen konnte, musste eine logistische Glanzleistung absolviert werden: der Transport des Lasters nach unter Tage.
Rund fünf Wochen lang tüftelt das Team von Gress & Zapp Nutzfahrzeugservice aus Bernburg an dieser Aufgabe. Werkstattmonteure zerlegen Fahrerhaus, Fahrgestell und Aufbau des eigentlich schon fahrbereiten Lkw in mehrere Teile und fixieren sie auf Stahlplatten.
Das Fahrzeug wird in seine Einzelteile zerlegt
Auf dem Betriebsgelände der GTS Grube Teutschenthal über Tage dirigiert Uwe Müller, Betriebsleiter von Gress & Zapp, die entscheidenden Schritte: Nacheinander hievt ein Kran die Teile des Lkw-Bausatzes in die Höhe. Behutsam setzt er sie hochkant auf Stahlplatten ab. Für ein paar Minuten fliegen die Funken: Ein Schweißer brennt die Tragekonstruktionen auf den Platten fest. Ein Gabelstapler schiebt sie in den Förderkorb. Abfahrt in die Tiefe. Unter Tage in der Grube zieht ein zweiter Kran die Teile des Trucks vorsichtig aus dem Förderkorb heraus. „Hier kam es auf wirklich jeden Zentimeter an“, sagt Betriebsleiter Uwe Müller hinterher erleichtert.