Die neu gestalteten schwarzen Applikationen verleihen dem Volvo ein entschlossenes Gesicht mit Dreitagebart. Hinter dieser wilden Baustellenoptik steckt ein strebsamer, aber entschlossener Wikinger: Die einst zittrige Lenkung wich einer straffen exakten Steuerung, die zu den besten am Markt gehört. Auch grobe Unebenheiten bringen die jetzt nicht mehr aus der Ruhe, Rückstellmoment und Exaktheit sind perfekt austariert. Die Option "Dynamic Steering" wäre damit selbst beim 8x4 verzichtbar.
Ebenso auf höchstem Niveau befindet sich die aktuelle I-Shift-Abstimmung. Auf der Proberunde mussten wir so selten eingreifen wie noch nie, da sich der Automat voll auf das Drehmoment des D13 verlässt und notfalls zügig zurückstuft. Selbst die fiesen Testberge erklomm der 32-Tonner in Stufe neun, wo andere in der letzten Sekunde noch in acht oder gar sieben zurückstufen lassen, so dass man gut daran tut, diese aufkommende Hektik "manuell" zu unterbinden.
I-SHIFT KANN DEN ARBEITSALLTAG MASSIV ERLEICHTERN
Folglich konnte die Runde so schaltarm und eingriffslos wie selten zuvor gefahren werden. Was angesichts des umständlich zu bedienenden Mittelschaltknüppels auch von Vorteil ist. Vorsicht ist nur an Gefällen geboten: Wer dem FMX hier nicht mit Bremseingriff signalisiert, dass er verzögern möchte, kann eine Hochschaltung ernten und das Auto "rennt" davon, was vor allem im Gelände ärgerlich ist. Diese "Macke" behält Volvo so konsequent bei wie den Schaltknüppel. Beibehalten haben sie auch den fummeligen Taster für die Sperren samt "Schubsicherung", ohne die man diese nicht aktivieren kann.
Einen Eingrabeversuch auf zu weichem Boden parierte der Schwede gekonnt. Automatik auf "Power" stellen, alle Sperren einlegen und Gas geben, dank "Rückrollmodus" erleichtert der FMX das Herausschaukeln. Einziges Problem: Wer etwas weiter zurücksetzt, um mehr Schwung zu holen, muss wieder den unhandlichen Schaltprügel bemühen, um zwischen Vor- und Rückwärtsgang zu wechseln. Das funktioniert zwar, aber nicht geschmeidig.
Dafür kann man schon während der Vor- oder Rückwärtsfahrt die jeweils andere Fahrtrichtung vorwählen, sofern man nicht schneller als 7 km/h ist. Dann bremst der Schwede ab und wechselt im Getriebe die Fahrtrichtung.
Die mehrstufige Motorbremse koppelt man per nach oben gestellten Lenkstockhebel mit dem Bremspedal. Dann holt der Wikinger von sich aus erst die Auspuffklappe und danach die Kipphebelbremse VEB+ dazu. Darunter sitzt die Neutralstellung, wiederum darunter stellt man die Bremsstufen ein. Ein Druck auf den seitlichen Knopf steuert, ähnlich wie bei MAN, eine Herabschaltung samt voller Motorbremsleistung ein.
Ähnlich geschmeidig lassen sich Tempo- und Bremsomat über die linken Lenkradtasten aktivieren. Auch die übrige Bedienung fällt leicht. Das Lenkrad lässt sich per Pedal justieren, wenngleich es nicht ganz den optimalen Verstellbereich eines Scania bietet und man nicht so gut sitzt wie im FH.
NIEDRIG SITZENDER ROH-, HOCH SITZENDER UNTERBAU
Dafür punktet der Volvo mit einer immer noch vergleichsweise niedrig sitzenden Kabine, die große Fahrer in der kurzen Ausführung aber schon etwas kneift und wie bisher kleine Stauklappen und -fächer hinter den Türen bietet. Ölkontrolle und das Nachfüllen des Schmierstoffes können manuell unter der vorderen Wartungsklappe erledigt werden, die Kabine selbst lässt sich leicht kippen. Ein Klappern in der Fensterführung rührte von einer herkunftslosen Schraube her - ein kleines Malheur bei einem seit 21 Jahren gefertigten Rohbau, der ansonsten knisterfrei verarbeitet war und recht schicken wie soliden Baustandard bietet.
Verbrauchsseitig zeigte sich das auf gut 32 Tonnen ausgeladene und eher mäßig eingerollte Vorserienauto unauffällig. Für den Aufstieg sollte man sich die optionalen Zusatzstufen gönnen, die der Vorführer nicht hatte. Dafür hat Volvo sonst aufgeräumt im Unterbau - Ölwanne, Getriebe, Kühler und Bremszylinder - alles wurde so weit wie möglich nach oben verlegt und unten mit langgezogenen Schutzblechen versehen. Sollte der FMX einmal absacken und rückwärts aus der Grube gebracht werden müssen, kann sich der Kühler nirgends "aufhängen".
Am Ende der Testfahrt ist klar: Der Kerl mit dem schwarzen Dreitagebart meint es ernst!