Über sechzig Jahre ist es her! Und dennoch ist der Filminhalt so aktuell wie nie: Hans Albers mimte 1952 den selbstständigen Fuhrunternehmer Heinrich Schlüter, den der Kauf eines neuen Anhängers für seinen MAN F8 in eine tiefe Schuldenkrise stürzt. Eine Affäre mit der Kleinkriminellen Inge Hoffmann, gespielt von der jungen Hildegard Knef, und 20.000 Mark aus einem Bruch sollen wieder Kohle in die Kasse bringen.
Selbstredend kehrt der blonde Hans am Ende geläutert zu Ehefrau und Tochter zurück und alles wird gut. Wie schön die "guten, alten Zeiten" wirklich waren, wollen wir mit eben jenem Truck erfahren, den Hans damals steuerte: einem MAN-F8-Hauber.
Unser mit einem Möbelkoffer von Kässbohrer aufgebauter F8 ist ein paar Jahre jünger als der von Albers. 1957 verließ er als Fahrgestell die Werkshallen in München. Im Gegensatz zum 1951 eingeführten Urmodell - damals das Flaggschiff der LKW-Produktion bei MAN - hat er schon das verbreiterte Fahrerhaus. Der alte Prospekt schreibt vollmundig von "deutlich mehr Platz". Doch Raum scheint ähnlich relativ zu sein wie die Zeit. Ausgerüstet mit einem kleinen Wohlstandsbauch wird's eng hinter dem riesigen Volant. Immerhin ist das Hauben-Fahrerhaus breit genug, dass sich zwei Fahrer - einer im "Schwalbennest" oben, einer auf Sitzbank und Fahrersitz - zum Schlafen lang machen können.
MAN STARTETE 1951 DEN V8 - SEIT 2013 IST SCHLUSS
Ende der 50er-Jahre sind geteilte Frontscheiben ebenso normal wie eine nur gegen Aufpreis lieferbare elektrische Heizung. In den winzigen Spiegeln sieht man kaum etwas. Dafür lässt sich die weit vorne liegende Front dank der mächtigen Peilstäbe gut einschätzen. Das Durchfahren von Kreisverkehren wird angesichts der fehlenden Servolenkung zur Schwerstarbeit. Dabei ist der F8 beim Proberitt leer, entsprechend wenig Achslast stemmt sich dem Lenkmoment entgegen.
Eine echte Überraschung ist der Motor: tatsächlich ein V8! Der nach dem so genannten M-(Mittenkugelbrennraum-)Verfahren arbeitende Achtzylinder-Sauger läuft leise und tritt bei 11,6 Liter Hubraum ordentlich an. 180 PS mussten damals reichen, um 38 Tonnen Gesamtzuggewicht zu befördern. Dass der Münchener nur 64 km/h schnell ist und in Exportausführung bis zu 51 Tonnen Lastzug-Gesamtgewicht schleppen durfte, erstaunt heute schon ein wenig.
Typisch für den F8 ist die "Onanierschaltung" - noch weniger zart besaitete Naturen sprechen auch von, bitte vielmals um Verzeihung - "Wichserschaltung". Statt wie vom H-Schema bekannt, liegen die Gänge nicht nebeneinander, sondern übereinander. Beim Gangwechsel bewegt der Fahrer den Schalthebel also ständig auf und ab.
Wie zu dieser Zeit üblich, verrichtet ein ZF 6AK75 seine Arbeit. Sechs Gänge, 180 PS und fast 40 Tonnen bedeuteten Drehzahlen weit jenseits der 2000 Touren, späte Schaltungen und eher traniges Vorwärtskommen. Dass es keine Synchronisierung gibt, war zu erwarten. Geräuschlose Schaltvorgänge sind also von der Übung des Chauffeurs abhängig.
Wurden die Fahrer und ihre schweren Boliden früher als Kapitäne der Landstraße bewundert, fällt der F8 heute vor allem wegen seines Alters positiv auf. Freundliche Gesichter und viel Winken quittieren den Auftritt. Fehlt nur noch eine Schönheit wie die junge Knef als Co-Pilotin.