Zum Thema Arbeitsplatz muss man bei einem Scania nicht viele Worte verlieren. Die Armaturen zeigen sich sehr übersichtlich und gut ablesbar. Alle Schalter sind so ergonomisch platziert, dass sie der Fahrer mit traumwandlerischer Sicherheit findet. Das gilt allerdings nicht für die Knopf-Klaviatur unter dem Dach, mit der sich unter anderem Blaulicht und die – leider deaktivierten – Signalhörner einschalten lassen. Wer bei der vorliegenden Lenkradverstellung Probleme hat, eine passende Position zu finden, ist wohl auch häufiger Kunde beim Orthopäden. Die Sitze sind bequem und mannigfaltig verstellbar. Nicht ganz unwichtig bei einem Feuerwehrauto: die Rundumsicht fällt vorbildlich aus.
In der Doppelkabine haben hinten drei Feuerwehrmänner üppig Platz. Eine spezielle Sitzkonstruktion erlaubt es, die eventuell getragenen Atemschutzausrüstungen während der Fahrt nicht nur im getragenen Zustand sicher zu verstauen, sondern sie auch gleich zu sichern. Klappstufen am hinteren Einstieg erleichtern das Einsteigen, sobald die Fond-Portale geöffnet werden. Das wäre doch auch mal eine schöne Lösung für die Fernverkehrsautos – zumal Scania so etwas eine Zeit lang schon mal hatte … Sieht nicht nur gut aus, hilft auch der Aerodynamik und verhindert, dass der Truck unfreiwillig „geentert“ wird.
Die Erklärung zu den vier Seitenairbags, über die sich der Tester dann doch wundert, folgt sofort: Haben Sie gewusst, dass die häufigste Unfallursache im Einsatz das Umkippen ist? Die oft unerfahrenen Lenker wollen einfach nicht akzeptieren, dass ESP nur im Rahmen physikalischer Grenzen wirken kann. Liegt man auf der Seite, helfen die Luftkissen wenigstens, Verletzungen abzumildern. Übrigens müssen die Floriansjünger auf viele Assistenzsysteme verzichten, die in Fernverkehrsautos obligat sind. Aber gut, wer braucht einen Abstandstempomat, wenn er vor allem innerstädtisch löscht.
Wer flott beschleunigt, will auch vernünftig bremsen: Auch diese Disziplin beherrscht der Schwede. Scheibenbremsen an allen Rädern sind obligat und selbstverständlich lassen die sich gut bedienen. Die Verzögerung steigt leicht überproportional mit dem Pedaldruck. Zudem arbeiten die Stopper nicht nur vehement, sondern sprechen auch feinfühlig an. Ist man anfangs enttäuscht, dass es keinen raffinierten Retarder gibt, stattdessen „nur“ eine zweistufige Motorbremse, relativiert sich diese vermeintlich Pleite beim ersten Verzögern. Im Zusammenspiel mit dem Wandler und entsprechend flotten Rückschaltungen – sobald der Fahrer den Hebel zieht – bedarf es bei normalem Verzögerungswunsch meist keines Betriebsbremseeinsatzes. Ganz im Gegenteil ist in vielen Fällen Stufe zwei schon zu viel, etwa wenn man an Kreisverkehr heranfährt und nur etwas bremsen möchte.
Alles in allem ist die Fahrt im feuerroten P 370 also wirklich die Erfüllung eines Kindheitstraums. Obgleich die stumme Sirene ein klein wenig enttäuschend war. Als „Fernverkehrs-Mann“ steht man aber vor dem TLF und grübelt: Die Kabinenlänge wäre optimal für lange Touren. Das Haus ein klein wenig höher gesetzt, ein ebener Boden rein und vielleicht noch ein Topline-Hochdach drauf ... Weil man ja meist alleine ist, reicht doch eine Tür vorne links und hinten rechts – würde ja auch Geld sparen. Mit derart Platz ließe sich ein Bett in Traummaßen realisieren, viel Stauraum gäb’s obendrein. In dem Moment rüttelt mich der Scania-Werksfahrer wieder wach: Was denn noch, wir haben dir doch gerade einen Traum erfüllt …