Die Frage nach dem Warum hat sich bei Renault Trucks bestimmt der eine oder andere unzählige Male gestellt. Denn bis zum Jahr 2013 hatte die Marke mit dem Rhombus am Kühlergrill keinen schlechten Stand in der Fahrerschaft. Das damalige Topmodell „Magnum“ mag eigenwillig und polarisierend gewesen sein, hatte aber eine treue Fangemeinde. Dann folgte vor sieben Jahren der Modellwechsel zum aktuellen T – auch mit eigenwilliger Optik, aber anders als der Magnum wieder nach einem herkömmlichen Konstruktionsprinzip. Und plötzlich sah sich die französische Marke mit einem Imageproblem konfrontiert, über dessen genaue Gründe sich allenfalls spekulieren lässt.
Der schlechte Ruf des T ist nicht gerechtfertigt
Oder man lässt genau das bleiben und versucht stattdessen, dagegen anzugehen. Genau das macht Renault mit diesem Testfahrzeug, das damit in gleich zweifacher Mission zum TRUCKER-Supertest antritt. Neben der Rettung des Rufs soll der T 480 auf der Testrunde natürlich auch mit niedrigem Verbrauch punkten.
Bis wir dazu kommen, sehen wir uns zunächst in dem mittelgroßen Sleeper-Cab-Fahrerhaus um. Hier zeigt sich schnell, dass der Ruf (wie eigentlich fast immer) vorrangig auf Vorurteilen basiert, denn objektiv mangelt es dem Fahrer im T an nichts. Im Gegenteil, es finden sich viele praxisgerechte Ideen, mit denen der Wettbewerb nicht aufwarten kann. So wie die beiden Lenkradtasten für den Tempomaten, durch die sich mit einem Tastendruck zwischen Autobahn- und Landstraßentempo wechseln lässt.
Vor allem aber gefällt die clevere Mimik am oberen Bett. Dessen Vorderteil lässt sich nach oben klappen, wodurch die Schlafstatt zur absolut sicheren Ablagemöglichkeit wird. Erstaunlich, dass das bislang noch kein anderer Hersteller kopierte. Auch die praktischen Handtuchhalter oder der in einem der Staufächer über der Windschutzscheibe versteckte Rasierspiegel finden ebenso Zuspruch wie die zusätzlichen, in den Armaturenträger integrierten Ablagefächer auf der Beifahrerseite, von denen sich eines sogar über die Klimaanlage kühlen lässt.
Schade dagegen, dass Renault bei den Fächern oberhalb der Frontscheibe unnötig Raum verschenkt. Zwischen Fachoberseite und Dachhimmel verbleibt ein ungenutzter Spalt, für den es eigentlich keinen Grund gibt. Vielleicht kommt so einfach die zugegebenermaßen französisch-elegante rote Nachtbeleuchtung im oberen Kabinenbereich besser zur Geltung ...
Dagegen lobenswert: Einen der größten (und berechtigten) Kritikpunke hat der Hersteller jüngst beseitigt. Das Lenkrad bietet jetzt mehr Verstellweg, was das Finden einer bequemen Sitzposition vereinfacht – trotz der weiterhin eingeschränkten Verstellmöglichkeiten des Fahrersitzes nach hinten.
Was ebenfalls blieb, ist das ungewöhnliche – oder nennen wir es frankophil-eigenwillige – Bedienkonzept des Renault. Vieles am T will anders bedient werden, als man es von Konkurrenzprodukten kennt, und stellt Neulinge ohne umfangreiche Einweisung vor Probleme. Man muss eben wissen, dass der rechte Lenkstock für manuelle Schalteingriffe horizontal anstatt wie normalerweise vertikal bewegt werden will und sich viele Bedienelemente, beispielsweise für Tempomat oder Bordcomputer, an der Unterseite des Lenkrads verstecken. Hat man die aber erst einmal entdeckt, geht deren Bedienung nach kurzer Gewöhnung aber schnell in Fleisch und Blut über.
Ohne negativen Befund bleibt auch das Fahrwerk des T. Die Kombination aus einblattgefederter Vorderachse und Vierbalg-Luftfedern hinten sorgt für allemal ausreichenden Komfort und findet vor allem durch ihre fast schon sportlich anmutende Abstimmung Gefallen. Wobei dem Testfahrzeug hier seine niedriger montierte Kabine zugutekommt, die sich bei Kurvenfahrt den Fliehkräften nur wenig beugt.