Nur eine Stunde. Länger benötigen die Ingenieure der Scania-Entwicklungsabteilung für 40 PS weniger nicht. Denn eigentlich rollte dieser Sapphire-blau lackierte Scania als 540er vom Band. Da wir der neuen Topeinstellung von Scanias DC13-Reihensechszylinder aber bereits im Rahmen des Euro-Truck-Tests (TRUCKER 1/2020) intensiv auf den Zahn fühlten, baten wir um ein Downgrade auf die nächstschwächere Einstellung mit 500 PS und 2550 Newtonmeter Drehmoment. Wofür übrigens nur ein Laptop mit der passenden Software vonnöten ist ...
Geringere innere Reibungen sollen Diesel sparen
Technisch erfuhr auch diese Leistungseinstellung jüngst ein Update. Dabei will Scania die Reibungskräfte innerhalb des Motors reduziert haben und so bis zu zwei Prozent Kraftstoff einsparen. Ein Beispiel ist der neue Single-Turbolader mit fester Turbinengeometrie, der durch seinen einfacheren Aufbau nicht nur länger halten, sondern durch neue Kugel-, anstelle der bisherigen Gleitlager auch widerstandsärmer laufen soll.
Abgesehen davon, verzichtet der Motor auch bei der strengeren Abgasstufe Euro 6d weiterhin auf Abgasrückführung. Diese hätte nämlich einen größeren Kühlbedarf zur Folge, der sich negativ auf den Wirkungsgrad des Antriebsstrangs auswirkt. Die Kehrseite der Medaille: Ein deutlich höherer AdBlue-Verbrauch, denn der SCR-Kat muss es gepaart mit dem Dieselpartikelfilter alleine richten – doch dazu später mehr.
Zunächst einmal stellen wir fest, dass der Fahrer von eben genannten Maßnahmen nichts mitbekommt. Er freut sich im S 500 vielmehr am Scania-typisch vorbildlich niedrigen Geräuschniveau in allen Lebenslagen. Pardon, im 500 S, schließlich musste Scania die Schreibweise seiner Modellbezeichnung kurz nach unserer Testfahrt ändern, weil Konkurrent Mercedes-Benz Verwechslung mit seinem Luxus-Pkw S-Klasse befürchtet, den es ja auch als S 500 gibt ... Ebenfalls nimmt der Fahrer/die Fahrerin erfreut zur Kenntnis, dass der 500er gut im Futter steht.
Ein Grund dafür offenbart sich beim Blick auf den Drehzahlmesser bei Reisetempo 85: Exakt 1175 Touren liegen an, was in Zeiten von immer länger werdenden Hinterachsübersetzungen mittlerweile ungewohnt viel ist. Der Agilität des Scania kommt das in jedem Fall zugute, denn der Motor reagiert williger und spontaner auf Gaspedalbefehle als mit der länger übersetzten Hinterachse.
Vor allem verleiht es eine höhere Resistenz gegenüber Steigungen. Selbst den steilsten und längsten Stich unserer Testrunde, den 4,5 Kilometer langen Kindinger Berg auf der A 9, überwindet das Testfahrzeug, trotz voll beladenem Fliegl-Curtainsider auf der Sattelplatte, ohne Rückschaltung. Wobei dem 500 S in solchen Situationen der GPS-Tempomat CCAP zu Hilfe eilt. Der offenbarte allerdings bislang ungekannte Regelungenauigkeiten dieses Systems, überschätzte nämlich mehrfach das Schwungvermögen des 40-Tonners und musste mittels kurzem Gasstoß das Unterschreiten der eingestellten Hysterese verhindern. Dafür verordnet das System am Fuße von fast jeder Steigung eine Tempoverschärfung um plus 3 km/h und bezwingt den Berg so mittels mehr Schwung meist erfolgreich – sprich ohne Gangrückstufung.
Zusätzlich schreckt die Motorelektronik auch vor extremen Drehzahlen unterhalb der 800er-Marke nicht zurück, wenn die erlösende Kuppe bereits in Sichtweite ist. Solche Manöver kannte man von einem Scania bislang nicht. Ein Grund dafür dürfte darin liegen, dass die 500-PSEinstellung ihr maximales Drehmoment bereits ab 925 Touren bereitstellt und damit immerhin 75 Umdrehungen früher als das um 40 PS stärkere Topmodell. Trotzdem liegt dem DC13 genannter Drehzahlkeller nicht wirklich, auch wenn störende Vibrationen ausbleiben.
Vielleicht bekommt man sie in der hoch montierten S-Kabine, in der man 1,61 Meter über den Dingen thront, aber auch nur einfach nicht mit. Es ist natürlich letzten Endes wie immer reine Geschmackssache. Fest steht aber, dass die S-Kabine mit ebenem Boden in Sachen Fahraktivität mit dem niedrigeren R-Fahrerhaus nicht mithalten kann. Bei Kurvenfahrt und Lastwechseln kommt sie nämlich deutlicher ins Schwanken, auch wenn keinesfalls die Gefahr droht, „seekrank“ zu werden.
Goldrichtig empfinden wir dafür die Wahl der Vorderachsfederung. Im Testfahrzeug lastete die 7,5-Tonnen-Achse auf Zweiblatt- Parabeln. Bezogen zur bei Scania neuerdings ebenfalls lieferbaren Einblattfeder, bringt sie deutlich besseren Komfort und besseres Fahrverhalten. Anders als im einblattgefederten R 540 aus dem Euro-Truck- Test, präsentiert sich auch die Lenkung in diesem Scania wieder auf dem aktiven und direkten Niveau, das die Fans der Marke von Schwedens Ostküste so schätzen.
Auf der Teststecke sehr sparsam unterwegs
Aber erhält der 500 S beim Thema Verbrauch die Quittung für seine fahraktivere Auslegung? Nach unserer exakt 342,8 Kilometer langen Teststrecke, bei der erstmals unser nagelneuer Referenz-Actros mit von der Partie war, können wir Entwarnung geben. Das Testfahrzeug begnügte sich mit 25,98 l/100 km und legt damit die Messlatte in unserem neu begonnenen Verbrauchsranking (siehe folgende Doppelseite) entsprechend hoch an. Anteilig darin enthalten ist der Ad-Blue-Konsum, der mit 8,68 Prozent vom Dieselverbrauch tatsächlich deutlich über dem vergleichbarer Wettbewerber liegt, die ihre Abgase unter Zuhilfenahme von Abgasrückführung reinigen.
Dem Fahrer darf ’s egal sein und der zahlende Chef wird sicher lieber etwas mehr vom günstigen AdBlue bezahlen als vom teureren Diesel. Schließlich muss er für die Anschaffung des Scania bekanntermaßen tiefer in die Tasche greifen. Der Mehrpreis für den 540er fiele in diesem Fall immerhin weg.