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Reportage: Mit Tempo in die Zukunft

18.11.2020 14:30 Uhr | Lesezeit: 5 min
Reportage: Mit Tempo in die Zukunft
Hans Adam Schanz mit seinen Töchtern Kerstin Seibert (l.) und Christine Hemmel
© Foto: Spedition Hans Adam Schanz

Knapp hundert Jahre Firmengeschichte mit vier Generationen kann die Spedition Hans Adam Schanz aus Hessen vorweisen. Seit 2015 sind mit den Schwestern Kerstin Seibert und Christine Hemmel zum ersten Mal zwei Frauen an der Spitze.

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Wenn man sich mit Thomas Schmieder unterhält, spürt man bei ihm direkt die Begeisterung für seinen Job. Der 43-Jährige ist Berufskraftfahrer bei der Spedition Hans Adam Schanz im südhessischen Ober-Ramstadt. Allerdings fährt Schmieder nicht irgendeinen Lkw – er ist der einzige Fahrer bei Schanz, der im Rahmen des Pilotprojekts Elisa mehrmals täglich mit einem Oberleitungs-Hybrid-Lkw (OH-Lkw) für einen Großkunden zwischen Ober-Ramstadt und Frankfurt am Main pendelt. Damit ist Schmieder gleichzeitig der erste Fahrer eines kommerziell eingesetzten OH-Lkw weltweit. Warum er von „seinem“ Lkw so begeistert ist, welches Privileg ihm zuteilwurde und wie es ihm bei der Spedition Schanz generell gefällt – dazu später mehr. Denn der Familienbetrieb ist nicht nur wegen seiner Teilnahme an dem Pilotprojekt interessant. Bereits 1927 entstand das Unternehmen in Ober-Ramstadt – und schon damals spezialisierte sich Gründer Adam Schanz hauptsächlich auf den Transport von Baumaterialien. Auch heute sind Baustellenlogistik und nationale Terminverkehre die Standbeine der Spedition. Doch vieles hat sich seit der Gründung vor fast 100 Jahren verändert: So haben 2015 Christine Hemmel und Kerstin Seibert die Geschäftsführung von ihrem Vater Hans Adam Schanz übernommen – und sind damit die ersten zwei Frauen an der Spitze. Seibert leitet den operativen Bereich und die Kundenbetreuung, während Hemmel für Lohn- und Finanzbuchhaltung sowie Marketing zuständig ist.

„Wir hatten echt Glück mit der Sparte und unseren Kunden“

Eine große Herausforderung war für die beiden Schwestern dieses Jahr der pandemiebedingte Lockdown. „Als am Anfang diese Panik aufkam, war die Stimmung hier schon sehr angespannt“, sagt Hemmel. Die Spezialisierung von Schanz auf Baustofftransporte habe sich allerdings als Vorteil erwiesen, denn zeitweise seien die Frachtmengen hier im Vergleich zum Normalbetrieb erheblich gestiegen. „Wir hatten echt Glück mit der Sparte und unseren Kunden“, betont Seibert.

Dass zwei Frauen eine Spedition leiten, ist in der Branche eher die Ausnahme. Wie läuft es mit der Akzeptanz unter den Männern? „Man hat schon manchmal das Gefühl, dass man auf die Probe gestellt wird“, findet die 38-Jährige. Mit den Fahrern im Unternehmen gab es deshalb aber nie Probleme. Viele von ihnen kennen die Schwestern schon, seit sie Kinder waren. „Die freuen sich eher, wenn sie uns sehen, und sagen: ‚Oh, da kommen die Chefinnen‘“, erzählt Hemmel.

Der R 450 auf der A 5-Oberleitungs-Teststreck
© Foto: Fotografie-Schepp

Was bei den Fahrern auch gut ankommt, ist der Scania-Fuhrpark der Spedition. Insgesamt 35 Fahrzeuge gehören zur Schanz-Flotte, ausschließlich vom schwedischen Hersteller und alle mit der Schadstoffklasse Euro 6. Von deren Qualität und Verbrauch sind Seibert und Hemmel überzeugt. „Ein Fahrer von uns hatte vor einigen Jahren einen relativ schweren Unfall. Da hat der Polizist an der Unfallstelle gesagt: Sie können froh sein, dass Sie in einem Scania gesessen haben“, berichtet Seibert.

Pilotprojekt ELISA: Fahren mit dem AHA-Effekt

Thomas Schmieder arbeitet seit Februar 2019 als Berufskraftfahrer bei der Spedition und hat sich wegen eines ganz bestimmten Lkw beworben. Er hatte zuvor gehört, dass sich Schanz an dem Pilotprojekt Elisa beteiligen wird. Bei Elisa (elektrifizierter, innovativer Schwerverkehr auf Autobahnen) sammeln insgesamt fünf OH-Lkw auf einer mit Oberleitungen ausgerüsteten, elektrifizierten Teststrecke auf der A 5 in Hessen bis 2022 Daten. Bei diesem Test soll ausgelotet werden, wie umweltschonend Straßengütertransport künftig funktionieren kann.

„Ich finde dieses Projekt sehr spannend“, sagt Schmieder. Generell interessiert er sich für das Thema alternative Antriebe und wollte daher unbedingt den OH-Lkw fahren. Eine Premiere, denn an Elisa nehmen zwar noch vier andere Speditionen teil, Schanz war jedoch die erste. „Ich hatte das Privileg, dass mich damals der Chefingenieur von Scania aus Schweden eingewiesen hat, das hat mich sehr gefreut“, berichtet der 43-Jährige stolz. Die ersten Fahrerlebnisse mit dem OH-Lkw hat er auch noch gut in Erinnerung: „Dieses geräuschlose Losfahren, das war schon erstmal ein Aha-Effekt.“

Berufskraftfahrer Thomas Schmieder (43) fährt den Oberleitungs-Lkw
© Foto: TRUCKER/Stephanie Noll

Das Fahrgefühl findet Schmieder wesentlich besser als bei einem „normalen“ Lkw. Auch das Andocken mit dem Stromabnehmer an der Oberleitung ist für ihn mittlerweile keine Herausforderung mehr. „Von hundert Versuchen gehen vielleicht zwei schief“, sagt er. Und noch einen Vorteil sieht der Fahrer: „Man kann die Pkw ärgern. Der kann so schnell beschleunigen, damit rechnen die nicht.“ Da würde er oft ein paar verdutzte Blicke ernten, berichtet er augenzwinkernd. Einmal im Monat muss Schmieder aber auf „El Leon“, wie der Lkw getauft wurde, verzichten. Dann kommt dieser ein bis zwei Tage zur Prüfung und zum Datenauslesen in die Werkstatt. Schon seit zehn Jahren arbeitet Schmieder als Berufskraftfahrer. Mit seinem aktuellen Arbeitgeber ist der gelernte Optiker zufrieden: „Ich bin sehr gut aufgenommen worden.“

Außer ihm sind derzeit noch weitere 52 Fahrer bei Schanz tätig. Allen bieten Seibert und Hemmel die Möglichkeit, sich auszusuchen, ob sie Sattel- oder Gliederzug und mit oder ohne Zusatzequipment fahren wollen. Am Wochenende muss niemand unterwegs sein, denn die Spedition fährt hauptsächlich im innerdeutschen Verkehr. „In der Regel sind die Fahrer alle zwei Tage zu Hause“, sagt Seibert. Auch private Termine werden bei der Disposition berücksichtigt.

Die Disponenten Sven Aldick und Moritz Ramb bei der Arbeit
© Foto: RUCKER/Stephanie Noll

Die Spedition bildet Berufskraftfahrer selber aus

Trotzdem haben die Schanz-Chefinnen hin und wieder Schwierigkeiten, Fahrpersonal zu finden. Um das Problem abzumildern, bildet der Betrieb seit 15 Jahren selber aus. Aktuell absolvieren drei angehende Berufskraftfahrer ihre Ausbildung im Unternehmen. „Wir können die jungen Leute so gezielt auf unsere Anforderungen hin ausbilden“, sagt Seibert. Schulabgängern mit dem Berufswunsch Berufskraftfahrer, die noch keinen Führerschein machen können, empfiehlt sie, zuerst eine Ausbildung zum Fachlageristen zu absolvieren und anschließend eine verkürzte BKF-Ausbildung dranzuhängen. Ihre Schwester und sie haben neben den üblichen Wegen 2019 auch schon mit einer Facebook-Kampagne versucht, neue Fahrer zu finden. „Dadurch hatten wir auf einmal über 40 Interessenten, die wir erst mal filtern mussten“, berichtet Hemmel.

Einige Bewerber wurden eingestellt, am Ende sei allerdings nur einer übrig geblieben, so die 42-Jährige. Dass in dem Bereich so ein Mangel herrscht, könnte nach Ansicht der Spediteurinnen auch am schlechten Ruf des Berufsbildes liegen. Sie wünschen sich deshalb, dass den Fahrern mehr Wertschätzung entgegengebracht wird. „Dass es nicht immer heißt: Die blöden Lkw verstopfen die Straßen und machen Dreck und Krach. Das ist auch gar nicht mehr so“, betont Seibert.


Fünf Fragen an die Chefin:

Welches Lohnmodell bieten Sie Ihren Fahrern?

Sie bekommen ein Festgehalt, Spesen, Urlaubsgeld und Sonderzahlungen – je nach wirtschaftlicher Lage des Unternehmens. Sonderzahlungen gibt es für jeden Mitarbeiter in der Regel einmal im Jahr anstelle von Weihnachtsgeld. Wir überdenken unser Gehaltsmodell aber gerade, vielleicht wird eine Monats- oder Schadensfreiheitsprämie eingeführt.

Mit welchen Eigenschaften hat man als Fahrer bei Ihnen gute Chancen?

Gewisse Grundkenntnisse der deutschen Sprache sollten die Fahrer mitbringen. Sonst erschwert das die Kommunikation mit den Disponenten und den Kunden.
Ansonsten wäre es gut, wenn sie die Führerscheinmodule schon absolviert haben – wobei wir auch bereits beschleunigte Grundkurse mit Mitarbeitern gemacht haben. Und wir stellen gerne Fahrer ein, die mit einem Mitnahmestapler umgehen können. Einen Vorteil haben außerdem
Bewerber, die nicht nur Sattel-, sondern auch Gliederzug fahren können.

Dürfen die Fahrer beim Fuhrpark mitreden?

Wir haben einen reinen Scania-Fuhrpark, da bleiben keine Wünsche offen. Die Fahrzeuge sind prinzipiell sehr gut ausgestattet. Für Sonderwünsche müssen die Fahrer selber aufkommen.

Werden Weiterbildungen von Ihrem Unternehmen bezahlt und wo finden sie statt?

Grundsätzlich bezahlen wir alles, was die Fahrer bei uns brauchen – etwa den ADR-Schein für Gefahrgut, den Stapler- oder den Kranschein. Auch die Kosten für Pflichtfortbildungen übernehmen wir. Alle Fortbildungen, die der Fahrer nicht für seinen Arbeitsalltag benötigt, bezuschussen wir zu 50 Prozent – aktuell beispielsweise bei einem Fahrer, der berufsbegleitend seinen Verkehrsfachwirt macht. Schulungen finden sowohl intern als auch extern statt.

Wie ist Ihr Unternehmen vor Ort eingebunden?

Wir engagieren uns für Vereine in der näheren Umgebung, da wissen wir, dass das Geld auch ankommt. Unter anderem sponsern wir das Fußball-Jugendturnier des SV Traisa, den „Schanz-Cup“. Dieses Jahr unterstützen wir noch einen örtlichen Tennisclub. Auch für den Reitverein, die Schule in Ober-Ramstadt oder bei Karnevalsveranstaltungen haben wir uns schon engagiert.



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