Die Ursprünge der Spedition Schmechel aus Bad Oldesloe sind klassisch: 1938 startet Urgroßvater Bernhard mit einem Ford mit Holzvergaser. Nach dem Krieg geht's beim Opa Otto ebenso bodenständig weiter mit Brennstoff- und Kiestransporten. Erst mit dem Wechsel zu Gerd Schmechel kommt Bewegung in die Sache. Der verkauft die Kipper und startet mit den Silotransporten - verkauft die Silos kurz später wieder und steigt 1968/69 in den Tanktransport ein. Auch das ein eher kurzes Abenteuer.
Auch wenn Gerd Schmechel und seine Frau Marianne noch immer im Unternehmen aktiv sind, haben heute die Junioren Dirk und Björn das Sagen. Die über 130 Kombinationen zählende Flotte besteht ausschließlich aus Kühlaufliegern. Temperaturgeführte, vor allem aber Sicherheitstransporte sind eine lukrative Nische, in der Schmechel ein gutes, wenn auch nicht ganz unaufwändiges Auskommen findet.
Bezeichnend ist ein Fahrerstamm mit hohem Frauenanteil. Die Chauffeure "leiden" offensichtlich alle an einem innigen Fernweh. Muss wohl auch so sein, denn die klassische Tour rund um den Kirchturm gibt's bei Schmechel so gut wie gar nicht. Spanien oder Frankreich sind "Nahtouren", Russland und Afrika die Normalität, drei Wochen weg von zu Hause sollte man mögen.
DIE DOPPELBESATZUNG IST EFFEKTIV UND SICHER
Sechs Trucks hat Schmechel mit Doppelbesatzung belegt. Und teilweise arbeiten ganze Familien im Unternehmen. Mutter Monika Jetke lernt seit 1. Januar ihren Sohn an. Tochter Jessika ist schon mal mit Paps im gleichen Laster unterwegs. Dumm nur, dass man selten die gleiche Tour fährt - aber so kann man zumindest nicht in eheliche Zwistigkeiten kommen ...
Eine wahre Zugvogel-Mentalität hat Antje Hirsch. Die zierliche Frau aus Sachsen ist seit zweieinhalb Jahren im Schmechel-Team. "Gerd, die gute Seele in unserem Laden, hat mir damals die Chance gegeben, als Fahrerin anzuheuern."
Schon Antjes Mutter war auf Tour, der Ex-Mann und der Bruder. "Liegt mir also im Blut. Ich fahr' da hin, wo andere Urlaub machen. Und dass viele uns Fahrer für dumm verkaufen, geht mir am A... vorbei", meint sie im Brustton der Überzeugung. "Bis letztes Jahr war ich noch mit meiner Mutter als Doppelbesatzung unterwegs. Inzwischen ist sie 65 und hat aufgehört. Wie meint Mama immer: Wir sind nicht verrückt - nur anders!"
Ein wenig "anders" ist auch Bernd Pankowski - sagt er zumindest von sich selbst. "Nach einer nicht gut verlaufenen Karriere als Selbstfahrer und ebenso schlechten Erfahrungen bei einem spanischen Unternehmen ist Bernd seit 2010 bei Schmechel. "Der erste Laden, in dem das Geld pünktlich kommt und der Chef keinen Ferrari fährt und Schwarzarbeiter beschäftigt", wie er anerkennend feststellt. "Hier passt alles, und was am wichtigsten ist, meine Frau macht's mit." Als großen Vorteil sieht Bernd, dass er und seine Kollegen wegen der hochwertigen Fracht nur selten selbst laden müssen. "Wir sind nur Fahrer. Haben keinen Stress. Touren wie bei Aldi? Nein, danke!"
Auch Mike Heiß verkörpert diesen besonderen Menschenschlag, wie wir ihn fast ausnahmslos bei Schmechel antreffen. "Ich fahre am liebsten nach Russland. Die Weite des Landes, tolle Ferntouren. Ich will keine dieser 'Fahrerkarikaturen' mit Cowboyhut und Clogs sein." Ein wenig traurig ist Mike, dass er keinen der New Actros bekommen hat, die Schmechel jüngst angeschafft hat. "Aber mit diesem Computer auf Rädern bist du in Russland aufgeschmissen, wenn mal was kaputtgeht!" Ob's daran liegt, dass er seine Weichen jetzt doch anders gestellt hat?
"Nein, der Grund, in einem Jahr aufzuhören, liegt woanders", gibt er traurig zu. "Wir haben Kinder und da ist der Fahrerjob nix mehr. Ich geh' dann in die Firma meiner Frau. Die macht Altenpflege". Und dann fügt Mike nachdenklich hinzu: "Mit 40 musst du raus aus dem Job. Das ist wie mit der Seefahrt. Wer bis dahin den Absprung nicht geschafft hat, ist wie bei einer Droge sein ganzes Leben dabei ..."
Zumindest ein Heiß bleibt der Firma Schmechel erhalten. Denn auch Mikes Vater ist im Unternehmen tätig. "Der hat mir den Diesel ins Blut gegeben." Der Senior war noch zu DDR-Zeiten mit dem W50 unterwegs. Ob Mike mit seinem alten Herrn in Doppelbesatzung fährt, wollen wir wissen. "Um Gottes Willen, nein! Wir verstehen uns ja gut. Aber nicht mehrere Wochen auf engstem Raum im LKW."
AUCH RUSSLAND HAT SEINEN BESONDEREN REIZ
Seine Russlandtouren beschreibt Mike als "interessant". Zumindest die bewachten Parkplätze seien ganz okay. Dafür wären die Straßen fürchterlich. "Schlaglöcher, dass es dir in die Felgen Treppen reinhaut. Und täglich mindestens ein schwarzer BMW X5 oder ähnliche Kaliber mit verdunkelten Scheiben, die dich in den Straßengraben drängen, um schneller voranzukommen. "Eine Tour in Russland ist wie 20.000 km in Europa". Und trotz der kritischen Einschätzung hat man das Gefühl, Mike hätte heute schon Bammel vor dem Tag, an dem er seinen LKW-Schlüssel an den Nagel hängt.
Den Schlüssel erst in die Hand genommen hat Azubi Vladimir Lepp. "Vladi" hat die richtige Einstellung, wenn er sagt: "Ist mir doch egal, was andere sagen! Mir macht's Spaß, auch wenn der Job ein Imageproblem hat." Einen ersten Eindruck sammelt Vladimir auf seinen Touren nach Travemünde und in den Hamburger Hafen. Das erste Lehrjahr hat er inzwischen hinter sich gebracht und erzählt von typischen Erfahrungen: "Anfangs waren wir 34 Mann in der Berufsschulklasse in Neumünster. Aktuell sind wir noch 22 und in den kommenden zwei Jahren werden's sicher noch ein paar weniger ..."
Sicher nicht abspringen werden Monika und Jessika. Wir treffen das Mutter-Tochter-Gespann beim Laden an der firmeneigenen Lagerhalle. Auch ihnen scheint das Fernweh-Gen in die Wiege gelegt. Kann es daran liegen, dass viele Fahrer aus den neuen Bundesländern kommen, wo Reisen früher mit gewissen Schwierigkeiten verbunden war? Bezeichnend ist auch, dass kaum einer nach Russland will. "Die hatten wir 40 Jahre bei uns", meint Antje Hirsch nachdenklich. "Da muss ich nicht hin - dann lieber nach Bulgarien oder Rumänien. Da sind wir früher schon in Urlaub hingefahren!"
DEUTSCHER PASS UND DEUTSCHE SPRACHE
Auf seine deutschen oder besser gesagt deutschsprachigen Fahrer legt Dirk Schmechel sehr großen Wert. "Ein Unternehmen wie unseres kann sich nur erfolgreich am Markt behaupten, wenn die Qualität stimmt. Und da gehören gut ausgebildete Fahrer in Kombination mit unserem Sicherheitskonzept einfach dazu."
Die sensible Ware, unter anderem Pharmaprodukte oder Elektronika, verlangt nach Doppelbesatzung und einer ausgeklügelten Fahrzeugtelematik mit Krisenintervention. Genächtigt wird ladungsabhängig auf Sicherheitsparkplätzen. "Die Fahrer müssen sich darum nicht kümmern", erklärt Dirk Schmechel. "Das erledigt die Dispo. Zudem gibt's immer einen Disponenten im 24-Stunden-Bereitschaftsdienst. Der ist für die Chauffeure permanent ansprechbar und kümmert sich um anfallende Probleme. Dieser Aufwand ist ein Teil unseres Unternehmenskonzeptes und Garant für einen anhaltenden Erfolg!"
Schmechel weiß, wovon er spricht. "Wir hatten früher Planenzüge im Spanienverkehr. Das ist heute fest in osteuropäischer Hand. Wenn du bestehen willst, musst du mehr anbieten können als deine Konkurrenten".
Dass die Fahrer da auch mitziehen müssen, versteht sich wie von selbst. Wer bei Schmechel in Lohn und Brot steht, kennt seine Wochenruhezeit: 24, 45, 66 ist die Formel, die man nur gerechnet bekommt, wenn man die Ferne liebt und die enge Koje dem heimischen Bett vorzieht. "Gut, dass wir viele Kreuzungsverkehre haben", meint Dirk Schmechel. "Da kann man immer wieder mal umsatteln, und die Fahrer haben die Möglichkeit, in Richtung Heimat zu kommen!" Vergütung für die Fahrer ist ein "ordentlicher" Lohn, wie Björn Schmechel meint. "Andere zahlen vielleicht mehr. Aber wir zahlen pünktlich und zuverlässig!" Zudem hätten die Chauffeure die Möglichkeit, ihr Gehalt durch Prämien aufzubessern, erzählt das jüngste Mitglied der Geschäftsführung. Wer pünktlich und zuverlässig zur Arbeit kommt, beim Kunden mit ordentlichem Auftreten glänzt und keine Schäden verursacht, bekommt dafür einige Euro extra. "Der Verbrauch spielt aktuell noch keine Rolle", ergänzt Björn Schmechel. "Aber bei den Kraftstoffpreisen muss man da wohl künftig auch darüber nachdenken." Die Fahrer wird's nicht stören - Hauptsache, die Tour führt weit, weit weg!