Der Fall sorgte für Schlagzeilen: Eine linke Gruppierung prangerte die international agierende Umzugsspedition Hertling mit Sitz in Halstenbek vor den Toren Hamburgs im Internet an, er sei Brötchengeber fünf aktiver Neonazis. Diese hatten in sozialen Netzwerken im Internet Naziparolen verbreitet und daneben Bilder veröffentlicht, die das Logo der Spedition und sie selbst in Firmenkleidung zeigten. Unternehmer Rolf-Oliver Hertling wusste weder von der rechten Gesinnung der Beschäftigten noch tolerierte er sie.P Der Spediteur kündigte den Rechtsextremen sofort. Vier waren über Subunternehmen beschäftigt, sodass Hertling die Verträge schnell auflösen konnte. Den einzigen Festangestellten beurlaubte er, kündigte ihm fristgerecht und zahlte eine Abfindung, um den Imageschaden zu begrenzen. Doch ein Konkurrent versuchte, aus den Negativschlagzeilen Kapital zu schlagen: Monate später, als längst keiner der Betroffenen mehr für Hertling arbeitete, schrieb er anonyme Briefe an die Stammkunden der Möbelspedition und wies auf die Neonazi-Vorwürfe hin. Hertling ging abermals in die Offensive: Er sprach mit seinen Kunden und versicherte eidesstattlich, dass keiner der Betroffenen mehr für ihn tätig sei.
Zugegeben: ein Extremfall. Tatsache ist aber, dass ein gutes Image für die Betriebe auch in der Transportbranche immer wichtiger wird. Jeder Chef wird alle nur möglichen Mittel ausschöpfen, um Mitarbeiter, die durch ihr Verhalten dem Ruf des Unternehmens schaden, loszuwerden, sprich: rechtlich sauber zu kündigen und sich zudem gegen unlauteren Wettbewerb zu wehren.
Dürfen Unternehmer Mitarbeiter mit rechtsextremer Gesinnung entlassen?
Nein. Die politische Einstellung oder Zugehörigkeit zu einer Partei ist kein Kündigungsgrund. Dies gilt gemäß der aktuellen Rechtsprechung (siehe Kasten auf Seite 65) auch für radikale Vereinigungen wie die NPD. Selbst ausländerfeindliche Meinungsäußerungen sind durch Artikel fünf des Grundgesetzes geschützt, wenn sie bestimmte Grenzen nicht überschreiten.
In welchen Fällen dürfen Arbeitgeber Rechtsradikalen kündigen?
Bei Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern greift das Kündigungsschutzgesetz: Entlassungen müssen demzufolge sozial gerechtfertigt sein. Arbeitgeber dürfen rechtsradikale Mitarbeiter nur vor die Tür setzen, wenn sich ihr Verhalten gegenüber Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden negativ auf den eigenen Betrieb auswirkt.
"Wenn Beschäftigte durch ihre parteipolitische Agitation die Betriebsabläufe stören oder den Betriebsfrieden gefährden, indem sie beispielsweise Kollegen mit Migrationshintergrund beleidigen oder schikanieren, kann eine Kündigung möglich sein", sagt Rechtsanwältin Wiebke Mattern von der internationalen Wirtschaftskanzlei Norton Rose Fulbright, die den Fall Hertling mit betreut hat. "Der Arbeitgeber hat sogar die Pflicht, sich schützend vor Mitarbeiter zu stellen, die beleidigt oder gemobbt werden."
Eine Kündigung kann auch gerechtfertigt sein, wenn Beschäftigte durch ihr Verhalten oder Äußerungen nachweislich den Ruf des Unternehmens beschädigen. Dies gilt auch für rufschädigende oder beleidigende Einträge in sozialen Netzwerken im Internet (siehe Kasten auf Seite 65). Ob eine Kündigung vor einem Arbeitsgericht Bestand hat, hängt davon ab, wie schwerwiegend die Richter den Verstoß des Mitarbeiters gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätspflichten einstufen. Im Regelfall ist der Mitarbeiter zunächst abzumahnen.
Aber selbst fristlose Kündigungen können vor Gericht Bestand haben, wenn der Betroffene durch Naziparolen und Beleidigungen die Betriebsabläufe so nachhaltig stört, dass es dem Arbeitgeber unzumutbar ist, den Mitarbeiter weiter zu beschäftigen.
Worauf muss der Arbeitgeber bei der Kündigung rechts extremer Mitarbeiter achten?
Eine fristlose Kündigung ist nur möglich, wenn eine äußerst gravierende Verletzung der Arbeitspflichten vorliegt. Der Arbeitgeber muss innerhalb von zwei Wochen, nachdem er von dem Fehlverhalten des Mitarbeiters erfahren hat, schriftlich fristlos kündigen. "Zudem ist der Firmenchef verpflichtet, den Betriebsrat anzuhören. Dieser hat dann drei Tage - bei ordentlichen Kündigungen sieben Tage - Zeit, sich zu äußern", erklärt Arbeitsrechtler André Reinhard das Prozedere.
Bestehen Zweifel, ob eine fristlose Kündigung einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würde, kann der Unternehmer hilfsweise eine ordentliche Kündigung aussprechen. "Bei verhaltens bedingten Kündigungen bedarf es aber in der Regel mindestens einer vorherigen Abmahnung", sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht, der für die Mannheimer Kanzlei Schilling, Zutt und Anschütz tätig ist. Erst wenn der Mitarbeiter wiederholt gegen gleichartige arbeitsvertragliche Pflichten verstößt, darf ihm gekündigt werden.
Bei ordentlichen Kündigungen sieht das Gesetz keine Ausschlussfristen vor, bis wann der Unternehmer handeln muss. Es sind die gesetzlichen, tarifvertraglichen beziehungsweise im Arbeitsvertrag geregelten Kündigungsfristen einzuhalten. Es ist aber bei einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung gängig, dass das Unternehmen den Mitarbeiter nach Hause schickt und von seinen Pflichten freistellt, denn: "Arbeitet der Beschäftigte bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter, kann der Kündigungsgrund an Bedeutung verlieren, da der Unternehmer zu erkennen gibt, dass eine Zusammenarbeit trotz des Vorfalls noch möglich ist", erklärt Anwalt André Reinhard.
Wie können Firmenchefs gegen Mitarbeiter vorgehen, die durch radikale Äußerungen oder Aktionen das Unternehmen in Verruf bringen - zum Beispiel im Internet?
Es ist nicht ganz einfach, radikale Äußerungen zu sanktionieren, die außerhalb des Betriebs verbreitet werden. Kann jedoch ein unmittelbarer Bezug zum Unternehmen hergestellt werden (Namensnennung!) und wird durch die Äußerungen oder Handlungen des Mitarbeiters der Arbeitgeber nachweisbar geschädigt, können Firmenchefs Schadensersatz verlangen oder den Mitarbeiter zur Löschung der rufschädigenden Äußerungen - notfalls auch per einstweiliger Verfügung oder Unterlassungsklage - auffordern. Der Unternehmer bzw. sein Anwalt kann sich auch direkt an den Betreiber der Internetseite wenden. "Um haftungsrechtlichen Risiken aus dem Weg zu gehen, wird der Provider meist zügig eine Löschung veranlassen", meint Jurist Reinhard.
Auch die Löschung in Suchmaschinen wie Google ist rechtlich möglich, wenn auch in der Praxis schwierig und zeitraubend. Deshalb wird betroffenen Firmen eher die "Flucht nach vorne" geraten. "Positive Publicity über das Unternehmen im Internet zu verbreiten, ist häufig der sinnvollere Weg", ergänzt Rechtsanwältin Mattern. "Die negativen Inhalte rutschen dann in den Trefferlisten weiter nach hinten." Entsteht der Firma ein konkreter materieller Schaden, weil Kunden abspringen, hat eine Klage auf Schadensersatz eher Aussicht auf Erfolg. Der Unternehmer muss lediglich nachweisen, dass er den Auftrag wegen des Fehlverhaltens seines Mitarbeiters verloren hat.
Kann der Arbeitgeber mit "betrieblichen Verhaltensregeln" verbieten, dass sich Mitarbeiter über den Betrieb äußern?
In vielen großen Firmen gibt es betriebliche Verhaltensregeln, die auch den Bereich "Social Media" umfassen. "Allerdings gehören soziale Netzwerke zum privaten Bereich, in den der Arbeitgeber grundsätzlich nicht eindringen darf", sagt Arbeitsrechtler Reinhard. Solche Regeln sollen Mitarbeiter sensibilisieren, indem sie aufzeigen, dass es auch bei der privaten Kommunikation im Internet Grenzen gibt.
Dürfen Unternehmer die politische Gesinnung von potenziellen Mitarbeitern erfragen und eine Beschäftigung daraufhin verweigern?
Nein. Generell sind nur Fragen zulässig, die einen Bezug zur angestrebten Beschäftigung haben. Die politische Gesinnung oder eine Parteizugehörigkeit müssen Bewerber nicht preisgeben. Bei Nachfragen dürfen sie sogar lügen.
Ist es rechtlich zulässig, Bewerber per Internetrecherche zu durchleuchten?
Ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz existiert bisher nur als Entwurf, daher fehlt noch die gesetzliche Grundlage. Juristen sind sich jedoch weitgehend einig: Arbeitgeber dürfen Quellen, die im Internet frei zugänglich sind, nutzen, um Erkundigungen über potenzielle Mitarbeiter einzuholen. Auch die Recherche in beruflich orientierten Netzwerken wie Xing oder Linkedin dürfte zulässig sein, solange sich das Unternehmen zu erkennen gibt und kein Pseudonym verwendet. Recherchen in privaten Netzwerken wie Facebook, bei denen eine Anmeldung erforderlich ist, sind dagegen tabu. Sigrun an der Heiden