Aufmerksamen Lesern ist „FZZ 37H“ ein alter Bekannter. Nicht nur, weil die in „Power-Blau“ lackierte Testzugmaschine, die dieses schwedische Kennzeichen trägt, sich noch im alten Gewand dem TRUCKER-Supertest stellt – die unlängst vorgestellten, neuen Modelle werden erst ab September ausgeliefert. Vielmehr ist es für den FH 500 I-Save
bereits die zweite Runde auf unserer Teststrecke. Die erste absolvierte er für Ausgabe 1/2020 im Rahmen des Euro-Truck- Vergleichstests. Zu dem reisten die Schweden mit hohen Erwartungen an, am Ende konnte sich das neue I-Save-Paket aber verbrauchsmäßig nicht so in Szene setzen wie erhofft, denn der Volvo verbrannte deutlich mehr vom teuren Kraftstoff als die beiden Test-Kontrahenten Mercedes- Benz Actros 1851 und Scania R 540. Dass der FH ebenfalls deutlich sparsamer kann, soll nun eine erneute Fahrt über die genormte TRUCKER-Testrunde beweisen.
Deutlich mehr Kilometer bei der zweiten Fahrt
Einzige Änderung am Testfahrzeug: mehr Kilometer auf dem Tacho. Während des oben erwähnten Vergleichstests war die fast jungfräuliche Zugmaschine nämlich noch längst nicht richtig eingefahren. Beim Thema Leistungsentfaltung und Fahrkomfort braucht der Schwede dagegen keinen zweiten Versuch, die Fahrleistungen des D13 Sechszylinders sind mit einem Wort: souverän. 2800 Newtonmeter Drehmoment sind in der 500-PS-Klasse klarer Rekord, von dem sich selbst die schwächste Ausführung des um 3,3 Liter hubraumstärkeren Antriebs im Topmodell FH 16 nicht absetzen kann. Grund dafür ist die im optionalen I-Save-Paket (5000 Euro) enthaltene Turbocompound-Turbine. Diese ist dem Turbolader nachgeschaltet und wandelt die Energie des immer noch heißen Abgases in zusätzliche Bewegungsenergie um, die per Getriebe direkt auf die Kurbelwelle übertragen wird. Ergebnis ist ein Plus von 300 Newtonmetern – im Vergleich zum nominell gleich starken FH, bei dem der Kunde den I-Save-Aufpreis scheute. Turbocompound-Erfahrung kann Volvo Trucks aus der Vergangenheit vorweisen (siehe Seite 26/27), wenn auch nicht unbedingt positive. Bereits im Jahr 2001 setzte der Hersteller beim FH auf die Zusatzturbine, um sie bald darauf wieder zu verbannen.
Der Unterschied zu heute: Damals sollte das technisch aufwendige System vorrangig die Leistung steigern, heute ist Verbrauchssenkung durch niedrige Drehzahlen die Hauptaufgabe, denn die erwähnten 2800 Newtonmeter entfalten sich schon ab 900 Touren. Das hat eine ungewohnte Arbeitsweise des Schweden zur Folge. Mittlerweile fast schon normal sind die niedrigen 1050 Touren, die bei Tempo 85 km/h in Verbindung mit der langen 2,31-Hinterachse anliegen. Dagegen neu: Die Steuerungssoftware des souverän agierenden I-Shift-Getriebes unterbindet Rückschaltungen selbst an steilen Stichen und lässt den Motor unbeeindruckt mit nur 900/min hangwärts ziehen – ungeachtet unseres 32 Tonnen schweren
Fliegl-Testaufliegers auf der Sattelplatte. In solchen Momenten erinnert der Antrieb eher an einen großvolumigen Schiffsdiesel als an einen Lkw-Motor. Erst wenn es bergseitig richtig zur Sache geht, wird zurückgeschaltet. Zu keinem Zeitpunkt klettert die Nadel des Drehzahlmessers aber über die 1200/min- Markierung. Langsamer macht das den Volvo nicht, was für diese Klasse überdurchschnittliche 80,53 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit bei der zweiten Testfahrt widerspiegeln. Gewissen Anteil daran hat auch der im Testfahrzeug verbaute Voith-Retarder, den Volvo Trucks dem Test-FH spendierte. Dieser ermöglicht hohes Bergabtempo, ohne dass sich der Fahrer/die Fahrerin Gedanken um eventuelle Tempoüberschreitungen machen muss. Zwar bietet erfahrungsgemäß auch die VEB+-Motorbremse mit ihren 517 Verzögerungs-PS genügend Power für die meisten Gefälle, nur eben längst nicht so souverän.
Mitbestellen würden wir auch die elektromechanische Lenkung „Dynamic Steering“, die mit ihrer Leichtgängigkeit die Arbeit am Lenkrad beim Rangieren enorm erleichtert, ohne bei höheren Tempi gefühllos zu wirken. Das bringt erst der aktive Spurbindungsassistent mit sich, der den FH beim Verlassen der Linie automatisch wieder zurück auf die Fahrbahn holt. Zwar lässt sich zwischen mehreren voreingestellten Lenkgefühlen auswählen und sogar eine eigene Abstimmung übers System vornehmen, trotzdem wirkt das Lenkgefühl durch den häufigen Eingriff des Systems synthetisch – besonders auf engen Landstraßen. Preislich sollte das Kabinen-Update, die Lenkung und vielleicht gleich noch die voll integrierte Standklimaanlage „I-Park-Cool“ für den Chef in jedem Fall drin sein, denn der FH 500 I-Save legt dieses Mal eine deutlich bessere Bilanz hin: 26,76 l wurden pro 100 Kilometer Wegstrecke durchschnittlich fällig und damit 0,7 l weniger als beim ersten Versuch. Was ein Plus an Kilometern auf dem Tacho doch ausmachen kann.
Die Testzugmaschine ist kein Leichtgewicht
Dafür belastet sie die Gewichtsbilanz des Volvo um 105 Kilogramm weniger. Eine Diät, die das 7,61 Tonnen schwere Testfahrzeug gut vertragen könnte und die unserer Meinung nach ohne großen Komfortverzicht für das Fahrpersonal möglich wäre – und nebenbei den Anschaffungspreis mindern würde. Als Beispiel sei die Vollluftfederung genannt, die wir zugunsten der kaum schlechteren Serien-Zweiblatt-Parabeln an der Vorderachse verbannen würden. Oder man greift gar zur Einblatt-Ausführung, die ebenfalls noch passable Komfortverhältnisse mit sich bringt. Ergäbe eine Gewichtsersparnis von nicht weniger als 180 Kilogramm.
Absehen würden wir dagegen davon, die Globetrotter-XL-Kabine zugunsten des innen um 15 Zentimeter niedrigeren normalen Globetrotters auszutauschen. Laut Hersteller wiegt das große Fahrerhaus vernachlässigbare 15 Kilogramm mehr, bietet aber spürbar bessere Platz- und Stauraumverhältnisse. Und verglichen mit den Großraumkabinen anderer Hersteller ist selbst der XL bekanntermaßen kein Wunder in Sachen Raumangebot. Das war beim FH schon immer so und ändert sich auch mit dem kommenden Modellwechsel nicht, denn die Kabinenabmessungen und Hochdächer blieben bei der jüngsten FHModellpflege unangetastet.