Dieser New-FH ist klar eine Kampfansage an die Konkurrenz! Allein der intern von der Volvo-Presseabteilung verliehene Name „Fuelracer“ deutet darauf hin, dass der hier exklusiv zum TRUCKER-Test angetretene FH 460 I-Save Verbrauchsrekorde aufstellen soll.
Dafür nutzt der neue Schwede alle ihm zur Verfügung stehenden „Waffen“: Abgesehen von der neu gestalteten Frontpartie, die neben der eher leicht veränderten Optik eine messbar bessere Aerodynamik bringen soll, ist es vor allem das optionale I-Save-Paket, dessen wichtigster Bestandteil eine dem starren Turbolader nachgeschaltete Turbocompound-Turbine darstellt. Diese Technik, die es auch schon fürs Vorgängermodell gab, verleiht dem D13-Reihensechszylinder ein Plus von 300 Newtonmeter Drehmoment, weshalb klassenüberdurchschnittliche 2600 Newtonmeter unseren 25 Tonnen schweren Testtrailer die Berge der Testrunde hinaufwuchten. Und das trotz einer ellenlangen 2,31er-Hinterachsübersetzung eigentlich immer ohne Rückschaltung.
Ein neues Sparprogramm beschneidet das Drehmoment
Oder eben auch nicht, denn auf der anderen Seite beschneidet Volvo Trucks die zur Verfügung stehende Leistung neuerdings am Berg bewusst wieder. Hier kommt der neue „Improved-Eco-Modus“ ins Spiel, hinter dem eine bedarfsgerechte Drehmomentreduzierung des Motors steht. In klaren Worten bedeutet das: Unter Zuhilfenahme der GPS-Daten stellt die Elektronik dem Motor nicht mehr und nicht weniger Drehmoment zur Verfügung, als sie für die Bewältigung der Steigung als die wirtschaftlichste Variante erachtet.
Was auf der einen Seite kräftig Diesel sparen soll, beraubt dem Volvo aber ein Stück seines Temperamentes. Denn wo der Schwede im Normalmodus dank Turbocompound mit nur 900 Touren weitgehend unbeeindruckt hangwärts zieht, muss das I-Shift-Getriebe nun bereits bei 1000/min eine Rückschaltung einschieben und die Fuhre rollt bewusst etwas langsamer in Richtung Kuppe. Wie viel langsamer, haben wir an einem unserer Messberge nachgemessen:
Fällt die Tachonadel hier im Normalmodus nicht unter Tempo 80, sind es im Eco-Programm vier km/h weniger. Ob das am Ende des Tages tatsächlich zu einer langsameren Gesamtgeschwindigkeit führt, dazu später mehr ...
Bis dahin beschäftigen wir uns mit dem, was sonst noch neu am New-FH ist. Die gute Nachricht: Er bleibt sich treu, soll heißen: Der Göteborger fuhr vorher schon gut und tut das auch weiterhin. Gerade in Verbindung mit der elektromechanischen Lenkung, die extrem leichtgängiges Rangieren ermöglicht, das wichtige Thema Direktheit aber trotzdem nicht verspielt.
Zwei Herzen schlagen in der Tester-Brust bei der luftgefederten Vorderachse. Einerseits hat sie ein sattes Mehrgewicht von 300 Kilo sowie einen entsprechenden Aufpreis zur Folge und der FH bietet auch in Verbindung mit den alternativen Einblatt-Parabeln noch ein gutes Fahrverhalten. Andererseits ist der Federungskomfort durch die beiden Luftbälge äußerst hoch, zusätzlich legen sie den FH ab Tempo 60 automatisch um 20 Millimeter tiefer – eine weitere Maßnahme, die ein paar Zehntel Diesel sparen soll.
Deutlich mehr Sparpotenzial erhofft sich Volvo vom dynamischen Segeln in der Ebene, was man bereits von anderen Herstellern kennt. Nur fällt es durch die überdurchschnittlich niedrige Geräuschkulisse im Globetrotter kaum auf, wenn der Schwede im Wechselspiel bis auf 88 km/h beschleunigt, die Fuhre dann bis Tempo 82 in neutral rollen lässt, um wieder auf 88 zu erhöhen.
Dem Thema Komfort gewidmet ist eine ebenfalls neue Funktion der verstärkten Motorbremse VEB+ namens „Brake-Blending“: Genügen die 380 kW der Dauerbremse bergab nicht oder es lohnt sich am Ende des Gefälles nicht mehr, per Rückschaltung zusätzliche Bremskraft zu generieren, nimmt das System automatisch für einen kurzen Moment die Betriebsbremse zu Hilfe – selbstredend ohne dass dabei der gesetzte Tempomat rausfliegen würde.
Digitale Armaturen und ein neuer Touchscreen rechts
Innerhalb des Globetrotter-Fahrerhauses – laut Volvo übrigens das aerodynamisch günstigste des Programms – verpasste der Hersteller eine zeitgemäße Digitalisierung, die vor allem dem Zentraldisplay zugutekam. Dass der Fahrer nun zwischen vier verschiedenen Darstellungsformen wählen kann, erscheint uns weniger wichtig als die Erkenntnis, dass sich die Instrumente bei allen Lichtverhältnissen zu 100 Prozent scharf und völlig frei von Spiegelungen präsentieren. Auch das Bedienkonzept geht in Ordnung, obwohl vieles, wie Radio, Telefon, Tachodaten oder der Tripcomputer, nun per Touchscreen auf der Mittelkonsole gesteuert wird, was bei schlechten Straßenverhältnissen nicht immer zielsicher gelingt. Daher ist es gut, dass die Bedienung alternativ über die Lenkradtasten oder per Sprachfunktion gelingt. Ebenfalls gut: alltägliche Bedienelemente, wie Audio-Lautstärke, Heizung, Lüftung oder Assistenzsysteme werden weiterhin über verbindlich rastende Schnellwahl-Taster geregelt.
Weniger gut: Der I-Shift-Wählhebel wurde zwar formschöner, behielt aber seinen Platz am Fahrersitz. Dank nun einfacherer Abklappfunktion stört er beim Durchstieg zwar kaum noch, trotzdem wäre die Getriebebedienung im rechten Lenkstockhebel besser aufgehoben – so wie es eben alle anderen Hersteller machen. Wir jedenfalls würden uns für die in die Mittelkonsole integrierten Tasten für die Getriebebedienung entscheiden, was Volvo auch für den neuen FH weiterhin offeriert – auch weil manuelle Eingriffe aufgrund der souveränen Schaltstrategie eigentlich nie nötig werden.
Ein neuer Verbrauchsrekord auf der TRUCKER-Testrunde
Doch zurück zur Hauptmission des „Fuelracer“, die er auf der Testrunde tatsächlich erfüllen kann: Nur 23,16 l/100 km flossen im Schnitt durch die Brennräume – einen niedrigeren Wert fuhr auf der TRUCKER-Testrunde bislang noch kein Testfahrzeug ein. Und das geht nicht einmal zulasten der Durchschnittsgeschwindigkeit, wie die 80,35 km/h belegen – den neuen Eco-Modus kann man im Alltag also getrost aktiviert lassen, auch wenn das vielen im ersten Moment schwerfallen dürfte.
Doch auch so bleibt der FH ein fahrerorientierter Lastwagen, der aber ab sofort auch dem Firmen-Controlling einige Freude bereiten dürfte.