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Renault C 480: Der letzte Punk!

24.08.2016 08:00 Uhr
Renault C 480: Der letzte Punk!
Charaktergesicht: Die C-Reihe wurde speziell für die Baustellenbelieferung konzipiert
© Foto: Gregor Soller

Obwohl sich der Renault C 480 viele Hardwarekomponenten mit dem Volvo FH teilt, ist er ein komplett anderer Lkw.

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In unschuldigem "Veilchenblau" fährt er vor und hat es doch faustdick hinter den Ohren: der Renault C 480 4x2 - der auf deutschen Baustellen als Exot gilt.

Anders an den Arbeitsstätten in Frankreich und Spanien. Dort ist der Lkw mit dem Rhombus im Kühlergrill eine gewohnte Erscheinung. Im Vergleich zu den meisten anderen Lkw macht der C mit seinem herausfordernden Blick hinter vergitterten Scheinwerfern optisch auf "Punk" und er stellt die Mechanik unter seiner Kabine teils unverhohlen zur Schau.

Er teilt sich zwar Hardware wie Achsen, Antriebsstrang und Rahmen mit den elitäreren Volvo-Geschwistern, mixt aber die Komponenten komplett anders ab.

Schon nach den ersten Metern erinnert der C mit seiner angenehm direkten und straffen Abstimmung eher an einen Scania G als an den FM. Nur die ruppig und plump agierenden vorderen Zweiblatt-Parabeln verraten die Familienbande. Die Auslegung des Rahmens und der Hinterachse beurteilt man in Lyon grundsätzlich anders als in Göteborg: Wie einen Lederpanzer trägt der C im hinteren Rahmensektor verstärkende Innenlayer, wohingegen beim FH ein starker einlagiger Leiterrahmen Gewicht sparen soll. Die Sattelplatte ruht beim Franzosen klassisch auf einer extra Quertraverse, während man beim Volvo auch hier eine komplexere gewichtsparende Lösung bevorzugt. Zusammen mit der straff gelagerten, langen C-Kabine ergibt das ein steifes Gesamtpaket, das gar nicht versucht seine Bestimmung in irgendeiner Weise schönzufedern oder weichzuspülen: Monsieur C tritt auf der Baustelle als Malocher auf, was ihm herzlich egal ist. Er kann und will zupacken! Das Leergewicht geht mit knapp 7,4 Tonnen noch in Ordnung - und im zweiten oder dritten Leben auf dem afrikanischen Kontinent spielen Härte und Hüftspeck nicht mehr die Rolle.

DIE SCHALTSTRATEGIE IST AUF SICHERHEIT AUSGELEGT

Das gilt auch für die Abstimmung der Schaltung, deren Software natürlich in Lyon geschrieben wurde: Wo andere Lkw in Drehzahltäler bis unter 800 Touren hinabsteigen, wird der französische Punk ab 900 Umdrehungen nervös, stuft vorsichtshalber zurück und bleibt auf Angriff gepolt - zur Überraschung des Fahrers schaltet er gern auch mal zwei Gänge zurück!

Diese Taktik begründet sich in der Philosophie, immer mitten im grünen Drehzahlbereich bleiben zu wollen und von dort aus jederzeit genügend Reserven nach oben und unten zu haben. Doch der drehmomentstarke DTI 13 könnte viele Kuppen oder Steigungen locker ohne Schaltung überfliegen. Ein auf ökonomisches Fahren trainierter Fahrer korrigiert deshalb über Land immer mal wieder per Lenkstockhebel - was der stolze Punk beleidigt damit quittiert, dass er im manuellen Modus bleibt. Wenn es der Fahrer besser weiß, soll er gefälligst auch die anderen Gänge manuell wählen ... Also noch mal am Hebel zupfen, um den C wieder in den Automatik-Modus zurückzuholen. Mit dem Direktganggetriebe sucht er ohnehin schnell den höchsten Gang auf, in dem sich viele Landstraßenabschnitte absolvieren lassen. Auch gepflegtes Bummeln durch Orte mit knapp 900 Touren erlaubt Monsieur C dann. Die Schaltgeschwindigkeiten stimmen beim automatisierten Optidriver-Getriebe ohnehin, da es sich im Prinzip um Volvos I-Shift handelt. Das gilt auch für die Funktion "Optiroll", die der Franzose ebenso exzessiv einsetzt, wie es der Volvo FH oder der Mercedes-Benz Arocs tun - auch oder bevorzugt sogar an Steigungen. Ist die Fuhre erst mal in Schwung und kommt kein Gasbefehl, gilt: Rollen lassen!

DIE BETRIEBSBREMSE ERFORDERT GEWÖHNUNG

Flott kann man den C über die Landstraße segeln lassen. Dabei sollte man allerdings nicht zu schnell werden, denn voll beladen treten klar die Grenzen der Optibrake+ auf. Sie benötigt an starken Gefällen trotz höchster Stufe schon mal die Hilfe der Betriebsbremse.

Mit der lässt sich übrigens fein verzögern, doch auch hier gibt es eine kleine Eigenheit: Beim langsamen Heranrollen an Ampeln kommt erst wenig und dann ein kräftig definierter Bremsdruck. Hat man sich daran gewöhnt, macht es regelrecht Spaß, seinem Vordermann so gezielt auf die Pelle zu rücken. In der Grube fällt das weniger auf und ins Gewicht. Ebensowenig wie die Eigenart der Schaltung, gern "auf Zug" zu bleiben. Im Gegenteil: Hier schätzt man, dass der C in Sachen Drehzahlniveau allzeit bereit ist und an Rampen immer Drehzahl für die Motorbremse zur Verfügung stellt. Das Anfahren ohne Crawler fällt in schwererem Gelände allerdings nicht ganz so leicht.

Und der Verbrauch? Liegt auf dem Niveau des Volvo FH 500 oder Arocs 1845-Kippsattelzuges, doch waren wir mit dem Renault deutlich langsamer unterwegs. Da gibt sich der Punk zurückhaltend, um nur nicht als Säufer aufzufallen.

DIE LENKSÄULE LÄSST SICH LEICHT ZUR SEITE KIPPEN

Immer wieder interessant ist das manuelle Festsetzen der Motordrehzahl im unwegsamen Gelände auf ein niedrigstmögliches Niveau. Das erleichtert das Fahren auf sehr schlechtem Untergrund und das potenzielle Pumpen mit dem Gaspedal wird unterbunden. Ebenfalls praxistauglich ist, dass der Waschwasser-Einfüllstutzen offen zwischen Frontklappe und Stoßfänger liegt, sodass man den Tank bei Bedarf schnell nachfüllen kann.

In puncto Design und Innenraumgestaltung schert man sich in Lyon Gott sei Dank kaum um das, was andere machen. So lässt sich die Lenksäule nicht nur in Höhe und Neigung (leider nicht so vertikal wie bei Volvo oder Scania) einstellen, sondern auch leicht nach links oder rechts kippen! Die Begründung: Manche Fahrer hätten das Lenkrad gern etwas aus der Mittelachse geneigt. Das Lenkrad selbst fasst sich jedenfalls besser an als die meisten anderen. Passend der Lederbezug im gleichen ins Braun gehenden Violettton wie die soliden Teilledersitze. Die stammen von Recaro (bei Volvo stattdessen von Isri) und überzeugen durch eine geradezu teutonische Straffheit.

In die fehlerfreie Bedienung der Lenkradwippen muss man sich erst hineinarbeiten, zumal einige von ihnen auf der Lenkradrückseite liegen. Auch hier fährt Renault ein eigenes Bedienschema, ohne sich um irgendwelche Konventionen zu scheren. Aber auch daran kann man sich gewöhnen.

Hinten lädt ein breites Bett zum Ruhen ein, seitlich lässt sich an zwei massiven Stangen eine Hängematte einhängen, mit der man halb aufrecht im Bett lümmelnd lesen oder einen Feierabenddrink zu sich nehmen kann. Sie kann aber auch als Ablageort für hochwertiges Ölzeug oder eine schwere Lederjacke dienen.

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