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MAN in der Kiesgrube: Ein Rudel beisst sich durch

28.08.2014 08:00 Uhr
MAN in der Kiesgrube: Ein Rudel beisst sich durch
Vier verschiedene Traktionsmodelle von MAN traten zum Vergleich an
© Foto: Gregor Soller

MAN schickte vier unterschiedlich aufgebaute Traktionsmodelle auf die TRUCKER-Testrunde und in die Grube. Der Vergleich des Löwenrudels brachte erstaunliche Ergebnisse.

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Ungeduldig streift das Löwenrudel samt Fahrer in der Kiesgrube umher und wartet auf den Einsatz. Mit dabei: Ein TGX 33.440 6x4 BB mit Schwarzmüller-Dreiseitenkipper als Solofahrzeug sowie ein TGS 26.480 6x6 BB als klassischer (Permanent-)Allrad-Dreiseitenkipper von Meiller samt dem passenden Meiller-Tandemachsanhänger. Beide schicken ihre Kraft via Zwölfgang-Tipmatic mit Bauprogrammierung an die Außenplanetenachsen.

Handgeschaltet, da mit Hydrodrive zum Allrader "umschaltbar", tritt die Sattelfraktion an: ein TGS 18.480 4x4 H BLS samt Fliegl Dreiachssattel und ein TGS 26.480 6x6 H BLS mit Zweiachs-Meiller-Kippauflieger. Die Straßenetappen legen die Tipmatic-Fahrzeuge erwartungsgemäß entspannter zurück, wenngleich die Schaltgeschwindigkeit im Vergleich zu anderen Fabrikaten nicht mehr die schnellste ist. Doch hier hat MAN zur IAA Optimierungen angekündigt. Interessant ist, dass der "Automat" laut einem MAN-Verantwortlichen in der Praxis zuverlässiger arbeitet als die Handschaltung, bei der im Lauf eines harten Bauarbeiterlebens auch mal die Synchronringe getauscht werden müssen.

AUSSERHALB DER GRUBE FÄHRT DER 4X4 MIT DREIACHSSATTEL DAVON

Solche Probleme gibt's bei den beiden Hydrodrive-Zügen natürlich nicht. Vor allem, weil der hubraumstarke D26 seit Euro 6 noch niedrigere Drehzahlen abkann und dem Fahrer auf der Teststrecke einige Schaltungen erspart. Eher enttäuschend ist der Auftritt der 6x6-Sattelzugmaschine, die gegenüber dem 4x4 mit Dreiachssattel deutlich mehr wiegt. Sie liegt fühlbar weniger satt und exakt auf der Straße, was zum Teil der hoch bauenden schweren Meiller-Mulde anzulasten ist. Das Leergewicht des Gesamtzuges liegt 2,4 Tonnen über dem 4x4 Hydrodrive. Der 6x6 mit Hydrodrive verbraucht um neun Prozent mehr als der 4x4 H plus Dreiachssattel, was mit dem höheren Leergewicht zu deutlich weniger Effizienz führt. Dieser Effizienzverlust des zuschaltbaren Allrads ist die erste Überraschung und erklärt vielleicht auch, warum die Dreiachszugmaschinen regional unterschiedlich oft geordert werden.

Der Solo-6x4, der in der Regel auch vor Tieflader gespannt wird, kann seinen Gewichtsvorteil nicht in Geschwindigkeit und Transporteffizienz umsetzen: Wegen der geringen Nutzlast macht er Transporte teuer. Unbeladen wiegt der TGS 18.480 4x4 H samt Fliegl-Kippsattel nur 1,6 Tonnen mehr, generiert daraus die doppelte Nutzlast und fährt in Sachen Transporteffizienz nach vorn. Der 6x6-Permanentallrader, der als Einziger rundum mit Baubereifung antritt, muss prinzipbedingt Nachteile bei Gewicht und Verbrauch hinnehmen.

Doch der 6x6 H mit Meiller-Zweiachssattel soll in der Grube die Chance bekommen, das Blatt zu wenden. Dort müssen die Baulöwen unbeladen zeigen, wie gut ihre Klettereigenschaften ausgeprägt sind.

König der Löwen ist hier, wie erwartet, der 6x6 als Solofahrzeug. Ihn kann praktisch nichts aufhalten. Sperrt man ihn komplett, wühlt er sich sogar im losen Schotter bis zum Ende des Testabschnitts durch. Auch mit Tandemachsanhänger klettert der gesperrte 6x6 fast unaufhaltsam bergan. Da sind die anschließend befahrenen Steigungen fast schon ein Witz: Die erklimmt er solo und mit Deichselanhänger ohne Einlegen einer Sperre. Selbst der extra steile, teils weiche 30-Prozenter ist für ihn kein Problem. Hier setzen ihm weniger die Traktion als vielmehr die Böschungs- und Rampenwinkel Grenzen.

SELBST DEN WEICHEN 30-PROZENTER BEISST DER 6X6 EINFACH WEG

Die vorderen und hinteren Böschungswinkel nutzt der TGS voll aus und der Rahmen leistet beim leicht schrägen Anfahren massive Verschränkungsarbeit. Unter hörbarem Knarzen und mit allen Sperren (bis auf die Quersperre der Vorderachse) steht der TGS 6x6 dann eine Ebene höher. Beim Bergab-Klettern kommen ihm abermals seine hohen Böschungswinkel zugute.

Das Vorurteil, dass solch schwere Passagen nur handgeschaltet zu bewältigen seien, entkräftete die Tipmatic des 6x6: In der Stellung Dx schaltet sie deutlich schneller und dreht die Gänge weiter aus. Außerdem kann man die Schiebemuffe am Lenkstockhebel auf M wie manuell stellen und bleibt selbst Herr der Dinge - wobei man in schwerem Gelände manchmal 16 statt zwölf Gänge bevorzugen würde, um etwas kleinere Gangsprünge zu haben.

Anschließend tritt zum Vergleich der straßenlastiger konfigurierte 6x4 an, der im weichen Kies selbst mit voll gesperrten Hinterachsen schon nach wenigen Metern steht. Die übrigen Steigungen nimmt er vergleichsweise souverän, während dem 6x4-TGX beim 30-Prozenter sowohl Böschungswinkel als auch Traktion fehlen.

Natürlich können dem 6x6-Klettergenie die Sattelzüge nicht folgen: Ohne Sperren zieht der 4x4 H nicht einmal den Sattel an den Beginn des Kieshaufens, komplett gesperrt kommt er immerhin eine knappe Wagenlänge weiter. Auch auf weichem Untergrund gerät das Konzept vergleichsweise schnell an seine Grenzen. Aber auch der 6x6 H mit Zweiachssattel kommt hier nicht weiter: Wie der 4x4 H mit Dreiachser zieht er den Trailer ohne Sperren nicht mal in den Kieshaufen. Mit allen Sperren steht der Zug dann eine knappe Wagenlänge später. Auf weichem Untergrund bringt der nutzlastschwächere 6x6 also keine Vorteile.

Das ändert sich an der festen Doppelsteigung: Hier streckt der 4x4 H im 4x2-Modus ungesperrt schon nach knapp 50 Metern die Segel und scharrt hilflos mit den Hinterrädern. Mit Hydrodrive und Hinterachsquersperre meistert er den Anstieg dann problemlos. So schnell lässt sich der 6x6 H hier nicht ins Bockshorn jagen und zieht im 6x4-Modus tapfer den ersten Stich hoch, hat aber im zweiten Teilstück so viel Schwung verloren, dass er dort zum Stand kommt. Also Hydrodrive und Sperren rein und die letzten Meter hochgeklettert!

SCHON EIN KLEINER SANDSTREIFEN KANN EINEN DER ZÜGE STOPPEN

Umgekehrt genügt beim 6x6 H schon ein kleiner Sandstreifen, wie ihn beispielsweise der Radlader beim Glattziehen in der Grube hinterlässt, um ihn aus dem Tritt zu bringen. Sobald unbeladen eine Hinterachse die Traktion verliert, scharrt er schnell hilflos mit den Hufen. So beschränkt sich sein genereller Vorteil also in erster Linie auf lang gezogene Steigungen mit festem Untergrund, während er sich auf weichem Boden praktisch genauso schnell aus dem Konzept bringen lässt wie der 4x4 H. Womit wir bei der zweiten Überraschung des Tests sind: Im Gelände kann der 6x6 H seine Vorteile eher beladen ausspielen. Ohne Fracht folgt ihm der 4x4 H praktisch überall hin.

Zuletzt kreisen die vier Probanden auf einem befestigten Schotterplatz. Auch hier gibt es Überraschungen: Zum Beispiel die, dass ausgerechnet der 6x4 ohne Trailer extrem weit nach außen getragen wird und gleich zu Beginn den größten Wendekreis in den Boden zeichnet. Den der 6x6 mit Tandemachser locker unterbietet! Hier hilft die angetriebene Achse ungemein, Spur zu halten respektive in engen Gruben zu wenden. Dem 6x4 würden wir in dem Fall die optionale Lenkbremse spendieren.

Besser liegen naturgemäß die Sattel, wobei der 4x4 H dem 6x6 H hier ebenfalls einige wertvolle Zentimeter abnehmen kann.

DIE ERGEBNISSE SPRECHEN AM ENDE EINE GANZ KLARE SPRACHE

Am Ende geht nicht nur aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten der 4x4 H mit Dreiachssattel als Gesamtsieger des Traktonsvergleiches hervor. Diese Kombination bietet mit Hydrodrive und Sperren bei Bedarf genügend Traktion, um unbeladen die eine oder andere Schwierigkeit zu meistern. Ohne Fracht auf losem Untergrund ist er bisweilen sogar dem 6x6 H mit Sattel überlegen. Der schlägt sich enttäuschend: vergleichsweise schwach in der Nutzlast, sperriger als der 4x4 H, ohne entsprechend besser zu fahren oder merklich mehr Traktion aufzubauen. Auf dem Testareal gab es praktisch keinen Abschnitt, in dem der 6x6 H mit Zweiachssattel den leichteren Bruder hätte nachhaltig distanzieren können.

Der klare Offroad-King ist der 6x6-Dreiseitenkipper mit Tandemachshänger. Ohne diesen hält den Extremisten praktisch nichts auf und selbst mit Trailer fährt er den anderen Kombinationen auf und davon. Unnötig ist im Baualltag der Permanentallrad, der Eigengewicht und Verbrauch unnötig nach oben treibt: Da geht die Empfehlung klar zu Hydrodrive, sofern man nicht permanent auf schmierigem Untergrund oder an hochprozentigen Steigungen ackern muss. Denn beim 6x4 muss man gegenüber dem allradgetriebenen Bruder erhebliche Abstriche an Traktion und Wendigkeit in Kauf nehmen.

Am Ende unterstreicht der Vergleich den Trend zu Zweiachs-Sattelzugmaschinen mit Dreiachskippsattel. Sie bieten die beste Transportleistung und können per hydraulischem Radnabenantrieb zu sparsamen Zügen mutieren, die bei Bedarf das nötige Extraquäntchen Traktion bereithalten. Hier pokerte MAN einst hoch und schuf damit über die Jahre doch einen neuen Standard. Jetzt sollten die Münchner Hydrodrive für die stetig steigenden Streckenverkehre mit der Tipmatic koppeln, wie es die Konkurrenz bereits geplant oder umgesetzt hat.

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