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Reportage: Für Abwechslung ist gesorgt

21.04.2020 17:15 Uhr | Lesezeit: 7 min
Reportage: Für Abwechslung ist gesorgt
Hinrich Reck (links) und Jens-Ingo Joch auf dem Hof der Spedition in Emden
© Foto: Timo Müller/TRUCKER

Im Oktober feiert die Spedition Jakob Weets ihr 35-jähriges Bestehen. Hinrich Reck und Jens-Ingo Joch sind bereits seit mehreren Jahren dabei. Sie kennen das Unternehmen und die Herausforderungen bei der Arbeit.

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Hinrich Reck fährt bereits seit zwölf Jahren für die Spedition Jakob Weets in Emden. „Am meisten Spaß macht mir eine wechselnde Ladung“, sagt der 60-Jährige. „Teilweise fahre ich Papier, ich transportiere aber auch gerne mal Maschinenteile.“ Das passt, denn die Spedition ist breit aufgestellt. „Nur so kann man strukturellen Änderungen, wie aktuell in der Automobilindustrie, getrost entgegensehen“, ist sich Firmenchef Jakob Weets sicher.

Vom Einmann-Unternehmen zur 523 Mann starken Weets-Gruppe

Bei dem Unternehmen gibt es eine lange Tradition beim Transport in der Automobillogistik. 1985 hatte sich Inhaber Jakob Weets im Alter von 35 Jahren mit einem Einmann-Unternehmen selbstständig gemacht. Zu Beginn transportierte er mit seinem Lkw für eine Firma Waren aller Art, wie Holz, Papier, Baumwolle und Maschinen, zwischen Deutschland und England – bis diese pleiteging. Bei der Suche nach neuen Aufträgen stieß er schließlich auf einen Automobilhersteller im niedersächsischen Emden. Das war für ihn der Einstieg ins Containergeschäft, dem er mit seinem Unternehmen bis heute treu geblieben ist. Im Laufe der Zeit kamen weitere Geschäftsbereiche hinzu: Neben der damals gegründeten Spedition Jakob Weets die Weets Bahn Transport, die Weets Logistik Zentrale, die Vermiet­gesellschaft und der OMAG Service. Gemeinsam bilden sie die Weets-Gruppe, zu der aktuell rund 500 Mitarbeiter gehören. Etwas mehr als 80 davon sind Fahrer wie Hinrich Reck.

Auch Hinrichs Fahrer-Kollege, Jens-Ingo Joch schätzt die unterschiedlichen Herausforderungen bei der Arbeit. „Ich mag die Abwechslung. Also nicht nur Linie fahren, sondern heute mal hier, morgen mal da“, erzählt der 48-Jährige, der seit etwas mehr als sieben Jahren für das Unternehmen Touren übernimmt.

Einig sind die beiden sich auch darin, dass der Berufsalltag eines Lkw-Fahrers in den letzten Jahren schwieriger geworden ist. „Der Verkehr nimmt kontinuierlich zu. Früher mussten wir nur auf uns aufpassen. Heute muss ich auf mich aufpassen, ich muss auf den Autofahrer aufpassen und ich muss zusätzlich auf den Lkw, der hinter mir fährt, aufpassen“, berichtet Hinrich aus seiner Erfahrung.

Es ist aber nicht nur die steigende Anzahl an Fahrzeugen auf Deutschlands Straßen, die die beiden Fahrer als problematisch ansehen. Auch bei der Parkplatzsituation im Land könnte, wenn es nach ihnen geht, etwas getan werden. „Vor 20 Jahren war das wesentlich besser“, erzählt Jens-Ingo und ergänzt: „Da hast du sogar noch mitten in der Nacht einen Parkplatz bekommen“. Hinrich fügt hinzu: „Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da konnte man am Lehrter See am Freitagabend um 18 Uhr seinen Anhänger abstellen und ist mit dem Maschinenwagen nach Hause gefahren. Das ist heutzutage nicht mehr möglich. Da ist alles zu. Außerdem sind die Raststätten komplett kaputt gefahren.“

Firmenchef Jakob Weets auf dem Gelände seiner Spedition
© Foto: Timo Müller/TRUCKER

Wer pünktlich seine Ware will, sollte dafür auch etwas tun

Unternehmer Weets, der selbst jahrelang Lkw gefahren ist, weiß um die schwierige Situation seiner Mitarbeiter. „Im Moment werden neue Raststätten gebaut“, berichtet der Geschäftsmann. „Viele Menschen unterstützen das auch“, lobt er. Allerdings gäbe es immer wieder kritische Stimmen dagegen, sobald es vor der eigenen Haustür passiert. Für so etwas hat er kein Verständnis. Besonders dann nicht, wenn die Kritiker gleichzeitig wollen, dass ihre Ware pünktlich nach Hause geliefert wird. Laut Weets müsse dann nämlich auch dafür gesorgt werden, dass Lkw-Fahrer vernünftig übernachten, duschen und essen können.

„Am schlimmsten ist es, wenn ich lese, dass nicht gebaut werden darf, weil da Fledermäuse fliegen“, sagt Weets. Er selbst ist seit vielen Jahren im Straßenverkehr unterwegs und hat laut eigener Aussage noch nie ein solches Flattertier vor der Windschutzscheibe gehabt. „Ich behaupte immer steif und fest, in Hannover gibt es einen Laden, bei dem du diese Tiere mieten kannst, um irgendwelche Brücken und Straßen zu verhindern“, fügt der 69-Jährige mit einem Augenzwinkern hinzu.

Chef Jakob Weets übergibt Dokumente an seinen Fahrer Hinrich Reck
© Foto: Timo Müller/TRUCKER

Eine weitere Herausforderung ist aus seiner Sicht auch der sich zuspitzende Fahrermangel. „Wenn jemand sagt, er spürt das nicht, dann weiß ich nicht, was er für einen Betrieb hat“, sagt Weets. Sein Betrieb hat deshalb für sich Maßnahmen entwickelt, um fürs Erste gegensteuern zu können.

Das Unternehmen bildet beispielsweise selbst Berufskraftfahrer aus. „Noch können wir jedes Jahr unsere Ausbildungsstellen besetzen“, berichtet Weets. Eine große Rolle schreibt er dabei dem Ostfriesisch-Papenburger-Ausbildungsverbund für Logistikberufe (O.P.A.) zu, bei dem Weets seit 2012 Mitgründer und Mitglied ist. O.P.A. ist ein Zusammenschluss mehrerer Transportunternehmen, die ihre Auszubildenden untereinander austauschen, um ihnen eine große Bandbreite in der Berufsausbildung bieten zu können.

Am Wochenende wird bei Weets in der Regel nicht gearbeitet

Aber auch die ausgelernten Fahrer sind Weets wichtig. Beispielsweise räumt das Unternehmen ihnen ein Mitspracherecht bei der Ausstattung der Fahrzeuge ein. Das Gehalt scheint ebenfalls zu stimmen. Die Fahrer Jens-Ingo und Hinrich sind zumindest mit ihrem Lohn zufrieden. „Ich kann mich wirklich nicht beklagen“, sagt Jens-Ingo, während sein Kollege zustimmend nickt. Scherzhaft ergänzt er: „Eine Grenze nach oben gibt es natürlich immer.“

Blick ins Lager: Hier wird viel für die Automobilindustrie eingelagert
© Foto: Timo Müller/TRUCKER

Darüber hinaus bemüht sich das Unternehmen, dass am Wochenende nicht gearbeitet wird. In der Regel sind die Fahrer in dieser Zeit zu Hause und die Fahrzeuge bleiben stehen. Der Fuhrpark des Unternehmens besteht insgesamt aus 80 Fahrzeugen, darunter 30 Scania-Lkw, 43 Modelle der Marke MAN und drei Lang-Lkw. Außerdem gibt es fünf mit Flüssigerdgas (LNG) betriebene Trucks, die das Unternehmen zurzeit testweise einsetzt. „Ob es das Gelbe vom Ei ist, wissen wir noch nicht“, sagt Weets. Bei Langstecken zumindest sieht er perspektivisch eher die Wasserstoff-Technologie vorne.

Elektro-Lkw spielen für Weets derzeit keine Rolle. Getestet hat das Unternehmen sie aber schon – sogar zwei Mal. „Die Tests waren okay, aber E-Lkw sind bei uns nicht wirklich alltagstauglich“, lautet Weets Fazit. Umwelt und Klimaschutz spielen beim Unternehmen insgesamt aber eine wichtige Rolle. Die Firma engagiert sich beispielsweise im Umwelt-Projekt „Green Chain“ der Hamburger Hafen und Logistik AG und deren Tochter Metrans. Das langfristige Ziel dabei ist ein CO2-neutraler Containerumschlag. Außerdem spielt Weets mit dem Gedanken, sich im Bereich der Wasserstoff-Technologie zu engagieren, um die Verbreitung von Lkw mit einem solchen Antrieb zu fördern. „In diesem Bereich möchte ich mit meinem Unternehmen ganz vorne dabei sein“, verrät der Unternehmer.

„Bis Lkw vollständig autonom fahren, wird es noch dauern“

Ein weiteres Projekt, das bereits im Unternehmen verfolgt wird, sind Tests mit teilautonomen Lkw. Dabei erprobt Weets gemeinsam mit dem Lkw-Hersteller MAN und der Hamburger Hafen und Logistik AG bis 2021 in einem Forschungsprojekt die Möglichkeiten für Automatisierungslösungen im Straßentransport. Getestet wird auf einem 70 Kilometer langen Straßenabschnitt. Weets ist sich allerdings sicher, dass noch einige Zeit vergehen wird, bis komplett autonom fahrende Lkw existieren – beispielsweise wegen offener Fragen bezüglich der Haftung bei einem Unfall. Hier sieht er noch eine Menge Klärungsbedarf. Deshalb werden beim Unternehmen auch weiterhin gute Mitarbeiter gebraucht (siehe Kasten „Fünf Fragen an den Chef“).


Fünf Fragen an den Chef:

Mit welchen Eigenschaften hat man als Fahrer bei Ihnen gute Chancen, wenn man sich bewirbt?

Pünktlichkeit ist sehr wichtig. Das verlangen unsere Kunden und deshalb sollten das unsere Fahrer auch leisten können. Außerdem gebe ich Neueinsteigern eine Chance, weshalb es nicht schlimm ist, wenn jemand seinen Führerschein erst seit Kurzem hat. Solche Fahrer kann ich so formen, wie es am besten für meine Firma ist.

Spüren Sie bei sich im Unternehmen den Fahrermangel?

Bemerkbar macht sich das schon, das muss ich sagen. Wenn jemand meint, er spürt das nicht, dann weiß ich nicht, was er für einen Betrieb hat. Allerdings tun wir viel, um gegenzusteuern. Wir bilden beispielsweise selbst Berufskraftfahrer aus und sind seit 2012 Gründungsmitglied im Ostfriesisch-Papenburger-Ausbildungsverbund für Logistikberufe. Noch können wir so jedes Jahr unsere Ausbildungsplätze besetzen. Der größte Teil bleibt nach der Lehre dann auch bei uns im Unternehmen.

Welche Zusatzleistungen erhalten Fahrer bei Ihnen im Unternehmen?

Für alle Fahrer gibt es eine Jahresprämie. Außerdem arbeiten wir mit einer Fahrschule zusammen, die sich um Weiterbildungen kümmert. Somit müssen das unsere Mitarbeiter nicht selbst organisieren. Im Moment sind wir auch dabei, ein ganz neues Paket für unsere Fahrer zu schnüren. Das soll zum 35-jährigen Jubiläum unserer Spedition in Emden kommen.

Engagiert sich Ihr Unternehmen auch vor Ort?

Es gibt in Emden ein Filmfest, bei dem wir seit elf Jahren den Drehbuchpreis fördern. Zusätzlich unterstützen wir die Kunsthalle Emden. Erst kürzlich haben wir zudem die Auszeichnung „Kulturkontakte“ erhalten. Das ist ein Preis, der einmal im Jahr vom Land Niedersachsen für werthaltiges Engagement vergeben wird.

Zum Abschluss eine persönliche Frage: Haben Sie ein besonderes Hobby?

Solange ich denken kann, fahre ich Kart. Vor 15 Jahren haben wir einen Verein gegründet, in dem ich zweiter Vorsitzender bin. Das passt gut zu mir, weil ich nicht so viel Zeit für den ersten Vorsitz habe. Außerdem haben wir in Marienhafe eine Kartbahn. Dort fahren wir Rennen und nach diesen plane ich auch meinen Urlaub. Es kann nämlich nicht sein, dass ich im Urlaub bin, während ein Rennen stattfindet (lacht).



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