Die Begeisterung für ihren Job merkt man Silke Stein und Thomas Heim an. Sie sind Berufskraftfahrer beim Leipziger Transportunternehmen IW-Transport. „Am meisten gefällt mir der Umgang mit Menschen, und ich fahre sowieso gerne Lkw“, sagt Silke. Sie war, bevor sie vor zwölf Jahren zum Unternehmen kam, Busfahrerin.
Nachdem ihre Kinder älter waren, hat die heute 48-Jährige ihr Hobby zum Beruf gemacht und ist bei IW-Transport als Lkw-Fahrerin eingestiegen. Ihr Kollege Thomas ist sogar schon seit 26 Jahren dabei. Der 52-Jährige war Maschinist für Fahrbetriebe und Stellwerke, als er sich schließlich für eine Umschulung zum Berufskraftfahrer entschied.
Nach der Wende der Aufbruch in die Selbstständigkeit
Wie seine beiden Mitarbeiter ist auch Firmenchef Immo Warnecke über Umwege zur Transportbranche gekommen. Seine berufliche Laufbahn begann er in der DDR mit einer Ausbildung zum Verkehrskaufmann. Im Fernstudium erlangte er den Abschluss als Diplom-Betriebswirt und wagte sich 1990 – kurz nach der Wende – im Alter von 27 Jahren in die Selbstständigkeit. Sein Tätigkeitsbereich war damals die Abrechnung für private Fuhrbetriebe. „Allerdings begannen immer mehr Unternehmen, das selbst zu organisieren“, erinnert sich der 57-Jährige. 1992 erkundigte sich dann ein Nutzfahrzeughändler telefonisch bei ihm, ob er jemanden kenne, der für den Paketdienst DPD mit Wechselbrücken von Stuttgart nach Leipzig fahren könne. Nachdem ihm kein passendes Unternehmen einfiel, besuchte Warnecke den Paketdienst spontan in Stuttgart, um sich über die genauen Konditionen zu informieren. Danach stand für ihn fest: „Das musst du selber machen.“ Kurzerhand stellte er einen Kraftfahrer ein, der bereits Wechselbrücke fahren konnte, und kaufte sich seinen ersten Lkw.
Inzwischen arbeiten für IW-Transport 103 Mitarbeiter. 98 davon sind Fahrer wie Silke und Thomas, die die Lkw der Marken Scania, MAN sowie Mercedes-Benz lenken. Die restlichen Kollegen arbeiten in der Disposition beziehungsweise Verwaltung.
Bei IW-Transport haben Fahrer seit jeher viel Mitspracherecht
Seinem Personal – insbesondere den Fahrern – schreibt Warnecke einen hohen Stellenwert zu. „Ich war schon immer der Meinung, der Fahrer ist der wichtigste Mann in einem Betrieb. Der verkörpert das Unternehmen beim Kunden. Wenn der nicht funktioniert, und wenn der nicht ordentlich und pünktlich ist, dann kann der Rest noch so gut sein“, sagt Warnecke.
Um diese Wertschätzung auch zu zeigen, haben seine Fahrer seit jeher viele Mitspracherechte, was die Ausstattung ihrer Fahrzeuge betrifft. Extra dafür hat der Unternehmer die Gesellschaft IW-Truckstyling gegründet. Diese beschäftigt sich mit Lkw-Zubehör sowie der Gestaltung von Fahrzeugen und ist aus der Idee heraus entstanden, dass Warnecke seinen Fahrern etwas Besonderes bieten wollte. „Was möglich ist, versuchen wir auch umzusetzen“, sagt der Firmengründer. Zudem plant sein Betrieb aktuell einen Außensportplatz – ein Wunsch einiger Fahrer.
Dass Warnecke sich auch sonst für seine Mitarbeiter einsetzt, berichten die Fahrer. „Wenn wir Probleme haben, können wir eigentlich immer zum Chef kommen, und er versucht dann auch, Lösungen zu finden“, sagt Silke. Das gute Verhältnis des Chefs zu seinen Mitarbeitern dürfte mitverantwortlich dafür sein, dass es im Unternehmen keinen Betriebsrat gibt. „Grundsätzlich kann man den ab fünf Mitarbeitern gründen“, erklärt Warnecke und fügt hinzu: „Das hätte bei uns schon ewig sein können.“ Stattdessen gibt es bei IW-Transport eine Mitarbeitervertretung, die aus sogenannten Fahrer-Teamleitern, dem Speditionsleiter und der kaufmännischen Leitung besteht. Warnecke hofft, dass er in seiner Firma bis zum Ende seines persönlichen beruflichen Schaffens keinen Betriebsrat benötigen wird. Solange seine Mitarbeiter keinen Betriebsrat wollen, ist es für Warnecke ein Zeichen dafür, dass er in der Lage ist, sein „Unternehmen sozial richtig zu organisieren“.
Auch in der Corona-Zeit ist es dem Chef wichtig, für seine Fahrer da zu sein. Deshalb gibt es in seinem Betrieb jeden Monat ein sogenanntes Corona-Paket für Fahrer. Darin finden sich beispielsweise Desinfektionsgel, Seife, Taschentücher und Masken. Warnecke sagt dazu: „Es ist ganz wichtig, dass wir als Arbeitgeber die Sachen zur Verfügung stellen und der Fahrer sich nichts selbst kaufen muss.“
Die Anfangsphase der Pandemie haben Fahrerin Silke und Fahrer Thomas ähnlich erlebt. „Man durfte nicht mehr auf die Toilette in den Raststätten“, berichtet Silke. Zudem sei insgesamt der Arbeitsaufwand gestiegen, denn in der Krise habe das Paketgeschäft deutlich an Fahrt gewonnen. „Wir haben für DPD viel Überhang fahren dürfen“, erklärt der Chef, dessen Unternehmen nach wie vor für den Paketdienst arbeitet, und ergänzt: „Wir hatten aber auch immer das nötige Personal.“
Das ist in der heutigen Zeit, in der die Branche mit einem zunehmenden Fachkräftemangel zu kämpfen hat, nicht selbstverständlich. Sein Unternehmen bildet dazu eigenen Nachwuchs aus. „Im Schnitt haben wir zwei bis drei Azubis“, sagt der Chef und fügt zufrieden hinzu: „Es bleiben dann auch Gott sei Dank Lehrlinge übrig, die nach der Ausbildung bei uns arbeiten.“ Zusätzlich macht IW-Transport seit Mitte der 90er-Jahre Praktikanten-Umschulungen. „Die werden bei uns an das Wechselbrückengeschäft geführt“, erklärt Warnecke. „Wenn es passt, steigen sie bei uns ein.“
Dass diese Maßnahmen nicht genügen und in Deutschland ein ernst zu nehmender Fahrermangel herrscht, verdeutlicht der Anteil an 25 Prozent polnischen Fahrern, die bei IW-Transport das „Defizit auffüllen“ sollen. Firmenchef Warnecke sucht deshalb weiterhin gute Mitarbeiter für sein Fahrerteam (sh. Interview rechts), um gemeinsam die Herausforderungen des Arbeitsalltags zu bewältigen. Zu diesen zählen für Fahrer Thomas vor allem die Straßenverhältnisse, die seiner Meinung nach in den letzten Jahren schlechter geworden sind. „Momentan gibt es viele Baustellen, und man kann auch nicht mit dem Lkw überall langfahren“, sagt auch Fahrerin Silke.
Im Kontrast dazu steht der gute Zustand der Fahrzeuge des Unternehmens, die auf Anweisung des Firmengründers von Anfang an die beste Ausstattung bekommen.
Alternative Antriebe sind für den Chef derzeit keine Option
Lkw mit alternativen Antrieben, beispielsweise Elektromotoren, kommen für Warnecke derzeit allerdings nicht infrage. „Es muss insgesamt für uns einen Nutzen bringen. Sowohl einen Umweltnutzen – einen richtigen aber – als auch wirtschaftlich vertretbar sein“, sagt der Chef. Sein Unternehmen hatte bereits in der Vergangenheit Gas- und Diesel-Lkw im Mischbetrieb im Einsatz. „Es passt nicht zu dem, was wir tun. Weder zur Infrastruktur noch zum eigentlichen Geschäft“, sagt Warnecke, der auf zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich hofft: „Wir sind für alles offen, aber wir wollen nicht irgendeine Modeerscheinung mitmachen, die am Ende nur viel Geld kostet.“ Bis es so weit ist, will er auf jene Hersteller setzen, die in seinen Worten „exzellente Antriebsstränge zur Verfügung stellen“. „In Verbindung mit einem gut geschulten Fahrer kann man damit aktuell am umweltverträglichsten Güter befördern“, sagt der Unternehmer abschließend.