Auf dem Land südwestlich der Großstadt Utrecht ist Holland noch gemütlich und liebenswert altmodisch. Einmal im Jahr aber wird der Ort Lopik und seine Umgebung zu einem der verrücktesten und schönsten Treffpunkte für Supertrucks aus ganz Europa. Die Niederländer wissen offenbar noch eher zu schätzen, was ihr Land den "Vrachtwagen" und Chauffeuren zu verdanken hat und feiern beide entsprechend, nicht nur beim Mega-Fest in Assen.
Los geht es schon in der Woche davor. Zur Anlaufstelle hat sich der Platz des Transporteurs "Verweij's Trucking" entwickelt. Firmenchef Jan Jaap Verweij, den sie alle nur "Jeyjey" nennen, erzählt, wie das eher unabsichtlich gekommen ist: "Seit Beginn dieser Veranstaltung erlauben wir den Teilnehmern, ihre Trucks auf unserem Hof zu waschen und auf Hochglanz zu bringen." "Am Anfang war das eher eine lokale Angelegenheit. Doch plötzlich standen donnerstags auch die ersten Dänen als ausländische Besucher vor der Tür. Da haben wir sie eben zum Essen und Duschen bei uns eingeladen. Längst hat sich das verselbständigt; dieses Jahr haben wir Teilnehmer aus 14 Ländern, und alle sind unsere Gäste."
ELF FREUNDE MÜSST IHR SEIN: DIE FAMILIE KOCHT
Tagelang bewirtet die Großfamilie die Teilnehmer, dazu kommt vor dem Wochenende ein mittlerer Menschenauflauf aus Neugierigen und Fotografen. Auch wenn der Firmenbetrieb dadurch empfindlich gestört wird und der Personenkreis der hungrigen Hofgäste von Jahr zu Jahr größer wird, lassen sich die Verweijs in ihrer unglaublichen Gastfreundschaft nicht beirren - einfach tolle Leute!
Das Gelände selbst liegt malerisch zwischen einem Deich und dem Fluss Lek, man erreicht es nur über schmale Straßen. Deswegen wird die Zufahrt erst am Freitagnachmittag geöffnet. Der Konvoi aus Zugmaschinen, der sich dann auf den Weg macht, gehört zum Schönsten, was man in Europa auf einer Truckshow sehen kann.
Elf Freunde organisieren das Treffen, und ihr gemeinsames Urteil bestimmt darüber, wer von den über 400 Bewerbern letztlich eine der begehrten 150 Einladungen bekommt. Es gibt keinen kommerziellen Veranstalter, alle Gewinne, jährlich etwa 30 000 Euro, werden an unterschiedliche soziale Zwecke gespendet. Allein dabei zu sein, ist schon Auszeichnung.
Es gibt keine spektakuläre Show und nur ein normales Zelt mit etwas Verpflegung, einer Bar und einer Bühne, aber die Stimmung am Freitagabend ist etwas ganz Einzigartiges. Voller gegenseitigem Respekt präsentiert jeder seine besondere Maschine, und tausende Besucher aus der Region lassen sich selbst von einem schweren Gewittersturm pünktlich zum Auftakt nicht vergraulen.
Es ist eine unvergleichliche Atmosphäre, als sich die Wolken wieder verzogen haben, für viele Teilnehmer ist das der Höhepunkt des Jahres. Wenn man vom Deich in der Dämmerung die atemberaubende Schar leuchtender Laster und die vielen begeisterten Leute sieht, geht jedem LKW-Fan das Herz auf. Auch immer mehr deutsche Kollegen fühlen sich angezogen. Die, die erstmals dabei sind, kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
MAGNETISCH: EIN MITTEL GEGEN FAHRERMANGEL
Stefan Hoppert aus Mistelgau zeigt hier sein edles Hakengerät auf einem MAN-Dreiachser: "Eine fantastische Stimmung ist das hier, schön zu sehen, dass es noch viel mehr Menschen gibt die so Lastwagenverrückt sind wie man selbst." Nicola Mazzuchelu aus Lugano in der Schweiz ist mit seinem Dreiachs-Saurer gekommen, er arbeitet sonst noch jeden Tag mit dem schweren Schlepper: "Ich bin zwar mit meinem Laster ein Exot, aber die Holländer finden das gut und es ist ein herrliches Fest."
Extra aus Nordirland angereist ist Gerard O'Kane aus Dunloy: Lopik ist das Fest für die Enthusiasten, und die Gastfreundschaft, die uns entgegengebracht wird, beeindruckt mich sehr!" Überglücklich zeigt sich Michel Kramer, der mit seinem verlängerten R730 im Edeltrimm zum Sieger der Show gewählt wurde: "Es ist ein ganz besonderes Gefühl, hier zu gewinnen, das ist eine große Anerkennung für mich."
Was an Lopik auch erstaunt, ist die Anziehungskraft auf die junge Generation. Selten sieht man so viele Zwanzigjährige, die LKW faszinierend finden und bewundernd davor stehen. Vielleicht braucht es derart prächtige Maschinen, um Nachwuchs für den Straßentransport zu begeistern. Das lässt den verbissenen Kampf, den manche Polizisten gegen solche Trucks und ihre Beleuchtung führen, noch engstirniger erscheinen.