Am Tag unseres Besuchs bei einer Recyclinganlage im Norden von Hamburg hat tagelanger Niederschlag den Boden mit matschigen Pfützen überzogen. Schön spiegeln sich die beiden fünfachsigen Kipper im Wasser, während sie Betonbruch auf den Rand des riesigen Steinhaufens abkippen.
Eigentlich war an diesem Tag ein Abriss geplant, doch der wurde aus irgendwelchen Gründen vom Auftraggeber verschoben. Thorsten Bruun wundert sich darüber nicht, er ist es gewohnt, kurzfristig von einem Einsatz zum nächsten disponiert zu werden. Am Vormittag hat er mit dem Caterpillar Radbagger das Grundstück einer ehemaligen Scheune abschließend geglättet.
Nachdem das erledigt ist, schwingt er sich auf den Fahrersitz des Allrad-Actros, um mit dem dreiachsigen Auflieger sortiertes Material aus Abbrüchen zu einer rund 20 Kilometer entfernten Brecheranlage zu schaffen. Sein Arbeitgeber, die Firma Uwe Thoma in Quickborn, ist Containerdienst und Abrissunternehmen in einem.
Auf dem Betriebshof werden Abfallstoffe wie Schutt, Altmetall, Holz und andere gesammelt und getrennt. So vermietet Thoma im Großraum Hamburg auch Kleincontainer mit einem Kubik Volumen, die von einem schweren Anhängerzug mit Kran verteilt und wieder eingesammelt werden. Mit einer cleveren Spezialvorrichtung können die kleinen Behälter am Hydraulikarm gedreht und gekippt werden.
Aber auch die sieben eigenen Lastwagen mit Hakengeräten und Selbstanlieferer sorgen dafür, dass sich das Gelände ständig neu mit Material füllt. Die beiden schweren Actros-Kipplastzüge sind dank ihres starken Antriebs für den schweren Baustellenbetrieb gerüstet, wenn große Mengen Material von einem großen Abriss wegzuschaffen sind. In der Zeit dazwischen sorgen sie dafür, dass die Materialberge auf dem Betriebshof in der Carl-Zeitz-Straße nicht in den Himmel wachsen. Fuhre für Fuhre werden die einzelnen Stoffe zu passenden Deponie- und Recyclingplätzen in der Umgebung verfrachtet. Auch wenn Thoma bei den eigenen Hakengeräten auf Scania- und DAF-Fahrgestelle baut, kommen bei seinen schweren Kipperzügen immer nur Mercedes-Zugmaschinen zum Einsatz.
TREUE: SK-VORGÄNGER HATTEN SICH BEWÄHRT
Das liegt unter anderem an den beiden Vorgängern, jeweils bocksteife Dreiachser mit Allrad der Baureihe SK 2644, die sich unter schwersten Bedingungen über viele Jahre bewährt haben. Nach ihrer Ausmusterung aus dem norddeutschen Fuhrpark haben die Beiden übrigens neue Aufgaben in Afghanistan gefunden, wo sie wohl noch härter schuften.
Thorsten Bruun ist über seinen verstorbenen Vater Rolf-Günther, der früher 18 Jahre für Thoma gearbeitet hat, zur Firma gekommen. Jetzt ist er selbst schon 24 Jahre dabei. Jede Maschine und jeden Truck kann er bedienen. Das Abrissteam besteht im Wesentlichen aus vier Mann inklusive Ralf Thoma, eine harmonierende und auf Spezialaufgaben eingespielte Truppe. Thorsten Bruun schätzt die Abwechslung an seinem Beruf, dazu haben es ihm schwere Diesel angetan. Freude hat er an der neuen Zugmaschine, denn die 550 PS ziehen weit kraftvoller am Lastzug, als es die 110 PS Abstand zu den früheren 44ern vermuten lassen.
"Außerdem ist der Job mit dem neuen Mercedes viel komfortabler und deutlich leiser", sagt er. Auch sein Sohn interessiert sich für das LKW-Fahren, nach seiner Lehre als Anlagenmechaniker bemüht er sich gerade um eine Zweitausbildung zum Berufskraftfahrer.
Während der Mercedes 2658 mit zwei Antriebsachsen schon sieben Jahre zur Firma gehört, ist die zweiachsige Kippmulde dahinter fast neu. Auf besonderen Wunsch von Fuhrparkleiter Ralf Thoma wurden schwere Achsen verbaut, außerdem ist die hintere Zwillingsachse liftbar, um noch engere Kurven beim Reversieren zu schaffen.
Keine Chance haben bei Thoma derzeit Scheibenbremsen und Luftfederung. Wenn man häufig Brecheranlagen oder ähnliches ansteuert, fährt man viel durch gewässerte Reinigungsbecken für die Reifen. Der Schlamm, der sich darin unter der Wasseroberfläche absetzt, wirkt für Bremsbeläge wie Schleifmittel und lässt sie im Eiltempo abreiben, teilweise halten sie nur 20.000 Kilometer. Das können Trommelbremsen noch immer besser, Ralf Thoma geht von der fünf- bis sechsfachen Standzeit aus.
Noch härteres Gelände als der 6x4 packt der 2055, den Torsten Bruun fährt. Als Handschalter mit Außenplanetenachse gräbt sich der Allradler selbst durch schwersten Boden oder Steilstücke hinauf. Damit die stählerne Halfpipe-Mulde bei Hektik ihre Last schnell nach oben stemmen kann, kommt eine stärkere Hochdruckpumpe mit 130 Litern Durchfluss zum Einsatz.
Der Single-Turbo des 55ers spricht noch bissiger an als die Doppelversion des 58ers. Letzterem ist vor kurzem erst einer der Lader zerborsten, nach 160.000 Kilometern. Aber bei diesem Einsatz sind die Beanspruchungen auch extrem. Den fälligen Austausch erledigte Ralf Thoma zusammen mit Thorsten in der eigenen Werkstatt.
Ebenfalls besonders ist der dreiachsige Auflieger des Allradlers. Auch hier wurden Sonderwünsche umgesetzt, etwa die Anschrägung der mit Spezialstahl ausgekleideten Mulde oder zwei Liftachsen, die erste und dritte. Das mindert Reifenverschleiß und Verbrauch, dazu kommt eine bessere Wendigkeit.
NICHTS VON DER STANGE: INDIVIDUELLE TRAILER
Praktisch sind auch Feinheiten wie die Rücklichtträger auf Kundenwunsch, die wehren sich mit stählerner Einfassung im dänischen Stil gegen Beschädigungen. Ralf Thoma setzt bei den Aufliegern bewusst auf den Fahrzeugbauer Carnehl aus dem niedersächsischen Pattensen, weil der Extras ermöglicht, mit denen sich die Großserienhersteller nicht mehr aufhalten.
Gegen die Großunternehmen der Abrissbranche ist der Wettbewerb nicht leicht, doch mit dem speziellen Fuhrpark ist die vom Vater und den beiden Söhnen geführte Firma gut aufgestellt. Wenn große Abrisse anstehen, rücken nicht nur die schweren Kipperzüge aus, sondern auch die Hakenwechsler mit den Wechselcontainern.
So lässt sich Bauschutt schon an der Abrissstelle sortieren. In kleineren Mengen anfallende Materialen werden schon vor Ort in die Absetzcontainer verladen und separat von der Masse des Schutts wegtransportiert. Die Kipperzüge schaffen dann größere Mengen wie Steinreste und Betonbruch weg. Und dank der Liftachsen hat Ralf Thoma mit seinen Mitarbeitern schon manches Gebäude "niedergemacht," bei dem man mit einem Standard-Kippsattel gar nicht auf den engen Hof gekommen wäre.
ÜBER DEN BERG: WIE MAN DIE KRAFT KONTROLLIERT
Für Thorsten Bruun gibt es an diesem Tag noch eine weitere Runde mit Schutt zu erledigen. Der neue Radlader Cat 962, ein Zwanzigtonner, befrachtet mit wenigen Hüben. Über kleinere Kreisstraßen geht es retour zur Brecheranlage. Beim Abladen muss der Auflieger dann die Halde hinauf geschoben werden.
Thorsten Bruun beschreibt die Technik, wie man rückwärts den Berg erklimmt: "Richtige Gangübersetzung rein, ordentlich Gas geben, in einem durch, ohne schleifende Kupplung oder Schalten, dann weiter, bis es nicht mehr geht. Wenn man da die Motorkraft nicht sauber kontrolliert, kann das für die Steckachsen oder andere Teile des Antriebs stressig werden."
Dank CB-Funks kommen die Entladeanweisungen über Lautsprecher, nur zum Unterschreiben des Frachtbriefs muss er bei dem schlechten Wetter auf der matschigen Anlage noch aussteigen. Dann liftet er wieder die Achsen und kehrt im gemütlichen Landstraßentempo wieder nach Quickborn heim.
Jetzt erfreut Thorsten Bruun sich an einem Vorzug der Baubranche: Zeitig am Nachmittag ist der Job getan, Feierabend. Ihm bleibt ein schönes Stück Freizeit. Noch ist es spätwinterlich ruhig, aber bald startet die Bausaison mit längeren Tagen. Doch der Kraftfahrer freut sich schon jetzt auf die warme Jahreszeit - auch, weil er dann mit der Familie gemütliche Angelausflüge machen kann. Hauptsache, immer was am Haken.