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Jobreport Gleistransport

04.03.2013 08:00 Uhr
Jobreport Gleistransport
23 Meter lang ist der Zug mit den Gleisen
© Foto: Felix Jacoby

Ohne LKW keine Bahn. Wie sonst sollten Gleise auf ihre Trasse kommen? Matthias Rieger ist dafür Spezialist.

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Die Eisenbahn-Neubaustrecke zwischen Nürnberg und Halle macht ordentliche Fortschritte. Das hat die Bahn einem immerwährenden Strom von Lastwagen zu verdanken, die an dem großräumigen Bauprojekt beteiligt sind. Hier ganz speziell erweist sich das Motto "Güter gehören auf die Bahn" als naive Theorie: Denn Schienen kommen nun mal selten mit der Bahn.

Am Montagmorgen ist Kraftfahrer Matthias Rieger in seinem Heimatort Kirchworbis in Thüringen zeitig gestartet, die Gleisstücke auf seinem teleskopierbaren Telesattel von Doll hat er am Freitag zuvor im nordrhein-westfälischen Witten geladen. Nun geht es weiter Richtung Osten, wo eine Baufirma schon auf die Lieferung wartet. Der Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke, die die Fahrtzeit zwischen Berlin und München auf unter vier Stunden verringern soll, ist das größte, teuerste und aufwändigste der insgesamt 17 "Verkehrsprojekte Deutsche Einheit". Wenn die gut 300 Kilometer lange Neubautrasse zwischen Nürnberg und Halle pünktlich fertig wird, sollen dort ab Ende 2017 die Hochgeschwindigkeitszüge verkehren.

An der Baustelle bei Saubach angekommen, braucht es zunächst Geduld. Obwohl sich Matthias telefonisch angemeldet hat, dauert es über eine Stunde, bis er von einem Bautrupp abgeholt und am Pförtner vorbeigelotst wird. Matthias ist daran gewöhnt, hat die Ruhe weg. Nervös sollte man bei der Zusammenarbeit mit der Bahn besser nicht sein. Über eine steile Rampe geht es hinab an den späteren Gleiskörper, an der vorgesehenen Abladestelle löst Matthias die schweren Sicherungsketten. Dann fährt er die seitlichen Stützen des schweren Palfingerkrans an der Zugmaschine aus und dirigiert den Kranhaken über eine Traverse, mit der er die Schienenstücke an zwei Stellen greift.

DANK PFLEGE STEHT DER ALTE ACTROS SUPER DA

Sein Arbeitsgerät ist ein Actros 3357 der ersten Generation, Baujahr 2001, der zuerst bei einen Stahlhändler eingesetzt war und 2005 als Gebrauchter von Matthias' Arbeitgeber Wolf aus Leinefelde erworben wurde. Hier bekam er eine tragfähigere 9-Tonnen-Vorderachse und den schweren Kran montiert.

Matthias hat viel Zeit, Geld und Urlaubstage in die Zugmaschine investiert, um daraus einen Supertruck zu machen. Der Edelstahl

stammt vom belgischen Veredler AIS, die Schränke kommen von Ben's Cabinemeubelen aus Holland und die feine Inneneinrichtung von Intruck im dänischen Padborg. Dazu kam noch der in Wagenfarbe lackierte Rammschutz von Trux. Der Fahrer ist ein echter Lastwagenfanatiker, für ihn ist das viel mehr als nur irgendein Job.

Schon als junger Mann sammelte er in der Landwirtschaft Erfahrung mit schwerem Dieselgerät, unter anderem mit dem legendären Kirovez, einem russischen V8-Ackerschleppermonster.

NACH DER BUNDESWEHR IN DIE SCHWERE KLASSE

Mit dem kleinen Führerschein transportierte Matthias bald darauf mit einem Iveco-7,5-Tonner mit Tandemanhänger Baumwollprodukte im Fernverkehr. Nach der Bundeswehr, wo er den LKW-Schein erworben hat, stieg er in die schwere Klasse um, unter anderem mit einem Mercedes SK 1853 im Italienverkehr. Seit 2000 arbeitet Matthias für Firma Wolf, die in zwei Jahrzehnten von zwei auf 140 Lastwagen gewachsen ist. Sein erstes Arbeitsgerät dort war ein wild gechipter MAN, danach fuhr er lange einen von ihm prächtig hergerichteten Renault AE 560. Mit dem Mercedes Actros kam die Kranarbeit dazu, Matthias bedient den schweren Hydraulikarm mit schlafwandlerischer Sicherheit.

Nach dem Abladen der Gleisstücke liegt noch eine komplette Weiche auf dem Auflieger. Diese ist für eine Baustelle in rund 15 Kilometer Entfernung bestimmt. Da auf der Trasse noch keine Gleise und Oberleitungen verlegt sind, dürfen wir direkt auf der Bahnstrecke dorthin fahren, mitten durch den fast sieben Kilometer langen Finnetunnel. Es ist ein kurioses Gefühl, mit dem Lastwagen dort unterwegs zu sein, wo später die ICE-Züge mit Höchsttempo durch die Betonröhre donnern. Allerdings bedarf es bei der schmalen Trasse ziemlicher Konzentration, denn der 23 Meter lange Sattelzug neigt mit seinen zwangsgelenkten Hinterachsen zum Scharwenzeln.

DIESEL-DUNST: URSUS-TREKKER ALS HOBBY

Bald darauf ist die zweite Stelle erreicht und die Weiche von einem Schwerkran entladen, danach geht es gleich wieder in Richtung Ruhrgebiet. Matthias soll am nächsten Tag in Witten laden und von dort Gleisstücke im Nahbereich zustellen. Da er häufig auch andere Lastzüge mit dem Kran entlädt, hält sich die Fahrleistung des Actros in Grenzen, aktuell stehen 1,1 Millionen Kilometer auf dem Tacho.

Die Lust am "Dieseln" reicht bei Matthias Rieger bis in den privaten Bereich. Mit der befreundeten Familie Degenhardt hat er sich einen Ursus-Traktor Baujahr 1949 hergerichtet. Das ist der polnische Nachbau des Lanz-Bulldogs, der aus einem liegenden Einzylinder mit über zehn Litern Hubraum stolze 45 PS erzeugt.

Wenn Matthias und seine Kumpane unter dem markanten Geballere des großvolumigen Motors mit dem exklusiven Trekker Holz aus dem Wald holen, steht ihnen die kindliche Freude ins Gesicht geschrieben. Und wenn er die Zeit hat, fährt er bei einem guten Kollegen sogar noch auf anspruchsvollen Schwerlasttransporten mit.

Zuhause freuen sich derweil seine Frau Michaela und die beiden kleinen Kinder, dass Matthias fast jedes Wochenende frei hat und die - bei all seiner Liebe zum Diesel -verbleibende Zeit mit ihnen verbringen kann.

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