Das Ehrenamt muss Spaß machen!" meint Rainer Bohmbusch. Das kommt so überzeugend rüber, dass man dem Vorsitzenden der DLRG Horneburg sofort abnimmt, dass er mit enormem Spaß bei der Sache ist - auch wenn's manchmal ganz schön anstrengend sein kann.
Die DLRG, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, übernimmt in vielen Bereichen Rettungsdienstaufgaben, die ihr staatliche Instanzen übertragen. "Im niedersächsischen Rettungsdienstgesetz ist die Wasserrettung niedergeschrieben", erklärt Bohmbusch, im normalen Leben Polizeisprecher und Hauptkommissar. "Der Träger ist das Land. Wir sind die Beauftragten. Zudem besteht unsere weitere Aufgabe im Katastrophenschutz. Die DLRG Horneburg hat bereits seit den Sechzigerjahren einen Wasserrettungszug von 50 Mann und kommt zusammen mit anderen Ortsverbänden sowohl in unserem Einzugsbereich als auch überregional zum Einsatz. Einen unserer größten Einsätze hatten wir zum Beispiel beim letzten großen Elbhochwasser."
AUF UND NEBEN DER ELBE FLEXIBLE FAHRZEUGE NÖTIG
Elbe ist ein gutes Stichwort: Die Horneburger Truppe hat unter anderem rund 80 Flusskilometer zu betreuen. Für den Einsatz zu Wasser werden natürlich Boote benötigt, aber bei Hochwasser braucht es auch allradgetriebene, schlammtaugliche Landfahrzeuge, die flexibel einsetzbar sind. So einen Alleskönner hat die DLRG Horneburg soeben in Dienst gestellt - und der technische Leiter, Thomas Wicher, ist mächtig stolz drauf. "Basis für den Dreiachser-Allrader ist ein Mercedes Actros der MP3-Generation", beschreibt Wicher sein neues Baby. Der 3341 basiert auf einem Kipper-Fahrgestell und verfügt neben einem 26-mt-Kran von Atlas über ein Hakengerät von Multilift. "Auf Einzelbereifung, wie sonst bei solchen Fahrzeugen üblich, haben wir bewusst verzichtet", erklärt Wicher, der im Berufsleben Serviceleiter einer Nutzfahrzeug-Werkstatt ist. "Ich habe in der Kundschaft ein ähnliches Fahrzeug mit Singlebereifung - und der fährt sich wie ein Schiff. Reicht ja, dass wir auf der Elbe schwimmen. Auf festem Bo-den wollte ich das mir und den Fahrern ersparen."
Auch wenn der DLRG-6x6 noch auf der alten Actros-Generation basiert, ist der Euro-5-Laster doch nagelneu - was man von Teilen des Aufbaus nicht sagen kann. "Bei Kran und Hakengerät besorgten wir uns gebrauchte Komponenten, die wir überarbeitet haben", erzählt Rainer Bohmbusch. "Zwar gab es Landesmittel, doch wir mussten 40.000 Euro Eigenmittel und einen hohen persönlichen Anteil investieren, um uns den Dreiachser leisten zu können."
ZUVERLÄSSIGE TECHNIK AUF BEWÄHRTER ACTROS-BASIS
Die DLRG-Truppe ist erfinderisch, wenn es darum geht, Geld aufzutreiben: "Einen Teil bekommen wir über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Einiges kommt zum Beispiel über Altkleidersammlungen. Und auch von Dreharbeiten, die wir im Auftrag des Fernsehens absichern, wie jüngst bei 'Morden im Norden', einer Vorabendserie im ZDF."
"Und viel entsteht in Eigenleistung", ergänzt Thomas Wicher. "In unserer Mannschaft finden sich Menschen ganz unterschiedlicher Begabung, und jeder bringt sich ein, wenn es darum geht, gebrauchte Technik zu überarbeiten - wie beim Aufbau unseres Actros. Zudem helfen uns Partner aus der Industrie." Konkret unterstützten Jörgen-Arne Fischer von Jumbo Fischer/Trux, der für den markanten Bullenfänger sorgte, sowie Hella, die eine umfangreiche Lichtzeichenanlage spendierten.
"Insgesamt dauerte die Projektierung sechs Jahre", resümiert Wicher. "Für den Aufbau, den wir komplett in Eigenregie erledigten, haben viele Kameraden Urlaub genommen. Von wegen Entspannen - das Ganze artete in Arbeit aus. Zum Schluss hin klotzten wir sechs Wochen lang sieben Tage die Woche hin, um das Fahrzeug so schnell wie möglich fertigzustellen."
Einer der ehrenamtlichen Aufbauer war Dirk Ehlers, Bootsführer und Kraftfahrer beim DLRG und im normalen Leben bei Jack Wolfskin mit der Instandhaltung der Produktionsanlagen beschäftigt. Er ist einer der stolzen Fahrer des 6x6. Bei einer kleinen, für den Reportagetermin anberaumten, Übung geht's mit einem der Boote im Schlepptau raus nach Lühe Samt.
DAS KLEINE BOOT TÄUSCHT. ES WIEGT FAST EINE TONNE
Beim Ankuppeln des Bootshängers hilft Dirks Frau, Barbara Ehlers. Auch sie ist als "Mädchen für alles", wie sie selbst sagt, schon lange beim DLRG. Kennengelernt haben sich die beiden allerdings nicht beim Rettungseinsatz, sondern am Arbeitsplatz.
Im Hafengelände angekommen, geht alles routiniert schnell. Stützen ausfahren und Fahrzeug absichern. Weil der Kran mit großer Auslage arbeitet, rüsten Thomas Wicher und Dirk Ehlers ihn mit einer speziellen Vorrichtung zur Seilführung aus. Wenige Minuten später schwebt das DLRG-Boot über der Kaimauer, fertig zum Einsatz. Ebenso zügig wird das Schiffchen wieder eingebracht und der Actros abgerüstet. Auf einem kleinen Trip zum Elbufer demonstriert Dirk Ehlers, dass der Dreiachser trotz ausladender Dimensionen durchaus behände durch die enge Zufahrt wuselt.
Ganz bewusst hat sich Thomas Wicher bei der Bestellung für eine Telligent-Schaltung mit Kupplungspedal entschieden. "Ich habe da auf meine Kipper-Kundschaft gehört. Das bringt Vorteile, wenn man mit eingeschaltetem Nebenabtrieb das Fahrzeug versetzen muss. Zudem hat sich schon bewahrheitet, dass ein Kupplungspedal unter schwierigen Bedingungen im Allradeinsatz Vorteile bringt!"
Bislang blieben dem 3341 und seiner Mannschaft der ganz große Rettungseinsatz "vorenthalten", was in diesem Fall ja eine gute Nachricht ist. Trotzdem hat man irgendwie das Gefühl, als würden die Horneburger nur darauf warten, dass was passiert. Es steckt so viel Arbeit und Enthusiasmus in dem Allrad-Benz, dass man gerne zeigen würde, dass sich all der Aufwand wirklich gelohnt hat.