Das Landgericht München muss den größten Schadenersatzprozess gegen ein Lkw-Kartell möglicherweise neu aufrollen. Die Käufer von 70.000 angeblich überteuert verkauften Lastwagen fordern von MAN, Daimler, Iveco und Volvo/Renault 500 Millionen Euro Schadenersatz, waren in erster Instanz aber gescheitert: Das Landgericht hatte die Sammelklage des Rechtsdienstleisters Financialright Claims als teils unzulässig, teils unbegründet abgewiesen. Das Oberlandesgericht kam im Berufungsverfahren am Donnerstag, 5. Oktober, zu einer anderen Bewertung.
Nach vorläufiger Einschätzung des Senats sei das Urteil der ersten Instanz aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Müller. Viele Fragen seien offen, der Fall sei noch nicht entscheidungsreif. Wann das OLG abschließend entscheidet, war zunächst nicht absehbar.
Die Abtretung der Schadenersatzforderungen an den Inkasso- und Rechtsdienstleister Financialright Claims sei nach vorläufiger Einschätzung des Senats jedenfalls rechtens. Die Bündelung der Ansprüche sei zulässig. Financialright Claims tritt als alleiniger Kläger auf und bekommt im Erfolgsfall 33 Prozent Provision.
Auch die vom Landgericht angenommene Unbestimmtheit der Klage liege nicht oder nach Korrekturen nicht mehr vor, sagte der Senatsvorsitzende. Vom Landgericht als unzulässig zurückgewiesene Anträge seien nach vorläufiger Einschätzung des Senats hinreichend bestimmt.
Kläger-Anwalt Alex Petrasincu äußerte sich erfreut. Die Einschätzung des OLG sei im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Die EU-Kommission hatte gegen DAF, Daimler, Iveco, Scania und Volvo/Renault ein Bußgeld von fast vier Milliarden Euro wegen Kartellverstößen verhängt. Die Lkw-Konzerne hatten von 1997 bis 2011 Verkaufspreise ausgetauscht. MAN war als Kronzeuge straffrei ausgegangen.