Alkohol gehört für viele zum Alltag, ob beim Fußballabend, Grillfest, Betriebs- oder Familienfeier. Und das Feierabendbier ist manchen so Gewohnheit wie der Griff zur TV-Tastatur. Beschäftigt man sich aber einmal etwas intensiver mit dem Thema Alkohol, so zeigt sich schnell dessen Kehrseite. Denn Alkohol ist eine Droge. Zigtausende kostet er das Leben, weil sie irgendwie, irgendwann die Kontrolle darüber verloren haben.
"Alkohol wird in unserer Gesellschaft noch immer verharmlost", warnt Professor Dr. Elisabeth Pott von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). "Deshalb müssen wir ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Alkohol ein Suchtmittel ist und nicht bedenkenlos konsumiert werden kann." Die BZgA schätzt, dass ungefähr 7,4 Millionen Erwachsene in Deutschland zu viel trinken, rund 1,7 Millionen gelten als abhängig. Laut AOK-Fehlzeitenreport hatte das 2012 unter anderem 1,06 Millionen Fehltage am Arbeitsplatz zur Folge. Wer aus Suchtgründen arbeitsunfähig geschrieben ist, fehlt dreimal so lange wie der Durchschnitt.
Es kann nichts schaden, ab und zu den eigenen Umgang mit Alkohol zu überprüfen. Für einen ersten Check kann man sich daran orientieren, was nach dem Stand der Wissenschaft noch als gesundheitlich unbedenklich gilt: Für einen erwachsenen Mann wären das etwa 24 Gramm Reinalkohol (das entspricht zwei kleinen Bieren) an bis zu fünf Tagen pro Woche. Für Frauen gilt die halbe Menge.
Alles, was darüber liegt, ist riskant und kann auf Dauer zu gesundheitlichen Schäden führen, denn Alkohol ist ein Zellgift, das schnell in den Blutkreislauf gelangt. Der größte Teil, wird über die Wände des Dünndarms aufgenommen; auch über den Magen und die Mundschleimhaut. Überhöhter Alkoholkonsum kann schwere Krankheiten zur Folge haben, die häufigsten sind Schädigungen des Gehirns, Herzmuskel- und Krebserkrankungen wie Mundhöhlen- oder Speiseröhrenkrebs sowie Leberzirrhose. Jährlich sterben in Deutschland bis zu 74.000 Frauen und Männer an den Folgen ihres Alkoholkonsums oder an den Folgen einer Kombination aus Alkohol- und Tabakkonsum.
ZU VIELE NEHMEN TROTZDEM AM STRASSENVERKEHR TEIL
Alkohol und Autofahren? Das passt nicht zusammen. Dennoch waren 2013 im Verkehrszentralregister Flensburg 1,4 Millionen Personen wegen eines Alkoholdelikts eingetragen, darunter 162.000 Frauen. Höhere Maßstäbe werden dabei noch bei Berufskraftfahrern gesetzt. Erst kürzlich hat ein Gericht bestätigt: Um die Risiken einer Alkoholfahrt weiß besonders derjenige, der täglich Kilometer schrubbt, dessen Existenz von seiner Fahrtüchtigkeit abhängt, der mit seinem Fahrzeug für sich und andere ein besonderes Risiko darstellen könnte.
Wer einen Blick in Polizeiakten wirft, kann es deshalb kaum glauben: Jede Woche aufs Neue werden bei Kontrollen auch alkoholisierte Berufskraftfahrer aus dem Verkehr gezogen. Nur einige Beispiele:
- 11.10.2013, 11.45 Uhr, A1 bei Bremen: Ein 45-Jähriger wird mit 2,7 Promille gestoppt, nachdem eine Tankstellen-Angestellte auf seine Alkoholfahne aufmerksam geworden war und die Polizei rief. Der Sattelzug wird sichergestellt.
- 19.11.2013, 16.30 Uhr, Visselhövede: Ein Fahrer mit Klein-LKW und 1,3 Promille Atemalkohol.
- 30.1.2014, 0.30 Uhr, Wilhelmshaven: Ein 38-Jähriger zeigt eine Atemalkoholkonzentration von 1,14 Promille. Das Strafverfahren läuft.
- 8.2.2014, 18.00 Uhr, Neu-Ulm: Ein 44-Jähriger mit deutlichem Atemalkohol muss seinen LKW stehenlassen. Bußgeld, Fahrverbot.
- 16.1.2014, gegen Mitternacht bei Bischofshofen: Ein Sattelzug versperrt schräg geparkt das Ortszentrum, der Fahrer schläft. Der 54-Jährige hat 1,89 Promille.
Sicher kann man LKW-Fahrer nicht über einen Kamm scheren. Hunderttausende sind täglich auf den Straßen unterwegs, ohne einen Tropfen Alkohol angerührt zu haben. Doch 2012 wurden immerhin 393 alkoholisierte LKW-Fahrer in einen Unfall mit Personenschaden verwickelt; jeden Tag einer (s. Kasten oben). Andere hatten vielleicht nur Glück und kamen heil ans Ziel.
SCHON AB 0,2 PROMILLE EINE HÖHERE RISIKOBEREITSCHAFT
Der immer wieder gleiche Fehler und Teufelskreis ist, dass Alkohol stimuliert - und der Alkoholisierte nun erst recht glaubt, er sei für seine Aufgabe noch tüchtig genug. Besonders viele junge "Draufgänger" erliegen diesem Trugschluss; jedes Wochenende wieder passieren die furchtbaren "Disco-Unfälle". Die Auswirkungen von Alkohol auf die Fahrtüchtigkeit wird unterschätzt. Dabei ist es beim heutigen Verkehrsaufkommen schon in nüchternem Zustand eine Herausforderung, stets angemessen und schnell genug zu reagieren.
Alkohol ist heimtückisch: Er lässt den Verkehrsteilnehmer vermeintlich zu Superman werden. Schon ab 0,2 Promille steigt mit der guten Laune die Risikobereitschaft. Ab 0,5 Promille neigt der Alkoholisierte definitiv zur Selbstüberschätzung, er wird redselig und enthemmter, er kann jetzt seine Geschwindigkeit nicht mehr richtig einschätzen und reagiert langsamer als sonst. Die auf ihn einprasselnden Eindrücke und Informationen kann er nun nicht mehr schnell genug verarbeiten.
Sind 0,8 Promille überschritten, wird es noch gefährlicher: Der Alkoholisierte hat Konzentrationsprobleme wie nach einer durchwachten Nacht, die Reaktionsgeschwindigkeit ist deutlich herabgesetzt, es treten Ermüdungserscheinungen auf. Die Gefahr, einen Unfall zu bauen, ist jetzt fast zehnmal höher als nüchtern.
WEDER KAFFEE NOCH PILLEN KÖNNEN ALKOHOL ABBAUEN
Unterschätzt wird oft auch das Problem Restalkohol. Pro Stunde baut die Leber eines gesunden Menschen ca. 0,1 bis 0,15 Promille ab. Und sie lässt sich dabei nicht beeinflussen: Es hilft zum Beispiel nichts, besonders viel zu essen, denn die Alkoholmenge reduziert sich deshalb nicht, sondern wird nur etwas verzögert aufgenommen. Das Gleiche gilt für Kaffee, für irgendwelche Wunderpillen und auch für Energy Drinks. Deren aufputschende Inhaltsstoffe wie Taurin, Guarana oder Insuit überdecken nur die dämmende Wirkung des Alkohols und suggerieren eine "falsche" Wachheit und Fitness.
PROMILLERECHNER MEIST NICHT ABSOLUT VERLÄSSLICH
Mit Skepsis zu betrachten sind in punkto Fahrtüchtigkeit die angepriesenen Promilletester. Ihre Technik ist nicht so ausgereift, dass man sich auf sie verlassen könnte. Besser funktionieren Online-Promillerechner, wie sie etwa die BZgA auf ihrer Website anbietet. Man gibt Körpergröße, Gewicht und Trinkmenge ein. Der Rechner weiß trotzdem nicht, ob man fahren kann. Ist man gesund oder krank? Ausgeschlafen oder müde?
Zu bedenken ist grundsätzlich: Die 0,5-Promillegrenze ist "weich". Passiert ein Unfall und ist Alkohol im Spiel, drohen alle rechtlichen Konsequenzen (Geldstrafe, Entzug der Fahrerlaubnis etc.) - auch bei einem geringeren Wert.