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Supertest Iveco Stralis: Zu voller Form

16.01.2014 08:00 Uhr
Supertest Iveco Stralis: Zu voller Form
Mit Referenz-LKW getestet: Iveco Stralis Hi-Way
© Foto: Karel Sefrna

Weil Iveco bei der Fertigungsqualität nachlegte und das SCR-System optimierte, kann der Stralis Hi-Way im TRUCKER-Test überraschend glänzen.

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Als Iveco seine Lösung für Euro 6 erstmals vorstellte, standen die Italiener mit "SCR only" ohne Abgasrückführung noch alleine da - und mancher Wettbewerber bezweifelte, dass das funktioniert. Mittlerweile geht zumindest Scania bei der 410-PS-Version des 13-Liter-Sechszylinders den gleichen (Ein)Weg. Und die Schweden erzielten damit, wie im letzten TRUCKER zu lesen, Top-Verbrauchswerte.

Das war Iveco trotz der Vorreiterrolle in punkto "nur SCR" nicht vergönnt. Beim Euro Truck Test (Heft 11/2013) leistete sich der Stralis Hi-Way noch Schwächen beim Verbrauch - vor allem aber der Qualität. Das wird besser, gelobte die Iveco Magirus AG in München und präsentierte ein neuestes Modell aus der optimierten Fertigung in Madrid. Dort wurde kräftig investiert, um den guten Ruf der einst in Ulm gefertigten Stralis nicht in Misskredit zu bringen. Erster Eindruck: Der Aufwand hat sich gelohnt, das Testfahrzeug machte einen sehr guten Anschein.

DAS GESAMTPAKET DES HI-WAY KENNT MAN SCHON VOM VORGÄNGER

Generell übernehmen die neuen Euro-6-Modelle das Konzept der bereits in Euro 5 vorgestellten "Eco Stralis": Vollverkleidung, optimiertes Motor- und Getriebemanagement, eine längere Hinterachse und eine - freiwillige - auf 85 km/h reduzierte Maximalgeschwindigkeit reduzieren Verbrauch und damit CO2-Emissionen. Diese Zutaten, mit Ausnahme des Tempobegrenzers, finden sich auch im aktuellen Test-LKW, einem Stralis 440 S 46 Hi-Way Euro 6.

Der muss sich neben den jüngsten Wettbewerbern vor allem an zwei Vorgängern messen lassen, die bereits den TRUCKER-Supertest absolvierten: Ein Euro-5-Stralis in Eco-Konfiguration, der trotz 460 PS eher langsam unterwegs war. Sowie der jüngst im Euro Truck Test geprüfte Euro-6-Stralis, der relativ viel Adblue konsumierte.

Gemessen an diesen beiden zeigt sich der aktuelle Hi-Way von seiner besten Seite. Trotz "langer" 2,64er-Hinterachse und entsprechend niedrigem Drehzahlniveau hängt der Iveco gut am Gas und überzeugt auch bei wenig Touren mit hohem Drehmoment. Es scheint fast, als hätte die Optimierung des SCR-Systems gegenüber den ersten Euro-6-Modellen auch zu einer Verbesserung der Motorcharakteristik beigetragen. Im Vergleich zum Euro-5-Motor, noch auf Basis des 10,3 Liter großen Cursor 10, hat der Cursor 11 (11,1, l) jetzt mit 2150 ein Plus von 50 Nm beim maximalen Drehmoment. Das hört sich zunächst nach nicht viel an. Weil aber der dafür nutzbare Drehzahlbereich von früher 1050 auf jetzt 950 Touren erweitert wurde, präsentiert sich der Motor spürbar erstarkt.

Mit nur elf Liter Hubraum favorisieren die Italiener einen kleinvolumigen Motor mit hoher spezifischer Leistung. Alle anderen Hersteller setzten bei 460 PS ausnahmslos auf 13-Liter-Triebwerke. Man muss dem Cursor-Sechszylinder trotz der vermutlich höheren Bauteilbelastung hohe Standfestigkeit bescheinigen - die Rückmeldungen aus der Praxis belegen hohe Kilometer-Leistungen, bis in den siebenstelligen Bereich ohne nennenswerte Defekte.

Nicht nur bei den möglichen Laufleistungen merkt man dem von einer Common-Rail-Einspritzung befeuerten und via variablem Turbolader beatmeten Vierventiler das Hubraummanko nicht an. Ab 900 Touren legt er ordentlich und gleichmäßig zu, läuft leise, vibrationsarm und bietet ein weit nutzbares Drehzahlband. Trotz seiner Drehfreudigkeit sind aber nicht einmal in den Bergwertungen mehr als 1500 Touren nötig. Wie hubraumgrößere Motoren stampft der Cursor 11 auch noch mit 1200 Umdrehungen Richtung Kuppe.

Im Gegensatz zu den ersten Euro-6-Triebwerken zeigt sich der Adblue-Durst des neuesten Modells deutlich gezügelt. Lag der Konsum der Harnstofflösung zu Beginn bei fast acht Prozent, führten entsprechende Optimierungen zu jetzt 6,5 Prozent. Nicht zu vergessen, verbraucht das aktuelle Testfahrzeug bei annähernd gleichem Tempo auch noch fast einen Liter Diesel pro 100 km weniger (Detailergebnisse S. 27) als zur Markteinführung. Damit liegt der Hi-Way unter den Top-Five des TRUCKER-Rankings zum "Green Truck" für besonders ökonomische und ökologische Nutzfahrzeuge!

Nicht nur motorisch hat Iveco nachgelegt. Mit der so genannten Speed-Shift-Funktion wechselt der Stralis die Gänge 12, 11 und 10 schneller, ohne dabei merklich an Schaltkomfort einzubüßen. Damit dürfte dem Entwickler-Duo ZF und Iveco ein erfolgreicher Zwischenschritt zum Doppelkupplungsgetriebe gelungen sein. Manuelle Eingriffe sind meist überflüssig, feinfühlige Rangierfunktionen - aktiviert durch längeres Drücken der leider weit weg positionierten Schaltprogrammtaster - unterstützen den Fahrer. Die Schaltgeschwindigkeit des Stralis liegt etwas niedriger als bei Volvo oder Scania. Weil aber der VGT-Lader sofort wieder Druck aufbaut, gibt es selbst bei Gangwechseln in Steigungen keine Probleme. Der kräftige Motor könnte meist sogar mehr, als ihm die Getriebesteuerung zutraut. Am Berg etwas später zurück-, an der Kuppe etwas früher hochzuschalten, würde noch ein paar Zehntel Liter Diesel sparen. Leider bietet Iveco noch keine Eco-Roll-Funktion an. Auch das würde den Verbrauch noch ein wenig reduzieren - speziell auf Rolletappen.

Die Kupplung arbeitet im Test-Stralis ohne Rucken und Rutschen. Beim Beschleunigen bringen manuelle Eingriffe des Fahrers leichte Vorteile. Währen der "Automat" in der kleinen Gruppe bis zu drei Gangsprünge macht, schaltet er in der großen Gruppe Gang für Gang. Auch da hätte der Motor - wenn er nur ein wenig höher drehen würde - ausreichend Reserven, um selbst bei 40 Tonnen Sprünge von sieben auf neun oder zehn auf zwölf zu verkraften. Manuelle Schalteingriffe sind generell allenfalls auf der Landstraße nötig. Dort etwa verharrt das Schaltprogramm auch bei 70 km/h stur im elften Gang. Hier würde aber problemlos der Zwölfte funktionieren. Schaltet der Fahrer manuell hoch, verharrt die AS-Tronic dann auch im obersten Gang, was ein Indiz für den durchaus kräftigen Motor ist.

FAHRWERK UND LENKUNG SIND BESSER ALS BEI MANCHER NEUENTWICKLUNG

Der Stralis Hi-Way glänzt in jeder Beladungssituation mit sehr hohem Federungskomfort bei gleichzeitig straffer Fahrwerksauslegung. Fahrzeug- und Kabinenfederung harmonieren gut. Auch mit leerem Trailer arbeitet die Vierbalg-Luftfederung an der Hinterachse geschmeidig. Im Gegensatz zu früher neigt auch die ansonsten für ihre Härte bekannte Einblatt-Parabelfeder an der Vorderachse nicht mehr zum Trampeln. Selbst die berüchtigte A 93 mit ihren zahlreichen Querfugen bringt keine Unruhe ins Fahrwerk. Ganz im Gegenteil filtert die Radaufhängung die Unzulänglichkeiten der Oberfläche weg, das Lenkrad liegt ruhig in der Fahrerhand. Die Lenkung selbst arbeitet ausreichend leichtgängig, bietet aber trotzdem hohe Präzision.

Trotz leistungsfähiger Turbo-Motorbremse raten wir zum ZF-Intarder. Der erhöht den Fahrkomfort enorm und bremst den Zug zuverlässig bei 90 km/h ein. Frühere Unzulänglichkeiten bei der Einbindung der verschleißlosen Bremse in den Bremstempomaten hat Iveco inzwischen beseitigt. Leider ist das Intervall mit "plus 5 km/h" noch immer fix.

Der Iveco gibt sich ansonsten übersichtlich und bietet dem Fahrer als einer der Wenigen eine elektrische Verstellung aller Außenspiegel. Leider fallen die Hauptspiegel klein aus. Die im Test-LKW installierten Assistenzsysteme - Spurbindung und Abstandstempomat - arbeiten zufriedenstellend. Den bald vorgeschriebenen Notbremsassistent besaß das Testfahrzeug noch nicht.

DER STRALIS HI-WAY: EIN KOMFORT-LASTER FÜR DIE GROSSE TOUR

Beim Fahren zeigt sich der Iveco ruhig und ohne Windgeräusche. Das hochfrequente Singen des Vorgängermotors ist verschwunden. So leise wie ein DAF oder Scania ist er nicht, aber leiser als zum Beispiel ein neuer Actros. Die im Test-LKW verbaute, optionale Klimaautomatik arbeitet ohne Beanstandung. Das Interieur wirkt durch die braunen Bezugsstoffe der Sitze jetzt freundlich und aufgeräumt. Die Verarbeitung wirkt bei den aktuellen Modellen sehr solide. Generell wird man kaum einen LKW finden, der fürs gleiche Geld mehr bietet.

In der Endabrechnung sammelt der Stralis 440 S 46 Hi-Way unauffällig so viele Punkte, dass er sich im TRUCKER-Ranking mit einem "exzellent" an die Spitze der Fahrzeugwertung setzt. Bleibt - vor allem für die Käufer der ersten Serie - die Frage: Warum nicht gleich so?

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