Da kann schon Enttäuschung aufkommen: Nach der Ankündigung des Chefs: "Du bekommst einen neuen Scania", hatte man auf ein R- oder gar ein S-Modell des schwedischen Herstellers gehofft. Doch nun steht mit dem G Highline die kleinere Variante auf dem Hof, mit welcher die Schweden hauptsächlich schwere Verteilerverkehre und große Flotten im Visier haben. Aber werden G-Chauffeure zu Greif-Fahrern zweiter Klasse degradiert oder kann man sich mit dem "Kleinen" arrangieren?
NIEDRIGERER EINSTIEG, ABER AUCH EIN HÖHERER MOTORTUNNEL
Es kommt wie immer darauf an, wofür man ihn einsetzt. Von seinen größeren Brüdern R und S unterscheidet sich der G durch seine niedriger montierte Kabine. Im schweren Verteilereinsatz, wo oft aus- und eingestiegen wird, bringt das den Vorteil von einer Einstiegsstufe weniger, im Fernverkehr den Nachteil eines höheren Motortunnels, der 33 Zentimeter in die Kabine ragt.
Platz nach oben, in Zahlen bis zu 2,03 Meter, schafft beim Testwagen das Highline-Hochdach, das auch beim G die größtmögliche Kabinenvariante stellt. Das Hochdach ist übrigens identisch mit dem für R und S, weshalb auch die Staufächer oberhalb der Frontscheibe gleich sind und für diese Fahrzeugklasse viel Platz bieten.
Doch der Reihe nach: Über vier Scania-typisch treppenförmig angeordnete Stufen gelingt der Einstieg in den G komfortabel. Die Fahrertür "ploppt" wie bei allen Scania der neuen Baureihe wertig ins Schloss. Auch das Armaturenbrett ist bekannt aus R und S, das Scania-Baukastenprinzip macht es möglich. Bedienung und Haptik der Schalter und Materialien sind vorbildlich, auch hier macht der G keine Ausnahme.
Hinter den Sitzen muss sich der Fahrer ebenfalls nicht in Verzicht üben, der G bietet das gleiche Bett wie R und S. Um dessen volle Breite zu nutzen, wird aber der umständliche Umbau mit Vorklappen der Sitzlehnen und Bettauszug Pflicht. Unter der Schlafstatt findet sich ausziehbar der Kühlschrank, der nun endlich auch in den G-Modellen geräumig ausfällt.
Steht er in seiner Ruhestellung unter dem Bett, gelingt der Übergang zur Beifahrerseite trotz des Motortunnels passabel. Aufrecht darauf stehen können aber selbst normal Gewachsene nur, wenn sie die Dachluke öffnen.
STATT MANUELLES GETRIEBE BESSER MIT OPTICRUISE-SCHALTAUTOMAT
Eine Spur lauter als in den größeren Scania ist der DC-13-Sechszylinder im G vernehmbar, hier in der Leistungseinstellung mit 410 PS. Eine Kombination, zu der auch viele Käufer greifen werden. Dann allerdings mit dem automatisierten Getriebe Opticruise, im Testfahrzeug besorgte dagegen die von Scania selbst entwickelte manuelle Zwölfgang-Box die Verteilung der Antriebskraft. Dessen Schalthebel lässt sich zwar präzise und leichtgängig durch die Gassen führen, trotzdem empfinden wir es als nicht mehr zeitgemäß und lästig, ständig den linken Fuß und den rechten Arm bemühen zu müssen.
Mit den 410 PS und den 2150 Newtonmeter Drehmoment lässt es sich dagegen gut leben, vor allem, wenn man im Verteilerverkehr nur kurzzeitig mit 40 Tonnen unterwegs ist. Das Common-Rail-Aggregat fühlt sich auch bei 800/min wohl, ohne nennenswerte Vibrationen zu entwickeln. Da stört es schon eher, dass die niedrig montierte G-Kabine in Kurven stark ins Wanken gerät.
Ein Makel, den aber auch die größeren Scania aufweisen. Deshalb ist der kleine Greif auch für den Fahrer eine gute Wahl - sofern er denn richtig eingesetzt wird, sprich im nationalen Verkehr mit gelegentlichen Übernachtungen.