Edel tritt er auf, der Antos 1827: Die polierten Alus und der Farbton "Veilchenblau-Metallic" machen aus einem schnöden Verteilerkoffer einen kleinen Hingucker.
Wobei "klein" hier nicht zutrifft: Der Antos bildet den Einstieg in Daimlers schwere Verteilerwelt und fährt sich ganz anders als der knapp darunter rangierende Atego 1530 (TRUCKER 6/2015). Vom niedrigen dreistufigen Einstieg und der etwas kurzen S-Kabine darf man sich nicht täuschen lassen: Der 1827 ist viel mehr Actros als Atego!
Das beginnt beim großen Multifunktionsschlüssel und geht weiter über die zahlreichen optionalen Assistenten bis hin zum schweren Rahmen. Mit 9,4 Tonnen Nutzlast übertrifft er den Atego 1530 um 1300 Kilogramm und schleppt zur Not auch einen 18-Tonnen-Anhänger weg, womit er dann aber schnell an die Grenzen seiner Fähigkeiten kommt.
UNTERSCHÄTZT: POWERSHIFT TRAUT DEM MOTOR VIEL ZU WENIG ZU
Denn schon leichtere Landstraßensteigungen genügen, um Powershift hektisch herunterschalten zu lassen, obwohl der Blaumann die eine oder andere Kuppe noch locker mit niedrigerer Drehzahl "überrollt" hätte. Was durch Ecoroll unterstützt wird: Nimmt man den Fuß längere Zeit vom Gas, wirft der Vorführer sogar an einer ganz leichten Steigung den Gang heraus und lässt rollen. Sobald man die Motorbremse aktiviert oder verzögert, kuppelt er wieder ein und schaltet bei Bedarf zurück. Hier beweist Daimler einmal mehr seine hohe Softwarekompetenz.
Die traut dem 7,7-Liter-Motörchen aber weniger zu als der Fahrer: In schwererem Geläuf muss der OM 936 schon ein bisschen ackern. 1100 Newtonmeter Drehmoment ab 1200 Touren gelten in dieser Klasse eher als bescheiden. Entsprechend früh schaltet er an Steigungen zurück und spät wieder hoch. Deshalb greift man vergleichsweise oft manuell ein, obwohl der Antos mit Neigungs- und Gierwinkelsensor zahlreiche "Zuflüsterer" an Bord hat.
Leichtes Lupfen des Gaspedals zum Hochschalten negiert der Antos im Gegensatz zu seinen schwereren Brüdern gern oder reagiert nur zögerlich. Diese kleine Schwäche fiel auch beim Antos 1830 schon auf, weshalb PPC bei den schwächer motorisierten Modellen mehr Ruhe in die Verteilertour bringen könnte - erst recht, wenn man mit schwerem Anhänger unterwegs ist. Leider ist es weder für Geld noch für gute Worte zu haben. Zum Verzögern reicht die Standard-Motorbremse, zumal sich der schicke, blaue Antos optional mit diversen elektronischen Helferlein aufrüsten lässt, etwa dem Abstandstempomat, "Attention Assist" oder "Brake Assist 3". Und sollte es trotzdem krachen, kommt optional ein Airbag aus dem Lenkrad.
DIE LENKUNG FINDET DIE SYNTHESE AUS EXAKT- UND STRAFFHEIT
Man ist also auf jeden Fall auf der sicheren Seite unterwegs. Sowohl Dauer- als auch Betriebsbremsen lassen sich fein dosieren und die Lenkung findet den perfekten Kompromiss aus Exaktheit und Strenge, ohne sich von schlechten Straßen beeindrucken zu lassen. Hier tat Daimler mit der neuen Fahrzeuggeneration einen Riesenschritt.
Nicht so groß fiel der bei der Federung aus: Hier reagiert der 1827 an den Vorderhufen eher trampelig und gibt Fahrbahnunebenheiten nur wenig gefiltert an den Fahrer weiter, während die Hinterachse deutlich souveräner agiert. Souverän kann man auch die Kabine samt Komfortbestuhlung ausstatten.
Der "Blaumann" wandelt zwischen den Welten: Es tritt so gewichtig auf wie die Großen und lässt sich ähnlich üppig ausstatten. Nur in Sachen Motor und Federung bleibt er dann doch eher Geselle als Meister.