Die letztes Jahr erfolgte Überarbeitung des Eurocargo scheinen die Iveco-Designer mit guter Laune angegangen zu haben. Zauberten sie der Verteilerbaureihe doch ein Lächeln in den Kühlergrill. Das soll bei Passanten und anderen Verkehrsteilnehmern positive Lkw-Assoziationen wecken. Und natürlich sollen auch Fahrer und Eigner angesichts der Eurocargo-Qualitäten ins Grinsen kommen, verspricht der Hersteller.
Im Fall des Testwagens könnte das zutreffen. Schließlich werkelt bei dem 15-Tonner der 6,7 Liter große Tector 7 in seiner zweitstärksten Ausführung unter der Kabine. 280 PS und 1000 Newtonmeter Drehmoment bieten auch voll ausgeladen souveräne Fahrleistungen. Eine nutzbare Leistung, in Zahlen ausgedrückt von 725 Newtonmeter und knapp 180 PS, liefert der laufruhige Sechszylinder schon ab 1000/min, 250 Touren später liegt dann das volle Drehmoment an. Womit sich dieser Eurocargo eigentlich für schwerere Aufgaben empfiehlt. Weshalb er auch, sicher nicht zufällig, die Vorbereitung für eine Anhängerkupplung trägt.
15 TONNEN SIND FÜR DEN TECTOR 7 KEINE AUFGABE
Mit Trailer wären bis zu 35 Tonnen Gesamtzuggewicht drin, die den Sechszylinder aber an seine Grenzen treiben dürften. Solo lädt die hohe Elastizität dagegen zum souveränen Surfen auf der Drehmomentwelle ein.
Ebenfalls aus dem Vollen schöpfte Iveco beim Getriebe und spendierte die AS-Tronic mit zwölf Fahrstufen, bekannt aus dem noch aktuellen Stralis. Anders als in dem präsentiert sich die ZF-Box im Eurocargo aber nicht ganz so sorgfältig abgestimmt. Zwar wechselt sie ihre Gangstufen sauber und in passablem Tempo, die oben angesprochene Einladung des Motors zu einer niedertourigen Fahrweise nutzt sie aber nicht immer konsequent. An Steigungen lässt die Software die Drehzahl lediglich im höchsten Gang auf 1100 Touren fallen, bevor sie zurückstuft. Zeichnet sich dann ab, dass das nicht genügen wird, um die Kuppe zu erreichen, wird's hektisch und die folgenden Rückschaltungen werden schon bei 1400/min eingeleitet. So erklimmt man steile Stiche eigentlich immer eine Fahrstufe niedriger als nötig - bei entsprechend hohem Drehzahlniveau, das der Automat zudem mitunter bis hinter der Kuppe beibehält.
Ebenfalls nicht immer gleich das Richtige anzufangen weiß die Schaltung mit Gaspedalbefehlen. Lupft man beispielsweise nach dem Beschleunigen das Pedal, verharrt das Getriebe eine gefühlte kleine Ewigkeit im niedrigeren Gang, bevor es hochstuft. Hier, wie auch an Steigungen, empfiehlt es sich deshalb, per rechtem Lenkstockhebel unterstützend einzugreifen.
DIE 160-PS-MOTORBREMSE VERZÖGERT PASSABEL
Gleiches gilt bergab, denn den 160 PS der einstufigen Auspuffklappenbremse sind natürliche Grenzen gesetzt. Bedient man sich aber eines Tricks und zieht nach dem Aktivieren der Motorbremse (ebenfalls wie beim Stralis per rechtem Lenkstockhebel) diesen zusätzlich nach hinten, stuft die AS-Tronic automatisch in den Gang mit der höchsten Bremsleistung herunter. Mit dieser vorausschauenden Bremsstrategie ließen sich die Gefälle der Teststrecke mit gelegentlichen Beibremsungen in legalen Geschwindigkeitsfenstern bewältigen.
In der Ebene benötigt die AS-Tronic dagegen keine Hilfe. Brav wechselt sie beim (per 3,73er-Hinterachse übersetzten) Testwagen bei 65-km/h-Landstraßentempo umgehend in den 12. Gang und dank des - in dieser Fahrzeugklasse längst noch nicht selbstverständlichen Eco-Roll-Modus (nur bei aktiviertem Tempomaten) - lässt sich der Schwung der 15 Tonnen schweren Fuhre gut mitnehmen.
SPORTLICH ABGESTIMMTES FAHRWERK UND LENKUNG
Was auch Fahrwerk und Lenkung unterstützen. Beides erweist sich im Eurocargo als gut und nach italienischer Sportwagen-Philosophie abgestimmt. Soll heißen: Mit der angenehm direkt ausgelegten, hydraulisch unterstützten Steuerung lässt sich der 15-Tonner sportlich in Kurven dirigieren. Die dabei auftretenden Fliehkräfte absorbiert das Fahrwerk problemlos, ohne dass der Fahrer Einbußen beim Federungskomfort hinnehmen müsste. Auch vom Rahmen sind keinerlei Verwindungen zu spüren, hier hat Iveco im Lauf der Überarbeitung noch mal Hand angelegt.
Diese solide Bauart rächt sich allerdings beim Gewicht: Knapp 7,1 Tonnen brachte der Testwagen inklusive Spier-43-Kubik-Kofferaufbau und 1500-Kilo-Hebebühne von Bär auf die Waage. Über 200 Kilo mehr als der im letzten Jahr getestete Mercedes Atego 1530 (siehe TRUCKER 6/2015), der mit langer Hochdachkabine zum Test antrat. Wobei der Daimler-Verteiler auch ohne die nicht zu den Leichtgewichten der Klasse zählt. Hier würde der Griff zum leichteren Tector-5-Vierzylinder, immerhin auch bis zu 210 PS stark, einige Zentner sparen.
In puncto Verbrauch muss der Italiener den Vergleich dagegen keinesfalls scheuen. 19,8 l/100 km auf unserer gemischten Verteilerrunde gehen für das Vorantreiben der exakt 14.490 Kilo schweren Fuhre völlig in Ordnung. Zuzüglich 0,93 l/100 km AdBlue für die Euro-6-konforme Abgasreinigung.
Zusätzliche Motivation für eine verbrauchsgünstige Fahrweise liefert das nun auch für den Eurocargo bestellbare Fahrerbewertungsmodul Driver-Coach, sofern der Chef das DriverLinc-Flottenmanagementsystem (im Testwagen vorhanden) mitbestellt hat. Wir jedenfalls entwickelten gewissen Ehrgeiz, eine möglichst grüne Bewertung einzufahren. Und freuten uns des gelegentlichen Lobes, das auf dem Display beispielsweise für ökonomisches Beschleunigen oder lang ausgenutzte Rollphasen aufblinkte. Zusätzlich spiegelt das in Zusammenarbeit mit dem Navi-Hersteller TomTom realisierte DriverLinc die Tachodaten auf den Bildschirm, informiert über eingehende Transportaufträge und übernimmt die Navigation zum Ziel.
MITBESTELLEN: DEN KOMFORTABLEN KLIMASITZ
Zudem bot der Testwagen weitere Annehmlichkeiten, die der Chef auf dem Bestellformular ankreuzen sollte, wie die große Staubox rechts vom Fahrer, die Frachtpapiere und persönliche Dinge gleichermaßen aufnimmt. Oder das Multifunktionslenkrad (vom Stralis), über das sich Bordcomputer und Telefon steuern lassen. Doch vor allem sollte man sich den superbequemen klimatisierten Komfortsitz gönnen. Allein der zaubert dem Fahrer schon ein Lächeln ins Gesicht.