Diesen Sattelzug darf man getrost als Exoten unter den Seltenen bezeichnen. Schließlich ist DAFs kleinste Lkw-Baureihe LF deutlich weniger oft im deutschen Straßenbild anzutreffen als ihre größeren Brüder CF und vor allem XF. Und in den seltensten Fällen ist der "Kleine" als Sattelzugmaschine ausgeführt.
In den Niederlanden, bekanntermaßen die DAF-Heimat, sieht die Sache anders aus. Nicht nur, dass der LF - auch wenn er in England vom Band läuft - dort allgegenwärtig ist. Ihn dort mit einem Auflieger zu kombinieren, ist nichts Ungewöhnliches. Zumal der kleine Holländer durchaus Reserven für den schweren Einsatz mitbringt. 253 PS leistet der PX-7- Sechszylinder in der für 21 Tonnen zugelassenen Test-Zugmaschine und das ist längst nicht die stärkste Einstellung des 6,7 Liter großen Aggregates, das bis maximal 314 PS und 1100 Newtonmeter Drehmoment hinaufreicht.
Für die anstehende Transportaufgabe tut's aber auch die zweitschwächste Version des PX-7. Exakt 7230 Kilogramm wiegt die elektrische Delotte-Gelenkhubarbeitsbühne auf dem knapp 3,5 Tonnen schweren Veldhuizen-Zweiachs-Auflieger. Plus der 4,7 Tonnen schweren Zugmaschine ergibt sich ein Gesamtgewicht von rund 15,5 Tonnen, womit der Testzug auf ein Verhältnis von über 16 PS pro Tonne kommt. Dafür bräuchte ein ausgewachsener 40-Tonner 640 PS!
DIE SECHSGANG-AS-TRONIC FINDET NICHT IMMER DEN RICHTIGEN GANG
Entsprechend leichtes Spiel hat der laufruhige Sechszylinder dann auch. Helfen würde ihm allerdings ein enger gespreiztes Getriebe. An Steigungen hat die Sechsgang-AS-Tronic mangels Auswahl mitunter Probleme, die richtige Fahrstufe zu finden. Dann weiß sie sich nicht anders zu helfen, als die Gänge unnötig weit auszudrehen. Zudem könnte der "Automat" generell mehr auf die 950 Newtonmeter Drehmoment des Motors vertrauen. Wer seinen LF regelmäßig für schwere Aufgaben einsetzen will, sollte deshalb über die zwölfstufige Version des automatisierten Getriebes nachdenken, die die Niederländer seit letztem Jahr ebenfalls für den Sechszylinder offerieren.
DER GRÖSSTE PLUSPUNKT DES LF:
SEINE KOMPAKTEN ABMESSUNGEN
Bergab müht sich die - per Lenkradtaste aktivierte - einstufige Motorbremse redlich, den Schwung der 16 Tonnen einigermaßen im Zaum zu halten, muss jedoch bereits in eher mäßigen Gefällen kapitulieren. Dabei tut die AS-Tronic zwar, was sie kann, und stuft bei aktiver Motorbremse umgehend einen Gang zurück, sobald der Fahrer das Bremspedal antippt. Trotzdem: Wer keinen Tempoverstoß begehen will, muss mitunter kräftig beibremsen.
Ansonsten arrangiert man sich mit dem kleinen DAF schnell. Fahrwerk, Geräuschkulisse, Fahrkomfort oder das Bedienkonzept, das weitgehend von den größeren Baureihen stammt, geben keinen Anlass zur Kritik. Ebenfalls von den Großen kennt man das Fahrerbewertungsmodul, das einen ökonomischen Fahrstil mit Punkten belohnt. Außerdem stellt sich der Bordcomputer seit dem letztjährigen Facelift beim Einlesen der Fahrerkarte automatisch auf die Landessprache des Fahrers um.
Vor allem aber gefallen die kompakten Abmessungen. Wer einmal mit dem LF-Sattel eine Ladestelle in der Stadt angefahren hat - was mit einer Fracht wie der des Test-Lkw durchaus vorkommen könnte -, lernt die Vorzüge des Kleinen zu schätzen. Er ist einfach wertvolle Zentimeter schmaler und um einiges handlicher als die größeren Brüder und zwängt sich durch enge Baustellenzufahrten, vor denen CF und XF passen müssen. Auch der niedrige Einstieg über drei Stufen ist vor allem im Nahverkehr von Vorteil.
Für die große Tour verlangt der LF allerdings Kompromissbereitschaft. Ein Hochdach ist nicht lieferbar und der Kabine mangelt es an Länge. Das DAF-typisch bequeme Bett lässt sich daher nur nutzen, wenn die Lehnen der Sitze nach vorne geklappt werden. Und wenn man mal rausmuss, beginnt der Umbau von Neuem, weil die vorgeklappten Sitzlehnen die Türen blockieren. Zudem bleiben fürs Gepäck nur drei flache Staufächer unter dem Bett.
Der LF wurde eben primär für den Nahverkehr entwickelt. Und den beherrscht er, auch in seltener Konfiguration.