Eine lupenreinere Bilanz können wohl die wenigsten Transportunternehmen vorweisen: Null Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten oder sonstige Vorschriften registrierten BAG und Polizei im letzten Jahr bei der im hessischen Homberg ansässige Spedition Rauter. Wohlgemerkt bei eine Flotte von derzeit 70 LKW!
"Wir haben zwar mittlerweile mehr als 90 Mitarbeiter, sehen uns aber nach wie vor als Familienunternehmen. Und in einer funktionierenden Familie achtet man eben aufeinander," erläutert Geschäftsführer Martin Rauter die Unternehmensphilosophie. Weitere Beispiele gefällig? Betriebliche Altersvorsorge, vermögenswirksame Leistungen, Entladestellen- und Standzeitenzuschläge, Urlaubsgeld sowie Prämien für unfallfreies und verbrauchsgünstiges Fahren sind bei Rauter ebenso selbstverständlich wie unbefristete Arbeitsverträge. Ebenfalls extra vergütet wird, wenn die Arbeitswoche ausnahmsweise erst am Samstag endet oder schon am Sonntag Abend beginnt. Und sogar wenn die Dispo einen spontanen Fahrzeugwechsel anordnet, "entschädigt" Rauter den Fahrer dafür mit 50 Euro.
Dafür formuliert der Chef, selbst gelernter LKW-Mechaniker und Speditionskaufmann, aber auch mit deutlichen Worten, was Bewerber mitbringen müssen, um es ins Rauter-Fahrerteam zu schaffen: "Wir beschäftigen Fahrer und keine Deppen! Bei uns sind Mitdenken und fahrerisches Können gefragt."
Schließlich sind die rot lackierten Sattelund Hängerzüge zum Großteil für die Baustoffindustrie unterwegs und liefern alle erdenklichen Materialien auf Baustellen in ganz Deutschland. "Wenn jemand ein Haus baut, kommen wir vor Baubeginn und meist nochmal nach dem Richtfest, um beispielsweise Dämmmaterial anzuliefern. Bis zu unserem nächsten Besuch dauert es dann meist zwanzig Jahre, wenn vielleicht ein neues Dach fällig wird," erklärt Martin Rauter schmunzelnd den gängigen "Zyklus".
Für die Fahrer bedeutet das, dass sie auch den Umgang mit Ladekränen und Mitnahmestaplern wie im Schlaf beherrschen müssen. Gleiches gilt auch für ihre LKW, denn gut ausgebaute Betriebshöfe mit bequemen Rampen steuern die Rauter-Fahrer nur selten an. Stattdessen müssen sie regelmäßig in engsten Neubaugebieten rangieren oder sich durch den chaotischen Verkehr der Großstädte kämpfen. "Bei manchen Abladestellen fragst du dich vorher schon, wie man da mit einem 40-Tonner überhaupt hin-, geschweige denn wieder wegkommen soll", erzählt Kai Schäfer, der seit zehn Jahren zur Rauter-Truppe gehört. "Aber das sind eben die Herausforderungen, die den Job ja auch interessant machen." Für Kai ist der Tag des TRUCKER-Besuches indes ein besonderer: Schließlich hat er heute stolz einen nagelneuen Actros-1843-Hängerzug samt Mitnahmestapler übernommen.
Wie alle anderen Rauter-Züge wird der Mercedes bei guter "Führung" acht Jahre im Fuhrpark bleiben und in diesem Zeitraum bis zu einer Million Kilometer abspulen. Voraussichtlich fast alle mit Kai am Steuer. Denn Fahrzeugwechsel und die damit für den Fahrer verbundenen Unannehmlichkeiten versucht man in der Dispo möglichst zu vermeiden.
DIE TRUCKS WERDEN IN DER EIGENEN WERKSTATT REPARIERT
Wobei in der roten Flotte mehr und mehr der Stern dominiert und die bislang ebenfalls noch im Fuhrpark zu findenden Marken Renault und DAF aktuell auslaufen. "Nach unseren Berechnungen baut Mercedes derzeit das wirtschaftlichste Fahrzeug am Markt und unsere Fahrer sind mit dem Actros in Kombination mit der ebenen Streamspace-Kabine ebenfalls zufrieden," erklärt Fuhrparkmanager und Mitglied der Geschäftsleitung David Deget. Alle Fahrzeuge werden mit Retarder und Safety-Pack bestellt und neuerdings vom "kleinen" 10,7-Liter-Motor mit 430 PS angetrieben. Durch den lassen sich laut Deget nämlich bis zu 200 Kilo Nutzlast im Vergleich zum größeren 13-l-Reihensechszylinder bei gleichem Verbrauch "schinden".
Ebenfalls ein Grund für die Ein-Marken-Strategie: Um Wartung und Reparatur der Zugmaschinen, Auflieger und Anhänger kümmert sich bei Rauter fast ausnahmslos die eigene Werkstatt. "Nahezu jedes Fahrzeug verfügt über spezielle Ausstattungen, die ein Wartungsvertrag sowieso nicht abdeckt. Und da ist es mit nur einer LKW-Marke natürlich einfacher für uns", erklärt Kraftverkehrsmeister David Deget.
Auch das Thema Aus- und Weiterbildung nehmen die Nordhessen selbst in die Hand. Alle fünf Module schult man mit eigenem Personal und eigenem Equipment im eigenen Haus. "Auf diese Weise kannst du viel gezieltere Fragen stellen, was vor allem bei der oft komplizierten Ladungssicherung der Baustoffe von Vorteil ist", lobt Dennis Harz. Er hat kürzlich seine BKF-Ausbildung bei Rauter abgeschlossen und ist nun mit einem Actros-Pritschenzug samt Baustoffkran unterwegs. "Und obendrein hast Du beim Schulbankdrücken noch viel Spaß mit den eigenen Kollegen," schmunzelt der 22-Jährige.
Und Spaß an ihrer Arbeit scheinen bei Rauter nahezu alle Fahrer zu haben. Samstags treffen sie sich in großer Anzahl auf dem Firmenhof, um die Lastwagen innen und außen auf Hochglanz für die neue Woche zu bringen und die Trucks anschließend in Reih und Glied auf dem Firmengelände zu parken. Und natürlich werden dabei reichlich Geschichten und Erlebnisse der vergangenen Arbeitswoche ausgetauscht. Vielleicht ist das auch der Hauptgrund für dieses zusätzliche Engagement, zu dem jeder Fahrer eigentlich nur alle fünf Wochen verpflichtet wäre. Abgesehen natürlich vom reichhaltigen Frühstück, das der Chef jeden Samstag seinen Mitarbeitern spendiert!