Manchmal wollen kluge Kalendersprüche nicht recht in die Umgebung passen, in die sie platziert wurden. Dann scheint rätselhaft, was der mehr oder weniger sinnvolle Zweizeiler der Person bedeutet, über deren Schreibtisch er hängt. Die Weisheit, die sich Hans Ach an die Wand gepinnt hat, lautet "Glück hilft manchmal, Arbeit immer". Ach ist Geschäftsführer der bayerischen Spedition Niedermaier - und bei ihm wird schnell klar, dass diesmal der Spruch perfekt zum Mann passt.
DIE AUTOMOBILBAUER SORGEN FÜR WOHLSTAND IN DER REGION
Hart arbeiten können sie zweifellos in dieser Ecke des Freistaats, die früher einmal ländlich geprägt war und sich in vielen Dörfern und versteckten Winkeln einen Rest dieses bäuerlichen Charmes erhalten hat. Aber für die "Gesamtlage" sind in Niederbayern inzwischen nicht mehr die reichen Bauern aus dem fruchtbaren Gäuboden zuständig. So verdankt zum Beispiel die Gegend um Landau, in der auch das Transportunternehmen Niedermaier beheimatet ist, ihre wirtschaftliche Prosperität der Automobilindustrie. Vor allem BMW ist da aktiv und sorgt für schöne Neubausiedlungen und niedrige Zahlen in der Arbeitslosenstatistik. Und letztlich auch für einen Sog, der die ganze Gegend, die früher einmal als Armenhaus verschrieen war, tüchtig voranbrachte.
Die Spedition Niedermaier ist ein typisches Transportunternehmen, das mit der Zeit und seinen Kunden sowie seiner Region organisch gewachsen ist. Ein gutes Beispiel dafür steht nicht auf dem Hof, sondern in einer der Hallen auf dem Firmengelände. Da hat das Unternehmen vor Kurzem einen "Waschsalon" eröffnet. Gewaschen werden allerdings nicht irgendwelche Textilien, sondern Teile, die später in einem Auto verbaut werden.
"Diese Ware kommt aus Indien," erklärt Hans Ach, der die Spedition gemeinsam mit seiner Frau Birgit leitet. "Die Teile werden für den Seetransport wegen der Salzluft gewachst. Wir übernehmen die Reinigung und liefern die Komponenten dann blitzsauber ans Band." Ein ziemlich weiter Weg also, den das einstige Stückguttransportunternehmen mit blauer Konzession gegangen ist.
EINE GUTE MISCHUNG AUS VERSCHIEDENEN BETÄTIGUNGSFELDERN
"Ich vergleiche uns immer mit einem Tante-Emma-Laden," sagt Ach schmunzelnd. Soll heißen: Er verlässt sich nicht nur auf ein Standbein und riskiert damit eine möglicherweise fatale Abhängigkeit von einem Kunden oder einer Branche, sondern sucht einen gesunden Mix aus verschiedenen Betätigungsfeldern. Die Bandbreite rangiert vom klassischen Transportunternehmen und Verteilerverkehr über logistische Dienstleistungen - neben der Wäscherei zum Beispiel der Bau von Überseeverpackungen und das weltweite Lager des Goethe-Instituts - bis zur Einbindung in die komplexen Supply Chains der Automobilindustrie. Die sorgt zwar für viele Aufträge im Logistiksektor, hält aber auf der anderen Seite Firmenchefs wie Hans Ach ständig auf Trab: "Das Problem sind die schmalen Zeitfenster in vielen Unternehmen. Sender und Versender optimieren sich jeweils für sich und wir als Transporteure stehen als Bindeglied dazwischen. Das beschert uns jeden Tag große Herausforderungen."
70 Lkw umfasst der Fuhrpark der Spedition Niedermaier momentan, zudem hat das Unternehmen über 100 Auflieger im Bestand, die teilweise als Vorladegefäß genutzt werden. Die ziehenden Einheiten kommen überwiegend von Daimler und MAN sowie, "zum Ausprobieren", wie Ach sagt, von DAF, Volvo und Scania. Repariert und gewartet wird der komplette Fuhrpark in der eigenen Werkstatt: "Wir machen alles, auch Service oder Reparaturen an Aufliegern und Kühlaggregaten. Mit Schmitz haben wir einen Vertrag als Servicepartner," erklärt der Geschäftsführer. Wenn er in seinem Unternehmen etwas umsetzt, ist das nie Selbstzweck. Zum Beispiel die nach vorne blickenden Kameras. Es wirkt im ersten Moment extravagant, wenn der Chef erzählt, er habe alle Frontspiegel an den Lkw durch Kameras ersetzt.
WIRTSCHAFTLICHES FAHREN WIRD BALD WIEDER BELOHNT
Was sich aber durchaus bezahlt gemacht hat, denn "seitdem geht es vorne nicht mehr an." Oder die Sache mit der Telematik: "Die haben wir eigentlich nur eingeführt, um die Tachografen-Archivierung hinzubekommen. Wenn man das im Verteilerverkehr mit seinen vielen Stopps mit einem Stick macht, dauert es ewig. Inzwischen sind alle Lkw und die Auflieger in das System eingebunden." Das niederbayerische Unternehmen stützt sich dabei auf keine Lösung eines Lkw-Herstellers, sondern auf ein System, das individuell auf die Firma und ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Die Telematik deckt auch die Themen Abfahrtskontrolle, Kommunikation und Temperaturüberwachung in den Frigo-Aufliegern ab. Wo nötig, ergänzen Scanner in den Fahrzeugen das System.
Die Fahrer wiederum konnten sich bis 2014 mit einem Prämiensystem etwas dazuverdienen. Weil das Modell in die Jahre gekommen ist, wird es seit einiger Zeit überarbeitet und soll bald wieder in neuer Form installiert werden. Am Prinzip wird sich auch künftig wenig ändern: Belohnt wird vor allem wirtschaftliches und schaden- beziehungsweise unfallfreies Fahren. Die Niedermaier-Trucker werden zudem regelmäßig geschult, zum Teil von Trainern der Hersteller, zum Teil mit Programmen von Drittanbietern. Niedermaier scheint ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, denn einige Fahrer arbeiten schon jahrelang in dem Transportunternehmen. Andererseits spürt Hans Ach auch die Konkurrenz seiner Auftraggeber: Die Automobilindustrie kann mit merklich höheren Löhnen und beachtlichen Zusatzleistungen aufwarten.
"Ein Lkw-Fahrer hat ja im Vergleich zum Lohn eine hohe Einsatzzeit, da verdient man in der Fabrik deutlich mehr. Wir sind daher auch dazu übergegangen, im gewerblichen Bereich Mitarbeiter aus der nahen Tschechischen Republik oder Aussiedler einzusetzen. Für diese Leute ist der Job oft noch attraktiver als für Einheimische." Außerdem spürt Ach das "Fehlen der Bundeswehr", die zu den Zeiten der Wehrpflicht halbe Jahrgänge mit dem "Zweier" versorgte.
DER CHEF FÄHRT DREIRAD, FAHRER BAUMGARTNER DEN JUBILÄUMS-ACTROS
Wer daran glaubt, dass Arbeit immer hilft, neigt wohl auch nicht dazu, sich überflüssigen Schnickschnack anzuschaffen. Das knatternde Hofmobil des Chefs ist denkbar spartanisch und wurde überdies nicht für diesen Zweck angeschafft: "Wir präsentieren uns gelegentlich auf regionalen Ausstellungen oder auch Ausbildungsmessen. Da mussten wir jedes Mal improvisieren, bis wir uns dazu entschlossen, so ein Dreirad als Messestand anzuschaffen."
Doch zum 70-jährigen Firmenjubiläum, das im vergangenen Sommer gefeiert wurde, schlugen Hans und Birgit Ach geradezu über die Stränge - jedenfalls wenn man den restlichen Fuhrpark zum Maßstab nimmt. Sie orderten nämlich einen Actros 1852 mit Gigaspace-Fahrerhaus und üppiger Motorisierung. Airbrusher Wolfgang Zeh sprühte dann eine Kurzform der Firmengeschichte auf den Lack des Fahrerhauses. Nicht nur wegen der Lackierung ist die Sattelzugmaschine (die beim diesjährigen Truck Grand Prix auf dem TRUCKER-Stand zu bewundern war) etwas ganz Besonderes: Im Unterschied zu den meisten anderen Fahrzeugen wird sie nicht im Schichtdienst mit wechselnden Fahrern eingesetzt. Hinters Lenkrad dürfen nur Hans Ach, sein truckbegeisterter Sohn Christian (aus Altersgründen nur auf dem Hof) und Hans Baumgartner, der den Jubiläumstruck fährt. Nicht, weil er einfach Glück gehabt hat. Sondern weil er seit 27 Jahren in der Firma arbeitet und sich in vielerlei Hinsicht überdurchschnittlich engagiert.
FIRMENPROFIL
Anschrift
Niedermaier Spedition GmbH
Fuhrmannstraße 10
94405 Landau a.d. Isar
www.niedermaier.eu
Gründung
1945 von Josef Niedermaier, zunächst als Transportunternehmen für Sammelgutverkehre
Geschäftsführer: Hans Ach, Enkel des Firmengründers
Mitarbeiter: 170, davon 11 Azubis
Hauptaktivitäten
Sammelverkehr, Kühltransporte, Güterfernverkehr, Logistikkonzepte u.a. in Verbindung mit der Automobilindustrie
Fuhrpark
70 ziehende Einheiten, vorwiegend Mercedes-Benz (40 Actros) und MAN (22), ca. 100 Trailer
Infrastruktur
Firmengelände mit Lagerhallen und Servicebereich; eigene Werkstätten