Nur schwer reißen wir uns los, dennoch locken viele Pisten und Trockentäler, die wir mit dem Mercedes, den wir August nennen, bewältigen möchten. Peter nimmt als Navigator und Mentor auf dem Beifahrersitz Platz. Meine Backen glühen, als ich voll konzentriert steinige Flussbetten befahre, mein Herz bleibt immer wieder kurz stehen, wenn ich schräge Abhänge bewältigen muss, in denen der Lkw sich unglaublich zur Seite neigt. Das Gelände ist fordernd und die Asphaltstraßen verdammt schmal, vor allem, wenn ein Tankwagen entgegenkommt, der keinen Millimeter zur Seite weicht. Dann nehme ich doch lieber die sandige Passage, die mit der richtigen Geschwindigkeit und dem richtigen Gang echt Spaß macht!
Am Abend bin ich hundemüde. Durch den Erwerb des Lkw-Führerscheins und meine Fahrtätigkeit haben sich unsere Rollen ziemlich vermischt. „Was gibt es heute zu essen?“, frage ich Peter, der mich nur mit großen Augen ansieht. „Hast du eine Flasche Wein eingekühlt?“, möchte ich als Nächstes wissen. Zuvor bin ich die Navigatorin, Putzfrau und Köchin, Einkäuferin und Wäscherin gewesen. Und Peter war der Fahrer und Mechaniker. Wir stehen vor einer Herausforderung …
Mit dem Grenzübertritt nach Mauretanien sind wir erst richtig in Afrika gelandet. Die Behördengänge ziehen sich in die Länge, der Ablauf ist für uns undurchschaubar, die Büros sind spartanisch und heruntergekommen, Müll liegt überall herum, und zu kaufen gibt es wenig.
Sandsturm und Sterne in der Wüste Mauretaniens
Mauretanien begrüßt uns mit einem Sandsturm, der bis auf wenige Tage bis zu unserer Ausreise andauert. „Sand, Wind und Sterne“ – ein Buchtitel von Antoine de Saint-Exupéry passt gut zu diesem Wüstenland. „Fliegen und Staub hast du vergessen zu erwähnen“, meint Peter dazu sarkastisch.
Für Mauretanien muss man sich Zeit nehmen. Man muss rein in die Wüste, um den Zauber zu spüren und die Schönheit zu begreifen. Um die Einfachheit, die Leere schätzen zu lernen. Entlang der Geleise der längsten und schwersten Eisenbahn der Welt fahren wir Richtung Osten. Die Piste ist teilweise gut zu befahren, teilweise sehr sandig und manchmal gar nicht vorhanden. Nach ein paar Tagen erblicken wir Ben Amira, den drittgrößten Monolithen der Welt. Dunkelgrau glänzend und größtenteils glatt wie die Haut eines Walfischs steht der 450 Meter hohe Berg inmitten der Wüste.
Wir besuchen die Oasenstädte Chinguetti und Ouadane, durchqueren weichsandige Wadis, die momentan viel Futter für die zahlreichen Kamele und riesigen Ziegenherden bieten. Wir befahren felsige Hochplateaus mit tief eingeschnittenen Tälern, kommen durch Nomadensiedlungen, wo man uns meist mit „Cadeau, donnez moi un cadeau“ begrüßt, also mit „Geschenk, gib mir ein Geschenk“. Nur wenige Touristen kommen hierher.
Wie lange wird das alte Fahrgestell das durchhalten?
Viele Kilometer legen wir auf Pisten zurück, auf den tiefsandigen braucht August mehr als 50 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Die felsigen Passagen und Rüttelpisten fressen an den Reifen und belasten das Fahrgestell. Peter kontrolliert und beschaut unseren Lkw regelmäßig, sein Gesichtsausdruck ist manchmal deutlich angespannt. Nach der letzten Inspektion offenbart er mir die ganze Wahrheit: Die Rostschäden am Chassis sind enorm, der Hilfsrahmen muss erneuert werden. Was sollen wir tun? Aufgrund Peters Rückenproblemen, den stark steigenden Temperaturen und fehlender Ausrüstung (zum Beispiel Stapler) entscheiden wir uns schweren Herzens zur Rückkehr.
Ein langes Asphaltband zieht sich durch die öde Landschaft
Wenn man wissen will, wie ein kaputtes, schrottreifes Fahrzeug wirklich aussieht, dann muss man nach Mauretanien reisen. Wozu braucht man Spiegel, Scheinwerfer, Scheiben, Kotflügel, Innenverkleidungen, Motorhauben, Türen und Reifen mit Profil? Oder rostfreie Türen und Rahmenteile? Oder vier gebremste Räder? Eines reicht doch! Der Zweck eines Dachgepäckträgers? Die Säcke liegen doch viel besser direkt am Dach, vor allem, wenn es schon eine Mulde hat.
450 Kilometer lang ist die Asphaltstraße zur marokkanischen Grenze, sie führt durch eine öde Landschaft. Ständiger Begleiter ist der Wind und somit auch der Sand. Der marokkanische Zöllner fragt uns, ob wir etwas zu verzollen hätten. Peter schüttelt nur den Kopf – im Nachbarland gibt es nicht allzu viel zu kaufen. Wir haben Afrika damit wieder verlassen.
Die fünf Monate, die wir unterwegs waren, kommen uns wie fünf Wochen vor. Nun hat sich unser Lkw einen ordentlichen Service verdient, bevor wir wieder den Anlasser drücken.