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Lang-LKW-Fahrer im Fliegengewicht

20.06.2014 08:00 Uhr
Lang-LKW-Fahrer im Fliegengewicht
Peter Löschmann hat beim Sichern der wertvollen Airbus-Fracht beide Hände voll zu tun
© Foto: Jan Burgdorf

Dem Lang-Zug von Peter Löschmann reichen nur fünf Achsen. Schließlich transportiert er leichte Rumpfteile für den Airbus A 320 im Linienverkehr.

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Wo immer Peter Löschmann mit seinem 25 Meter langen Arbeitsgerät auftaucht, sind ihm neugierige Fragen von Kollegen gewiss. "Einen Lang-LKW hat mittlerweile wohl jeder schon einmal gesehen, aber bei meinem fehlen eben ein paar Achsen", erklärt der sympathische Franke. Und fügt lachend hinzu: "Wenn ich dann noch verrate, dass vom Gewicht her am hinterem Zentralachsanhänger sogar eine einzelne Achse reichen würde, wollen manche am liebsten die Heckportale öffnen und nachsehen, was ich geladen habe."

Des Rätsels Lösung: Peter ist im Auftrag der Firma Ruag-Aerospace unterwegs. Hinter den Schiebeplanen seiner beiden Anhänger verbergen sich Teile des Rumpfes für einen Airbus A 320. Die letzten acht Meter des Mittelstreckenjets werden im Ruag-Werk im oberbayerischen Oberpfaffenhofen gefertigt und müssen ins nicht weniger als 800 Kilometer entfernte Airbus-Werk in Hamburg/Finkenwerder transportiert werden, selbstredend "Just-in-time".

Und was sich in die Lüfte erheben soll, kann bekanntlich nicht leicht genug sein. Weshalb sich das Lang-LKW-Konzept hier geradezu anbietet. "Bis vor wenigen Monaten wurden auf der Strecke normale Sattelzüge eingesetzt", berichtet Peter, während er seinen Euro-6-sauberen Actros 1845 an die Verladestelle rangiert. Mit dem Beginn des Feldversuchs sondierte sein Arbeitgeber Reichhart-Logistik dann nach wirtschaftlicheren Fahrzeugkonzepten für diesen Linienverkehr.

Und rechnete aus, dass die Fracht von bis zu zehn Sattelzügen in nur fünf Lang-LKW passen würde. Weshalb Reichhart schließlich beim Schweizer Spezialfahrzeugbauer Meusburger insgesamt drei der individuellen Langzüge in Auftrag gab. Die bestehen zunächst aus einem Tiefbettauflieger, der über nur eine -selbstverständlich zwangsgelenkt ausgeführte - Achse verfügt. Komplettiert wird die Kombination durch einen gewichtsoptimierten Anhänger mit Zentralachs-Aggregat. Letzteres wäre, wie eingangs erwähnt, eigentlich nicht nötig. Man hält sich so aber die Option offen, alle Komponenten auch solo einsetzen zu können, sollte sich die gesetzliche Lage zu Ungunsten des Lang-LKW verändern.

Für Peter zählen vor allem die verbesserten Fahreigenschaften: "Gerade bei tiefen Spurrillen hätte ich mit einem Einachsanhänger hinten dran meine Bedenken", erklärt der 58-Jährige, der seit 38 Jahren LKW lenkt. Und auf Sicherheit legt Peter nicht nur wegen der "Überlänge" seines Zuges viel Wert: "Die Airbus-Teile, die ich heute fahre, haben einen Wert von mehreren Millionen Euro! Allein deshalb pflege ich einen defensiven Fahrstil." Auch die vielen Sicherheitssysteme, wie Notbrems- und Spurhalteassistent, über die sein erst sechs Monate alter Actros verfügt und die beim Lang-LKW teils Vorschrift sind, hat Peter schätzen gelernt.

Von Oberpfaffenhofen dirigiert er seinen Zug zunächst auf die A92 Richtung München und ab dort über die A9, A3 und A7 nach Norden. Und damit sind Peter und seine Kollegen Klaus Gruber und Peter Legl, die die beiden anderen Reichhart-Langzüge steuern, wohl die einzigen, die mit 25-Meter-Kombis im "echten" Fernverkehr unterwegs sind. Was übrigens nur der glückliche Zufall ermöglicht, dass die Tour ausschließlich durch Bundesländer führt, die am Feldversuch teilnehmen und die langen Gespanne auf ihren Autobahnen dulden.

EIN ZWÖLFTONNER MUSS VOR HAMBURG DEN ZENTRALACHSER ÜBERNEHMEN

Ganz bis ans Ziel kommt Peter mit seinem Zug dann allerdings doch nicht. In Hamburg dürfen Lang-LKW nämlich lediglich im Hafengebiet rollen, das Airbus-Werk liegt aber auf der gegenüber liegenden Elbe-Seite. Ein Zwölftonner wird den Zentralachsanhänger deshalb kurz vor Hamburg übernehmen und die letzten Kilometer zum Werk ziehen.

Für Peter ärgerlich, aber nun einmal nicht zu ändern. Deutlich mehr bringen ihn andere Rahmenbedingungen auf die Palme, mit denen Lang-LKW-Fahrer zu kämpfen haben: "Wo ich meine Pause machen soll, darüber haben sich die Politiker scheinbar keinerlei Gedanken gemacht", klagt er. "Rast- oder Autohöfe sind für mich tabu und ich darf nur auf den speziellen Parkbereichen für Schwertransporte stehen." Die liegen meist genau an der Autobahn - entsprechend hoch ist die Geräuschkulisse ...

KEIN PLATZ FÜR LANG-LKW AUF RAST- UND AUTOHÖFEN

Oder die Spur wird von Kollegen mit "normalen" LKW blockiert, die nach der erfolglosen Suche nach einem regulären Stellplatz resigniert haben. "Da habe ich schon einige aus dem Tiefschlaf gerissen und mehrmals sogar die Polizei zu Hilfe rufen müssen, was natürlich auch keinen Spaß macht!", erklärt Peter.

Dabei hat er noch Glück. Schließlich wohnt der gelernte Schlosser in der Nähe von Würzburg, also direkt an seiner Strecke. Dort hat er sich eine Parkmöglichkeit bei der ansässigen Mercedes-Niederlassung organisiert und kann so am Wochenende seinen Zug quasi mit nach Hause nehmen.

Peter wünscht sich trotz mancher Widrigkeiten nicht zurück auf einen normalen Satteloder Gliederzug: "Ich war sofort begeistert, als mich der Chef fragte, ob ich mir vorstellen könne, einen Lang-LKW zu fahren. Außerdem bin ich immer noch erstaunt, wie leicht sich das Fahrzeug auch in engen Kreisverkehren handhaben lässt", lautet Peters Resümee.

Nicht nur für den Profi ist das Konzept Lang-LKW der richtige Weg, dem steigenden Güteraufkommen Herr zu werden und effizienter zu transportieren. Da nimmt er auch die immer gleichen Fragen der neugierigen Kollegen gerne in Kauf. Denn die beantwortet Peter eigentlich ganz gerne, wie er grinsend zugibt.

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