Die beschauliche, uckermärkische Stadt Schwedt in Brandenburg liegt in unmittelbarer Nähe zu Polen und hat in den beiden letzten Jahrzehnten wirtschaftlich einiges an Niedergang und Schwierigkeiten zu verkraften gehabt. Zahlreiche Transportunternehmen in der Region sind leider fast so schnell wieder verschwunden wie sie aufgetaucht waren. Doch gerade als Logistikstandort könnte die Stadt nordöstlich von Berlin eine gute Zukunft haben.
Das soll auch der neue MAN von Schwedt Logistik symbolisieren. Firmeneigner Roy Preuß hat die Firma 2006 gegründet und seitdem ständig weiterentwickelt. Jährlich rund 150.000 Tonnen Ladung verfrachtet er mittlerweile, teils mit eigenen Fahrzeugen, größtenteils mit festen Subunternehmern. Im Vordergrund steht der Transport von Gütern mit Lastwagen, doch dank der guten Anbindung an Schienen- und Wasserwege ist auch in diesen Bereichen Wachstum geplant.
Nun ist östlich der Oder im benachbarten Polen reichlich Konkurrenz am Start, deren Lohn- und Sozialkosten deutlich niedriger liegen als in Deutschland. Deswegen sucht sich der Logistiker aus Schwedt sein Tätigkeitsfeld möglichst in Bereichen, in denen für die Kundschaft Qualität und die Zuverlässigkeit von größerer Bedeutung sind als nur der Preis.
ZIEGELSTEINE AUF RÄDERN: DAS DESIGN GREIFT DEN LOKALEN KLINKERSTIL AUF
Um diesen Anspruch zu unterstreichen, entstand die Idee, einen LKW mit besonderer Lackierung zu versehen. Dieser Auftrag ging an Markus Niedergesäß aus Cottbus, zurzeit einer der bekanntesten Künstler in Sachen Verschönerung von Lastwagen. Gerade hat der TRUCKER den von ihm gestalteten Ghost-Rider-Scania vorgestellt (Heft 10/2013), schon sind weitere spektakuläre Projekte in Planung oder Arbeit.
Die im deutschen Nordosten typische Ziegelsteinbauweise lieferte die Idee für die Gestaltung. Außerdem will das Unternehmen auch "bestehende Mauern einreißen": Über die geometrische Struktur mit angedeuteten Klinkersteinen wurden daher verschlungene Tribalmotive gelegt. Passend zum Lack der Zugmaschine bekam das Chassis des ebenfalls neuen Krone-Aufliegers Farbe verpasst, und Markus Niedergesäß' Schwester Maria entwarf dazu eine passende Grafik für die seitlichen Planen.
Extra für die Präsentation des Lastzugs und unserer Fotoarbeiten erteilte die Stadtverwaltung die Erlaubnis zum Fotografieren mitten in der Stadt und am Oderkanal, was wiederum der Märkischen Zeitung einen Bericht wert war ...
Doch schon eine Stunde später beginnt der Alltag des Lastwagens, der neben seiner Rolle als Sympathiebotschafter schließlich auch Geld für die Firma verdienen soll. Auf dem firmeneigenen Lager wartet ein sperriges Metallgestell auf Verladung. Neben der Stammkundschaft aus dem näheren Bereich, darunter viele Maschinenbauer, fährt Schwedt Logistik auch für weiter entfernte Kunden. Dazu gehört unter anderem Elbe Spannbeton aus Vockerode; diese Firma ist auch Empfänger des besagten Gestells.
Endlich kann Olaf Neumann mit seinem neuen Arbeitsgerät auf Tour gehen. Der 45-Jährige aus Gartz an der Oder ist der dienstälteste Kraftfahrer im Team und berät seinen Chef, wenn es darum geht, die Transportabläufe möglichst optimal zu planen und einen vernünftigen Preis gemessen an der für einen Auftrag erforderlichen Fahrleistung zu ermitteln.
Das Vergnügen über den neuen Lastwagen steht Olaf ins Gesicht geschrieben. Unter dem bunten Blech tut die derzeit stärkste MAN-Maschine mit 540 PS ihren Dienst, die Kraft wird von einem automatisierten Getriebe an die Antriebsachse gebracht. Ausgestattet ist die Kabine mit allem, was das Leben für den Fahrer angenehmer macht: Ledersitze, Standklimaanlage, Navi im Armaturenträger, eine selbst justierende Satellitenantenne und vielerlei mehr.
EINE VERNÜNFTIGE EINSTELLUNG: ZUFRIEDENE FAHRER ARBEITEN BESSER
Bei strömendem Regen geht es die Autobahn südwärts. Olaf genießt den Komfort, den die neue Maschine ihm bietet: "Unser Chef hat die vernünftige Einstellung, dass ein zufriedener Kraftfahrer seinen Job besser macht als ein unzufriedener. So ein Fahrzeug und so eine Ausstattung sind ja keineswegs selbstverständlich!" Zwei Stunden später macht er am Autohof in Brück die erste Nachtpause. Zeit, sich zum Feierabend noch etwas zu unterhalten.
"Eigentlich komme ich aus der Landwirtschaft, doch mir hat's nicht gefallen, wenn man im Winter oft längere Zeit zu Hause saß. Deshalb habe ich mich bei einer westdeutschen Schwerlastfirma beworben und dort mehrere Jahre die interessantesten Sondertransporte mitgemacht. Aber als Roy Preuß mir den Job anbot, nachdem er seine Firma gerade gegründet hatte, habe ich mich gefreut, was in der Nähe meiner Heimat gefunden zu haben", erzählt Olaf und berichtet weiter: "Bei uns in der Firma ist man noch keine x-beliebige Nummer, hier ist der Umgang noch menschlich und findet fast ausschließlich persönlich übers Telefon statt. Was mir auch viel bedeutet, ist die Einhaltung der gesetzlich geregelten Lenk- und Ruhezeiten. Da muss man nie ein schlechtes Gewissen haben, wenn man eine Kontrolle sieht!"
DIE BOTSCHAFT KOMMT AN: DER ZUG ERNTET VIELE BEWUNDERNDE BLICKE
Am nächsten Morgen geht es noch ein kurzes Stück Strecke zum Kunden, der nahe der A9 neben dem früheren Großkraftwerk an der Elbe angesiedelt ist. Die Disponenten dort lassen es sich nicht nehmen, ihre Arbeit kurz zu unterbrechen und das knallblaue Kunstwerk auf Rädern zu bewundern. Dann rollt der Zug unter einen der Freiluft-Portalkräne.
Der Krone-Aufbau hat ein Schiebeverdeck, das sich nach beiden Richtungen öffnen lässt. Außerdem ist er für die optimale Lastsicherung unterschiedlicher Frachten zertifiziert. Die hintere Achse lenkt bei Vorwärtsfahrt mit, was den Auflieger spurtreuer der Zugmaschine folgen lässt. Auch der Lademeister bewundert erst mal das neue Arbeitsgerät, dann macht er sich an sein filigranes Werk.
Für ein Einkaufszentrum nördlich von Hamburg sind Deckenfertigteile aus Beton zu verfrachten. Ein schockierendes Foto im Dispobüro zeigt, was passieren kann, wenn man diese Aufgabe nicht ernst nimmt. Der Fahrer, dem das zuzuschreiben ist, dürfte einen gehörigen Schreck bekommen haben, als die schweren Teile sich in Bewegung versetzten und an seiner Kabine angeschlagen sind ...
Umso sorgfältiger sichert Olaf mit reichlich Gurten und Rutschbremsen die schweren Stücke, die per Kran auf seine Ladefläche schweben. Dann kann's endlich losgehen auf "echte Ferntour" mit dem ebenso schönen wie praktischen Lastzug, der ein prächtiges Aushängeschild für Schwedt Logistik gibt. Ein wichtiger Stein im Firmenmosaik, sozusagen.