Wie Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Dienstag, 28. Februar, vor Journalisten in Berlin ankündigte, wird sich Deutschland bei der für den 7. März geplanten Abstimmung über die Novelle der CO2-Flottengrenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge im Europäischen Rat enthalten. Grund sei, dass die EU-Kommission bisher keinen Regulierungsvorschlag vorgelegt habe, wie sie die in der Novelle vorgesehene Öffnung für Verbrenner-Neufahrzeuge umsetzen will, die ausschließlich mit klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) betankt werden können.
Im zwischen Parlament, Rat und Kommission vereinbarten Verordnungsentwurf heißt es in den sogenannten Erwägungsgründen unter Nummer 9a: „Im Anschluss an eine Konsultation der Interessengruppen wird die Kommission einen Vorschlag für die Zulassung von Fahrzeugen nach 2035 vorlegen, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, im Einklang mit dem EU-Recht, außerhalb des Geltungsbereichs der Flottenstandards und im Einklang mit dem Ziel der Klimaneutralität der Union.“
Wissing kritisierte, dass Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans ein Gesprächsangebot von ihm nicht angenommen habe. „Deutschland braucht eine verbindliche Antwort, wie mit Verbrennern nach 2035 umgegangen wird, sonst können wir nicht zustimmen“, betonte er.
Ob die Enthaltung Deutschlands reicht, um die Novelle der CO2-Flottengrenzwerte im Rat vorerst zu Fall zu bringen, ist unklar. Ein Ablehnung hat bisher nur Italien angekündigt, Skepsis gegenüber dem Vorhaben wird auch aus Polen und Bulgarien berichtet. Für eine Annahme der Novelle ist eine qualifizierte Mehrheit von 15 Staaten nötig, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren.
Selbst wenn die EU-Kommission den von Wissing gewünschten Regulierungsvorschlag vorlegt, ist aber nicht gesichert, dass dieser vom Parlament und vom Rat angenommen wird, denn auch dafür wäre eine Mehrheit im Parlament und die qualifizierte Mehrheit im Rat erforderlich.
Bei dem Mitte Februar Februar 2023 vorgelegten Kommissionsvorschlag für CO2-Flottengrenzwerte von schweren Nutzfahrzeugen stellt sich die Frage einer Öffnung für E-Fuel-Verbrenner nicht (mit Ausnahme von Stadtbussen). Selbst 2050 dürfen noch Lkw und Reisebusse mit Verbrennungsmotor zugelassen werden. Allerdings müssen die Hersteller den durchschnittlichen CO2-Ausstoß ihrer Neufahrzeug-Flotte am Auspuff ab 2040 gegenüber dem Ausgangspunkt – je nach Fahrzeuggruppe 2019/20 oder 2024/24 - um 90 Prozent verringern. Eventuelle Hybrid-Lösungen ausgeklammert heißt das: Rund zehn Prozent aller neuzugelassenen Lkw dürfen dann noch einen Verbrennungsmotor haben. Das Ziel der Klimaneutralität im Verkehr 2045 soll damit aber nicht untergraben werden; es müssen also für diese Verbrenner E-Fuels verwendet werden. Der Verordnungsvorschlag erlaubt auch ausdrücklich den Einsatz von Wasserstoff in Verbrennungsmotoren.
Wie Wissing weiter mitteilte, haben sich die Koalitionspartner geeinigt, synthetische Kraftstoffe – zum Beispiel HVO – in die 10. Bundesimmissionsschutzverordnung (10. BimSchV) aufzunehmen und damit zum freien Verkauf zuzulassen. Für HVO gibt es zwar eine Norm (DIN EN 15940), für den Verkauf an öffentlichen Tankstellen müssen Kraftstoffe jedoch in der 10. BimSchV aufgelistet sein. Mehr dazu lesen Sie hier. (roe)