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Maut und viel Fördergeld: Wie Lkw klimafreundlich werden sollen

11.11.2020 18:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Umwelt
Die Branche steht unter Druck – Nutzfahrzeuge sollen in Richtung klimafreundliche Zukunft steuern
© Foto: malp/stock.adobe.com

Der Verkehr ist ein Sorgenkind beim Klimaschutz. Während Pkw nun zunehmend elektrisch unterwegs sind, ist es bei schweren Lkw schwieriger, vom Dieselmotor wegzukommen. Die Branche und der Verkehrsminister haben Pläne. Gegen manche gibt es Widerstand.

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Batterien, Wasserstoff-Brennstoffzellen und Oberleitungen sollen Lkw und andere Nutzfahrzeuge in eine klimafreundliche Zukunft steuern – und der Staat will kräftig nachhelfen. Verkehrsminister Andreas Scheuer will CO2-arme Antriebe technologieoffen zu fördern und viel Geld in die notwendige Infrastruktur stecken. Eine neue Klimakomponente bei der Lkw-Maut soll Spritschlucker schlechter stellen als saubere Fahrzeuge – das wird allerdings in Brüssel entschieden. Am Mittwoch sprach Scheuer mit Vertretern der betroffenen Branchen und legte ein Konzept vor.

Für die Fahrzeugbauer und die Logistikunternehmen geht es um viel. Neue EU-Vorgaben für den Klimaschutz setzen die Unternehmen unter Druck – aber anders als im Pkw-Bereich gibt es aus Branchensicht vor allem im Schwerlastverkehr noch keine gute Alternative zum Diesel. Der Wandel ist mühsam und könnte Tausende Jobs kosten. Dazu kommen konjunkturelle Unsicherheiten in der Corona-Krise.

Um das abzufedern, will der Staat nun viel Geld ausgeben: Bis 2023 stehen für die Förderung von Nutzfahrzeugen mit alternativen Antrieben rund 1,16 Milliarden Euro zur Verfügung, für den Ausbau der Tank-, Lade- und Oberleitungsinfrastruktur rund 4,1 Milliarden Euro – das schließt Ladestationen für Pkw allerdings mit ein.

Lösungen müssten alltagstauglich leistungsfähig und wettbewerbsfähig sein, sagte Scheuer. Man müsse dabei unterscheiden zwischen dem Langstreckenverkehr mit schweren Lkw und leichteren Nutzfahrzeugen und Lieferverkehr. Es werde nun in Projektgruppen weiter gesprochen.

CO2-Ausstoß abhängiger Aufschlag bei Lkw-Maut geplant

Scheuer will in Brüssel für eine Reform der Lkw-Maut werben, die den Klimaschutz voranbringt. „Erstmalig wird ein vom CO2-Ausstoß abhängiger Aufschlag auf die Lkw-Maut erhoben“, heißt es im Konzept. Lkw, die nur wenig oder gar kein CO2 emittieren, sollen bis zu 75 Prozent weniger als die emissionsstärksten Fahrzeuge zahlen. Ziel sei eine Einführung 2023. Dafür wolle man sich auf EU-Ebene einsetzen. Die Debatte darüber läuft bereits. Um die Branche nicht doppelt zu belasten, könnten Spediteure von dem Anstieg der Spritpreise, den der CO2-Preis von 2021 in Deutschland bringen soll, entlastet werden. Nach Scheuers Darstellung ist die Bundesregierung sich da einig.

Für Oberleitungs-Lkw, die mit Strom fahren und an mehreren Orten schon getestet werden, sollen weitere „Test- und Pilotstrecken“ aufgebaut werden, „insbesondere auf regional besonders stark genutzten Pendelstrecken“, wie es im Konzept heißt. Die nächsten Stufen sollen dann die langfristige Nutzung der Pendelstrecken, der Aufbau eines Kernnetzes und die Anbindung ans Ausland sein.

Scheuer erneuert Forderung für Lkw-Abwrackprämie

Vor dem Spitzentreffen hatte Scheuer auch seine Forderung nach einer Abwrackprämie für ältere Lastwagen erneuert – obwohl die in neue Verbrenner fließen würde. Solange es keine massentauglichen großen Lkw mit Batterie oder Brennstoffzellenantrieb gebe, brauche man eine Brücke. „Weil wir auch beim Verbrenner neueste Technologie haben, die absolut eine Verbesserung bedeutet“, sagte er dem Sender Bayern 2.

Der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, lehnt Scheuers Ansinnen rundheraus ab: „Die derzeitig diskutierte Lkw-Prämie kann kurzfristig kaum zum Klimaschutz beitragen“, sagte er. Mittelfristig verhindere sie sogar den Umstieg auf emissionsfreie Lkw-Antriebe, denn wer sich jetzt mit staatlicher Förderung einen Diesel-Lkw kaufe, werde in wenigen Jahren kaum einen Elektro-Lkw kaufen. Zudem würden relativ wenig Treibhausgase eingespart, selbst wenn theoretisch alle älteren Lkw gegen neuere eingetauscht würden.

Hersteller bemühen sich, stehen aber unter Druck

Die Hersteller stehen wegen neuer EU-Vorgaben unter Druck. Rund 70 Prozent aller Gütertransporte entfielen auf Lkw, sagte Hildegard Müller, die Präsidentin des Autoindustrieverbands VDA. Fast jeder vierte Arbeitsplatz in der Branche hänge am Sektor Nutzfahrzeuge.

Die Hersteller investieren schon viel, um neue Technologien voranzubringen. Wie bei den Autos soll auch bei Daimlers Truck-Sparte die komplette Neufahrzeugflotte spätestens 2039 CO2-neutral sein. Der Konzern plant eine zweigleisige Strategie für die kommenden Jahre: Batterie für kürzere Strecken mit leichter Ladung, Brennstoffzelle für schwere Langstrecken-Lkw. Von der Oberleitungstechnik hingegen halten die Stuttgarter nicht viel. Daimlers Truck-Chef Martin Daum sagte der dpa, der Aufbau einer Lade-Infrastruktur für Batterie und Brennstoffzelle sei eine derart gewaltige Aufgabe, dass sie die Politik unterstützen sollte. „Wir sollten uns als Volkswirtschaft deshalb nicht auch noch zusätzliche Technologien wie LNG/Erdgas und Oberleitung leisten, denn das sind teure Sackgassen.“ Dagegen forderte Dirk Engelhardt vom Logistik-Bundesverband BGL ein „klares Statement“ für das Flüssiggas LNG, weil schon viel investiert worden sei.

Auch beim zweiten großen deutschen Lkw- und Busanbieter geht es unruhig zu: der Traton-Holding, die im VW-Konzern MAN, Scania und das Südamerika-Geschäft Volkswagen Caminhoes e Onibus bündelt. Im September hatte MAN angekündigt, 9500 Stellen in Deutschland und Österreich zu streichen. Beim schwedischen Ableger Scania läuft ein Abbau von 5000 Arbeitsplätzen.

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