Überall in Europa fehlen Lkw-Fahrer. Doch durch den Krieg in der Ukraine ist der Mangel in den baltischen Ländern besonders extrem zu spüren, sodass inzwischen deutliche Einbußen für die Branche befürchtet werden müssen. Vor dem Krieg wurde der Mangel noch weitgehend mit Menschen aus dem Osten (zumeist russischsprachige Länder wie Russland, Belarus, Kasachstan usw.) gedeckt. Dies ist nun wegen Einreiseverboten kaum noch möglich. Ukrainer könnten zwar im Baltikum arbeiten, kehren aber in vielen Fällen lieber in ihre Heimat zurück.
Weil aus dem eigenen Land und in der Region aktuell nicht annähernd genug Fahrer gefunden werden, geht der Blick nun bis weit nach Asien, wo Menschen aus Ländern wie Georgien oder sogar den Philippinen und Vietnam angeworben werden, die aber erst einmal ausgebildet werden und Sprachbarrieren überwinden müssen.
Gehälter für Trucker, verglichen mit anderen Berufen in Lettland, sind mit bis zu 3000 Euro brutto monatlich immer noch hoch attraktiv. Eine Hürde sind die Kosten für den Kurs zur Erlangung der Fahrerlizenz. Die staatliche lettische Agentur für Arbeit (NVA) bietet zwar kostenlose Kurse für registrierte Arbeitssuchende an und bildete im vergangenen Jahr insgesamt ca. 1000 Fahrer in den Kategorien C bzw. CE aus. Dies reicht aber immer noch bei weitem nicht aus. Die Branche verlangt nun u.a. die Herabsetzung des Einstiegsalters von 21 auf 18 Jahre.
Das kleine Lettland mit unter zwei Millionen Einwohnern verfügt nach Angaben der Straßentransport-Vereinigung „Latvijas auto“ über fast 500 Unternehmen mit über 100.000 Angestellten im Sektor, die Hälfte davon Fahrern. Der Straßengüterverkehr ist damit die drittgrößte Branche überhaupt im Lande. Insider fürchten, dass durch den extremen Fahrermangel demnächst eine Pleitewelle bei Speditionen aus Lettland und dem gesamten Baltikum beginnen könnte.