In der Neuauflage der Studie „Ladeinfrastruktur nach 2025/2030: Szenarien für den Markthochlauf“, die von der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur (NLL) des Bundesverkehrsministeriums am Mittwoch, 5. Juni, vorgestellt wurde, werde öffentlichen Ladebedarf 2030 massiv überschätzt, so der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Die Studie soll die Ladebedarfe der Zukunft identifizieren und Zielgrößen für den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur geben.
„Alle Zahlen zeigen, dass der Ausbau des öffentlichen Ladeangebots auf Hochtouren läuft. Die Ladebranche blickt daher mit großer Skepsis auf die Studienergebnisse“, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Die Studie postuliere einen deutlich höheren Bedarf an installierter Ladeleistung als dies die EU in ihrer gerade verabschiedeten AFIR-Richtlinie vorgibt, so der BDEW. In Deutschland soll demnach über 40 Prozent mehr Ladeleistung errichtet werden als die lange verhandelten und ausgiebig geprüften EU-Vorgaben fordern. Das entspreche einem Plus von acht Gigawatt, die vierfache Maximallast der Stadt Berlin, teilte der BDEW mit. Das sei „überdimensioniert“ und werde in diesem Maße „nur mit staatlichen Subventionen oder unwirtschaftlichen Versorgungsauflagen gelingen, da es einfach nicht wirtschaftlich ist, Ladesäulen aufzustellen, die am Ende kaum genutzt werden.“ Unterstrichen werde dies auch von der Annahme in der Studie, dass die Nutzungsdauer der Ladesäulen im Vergleich zur EU in etwa halbiert werde.
„Die Ladeinfrastruktur muss vorauslaufend den Erfolg der E-Mobilität in Deutschland unterstützen. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir, dass die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur eine Neuauflage der Studie ‚Ladeinfrastruktur nach 2025/2030: Szenarien für den Markthochlauf` vorlegt“, sagte Hildegard Müller, Vorsitzendes Verbands der Automobilindustrie (VDA).
Die Studie zeige deutlich, dass „die Lücke zwischen aktuell installierter Ladeleistung in Deutschland und dem von der NLL identifizierten Bedarf im Jahr 2030 groß ist“, so Müller. Der Bedarf an öffentlicher Ladeleistung im Jahr 2030 beträgt laut Studie bis zu 32 GW. Das entspreche der „Leistung von etwa 7000 modernen Windrädern oder etwa 25 Großkraftwerken“, so Müller weiter. „Das heißt: Die derzeit installierte Ladeleistung muss sich in wenigen Jahren bis zu versechsfachen, um dem in der Studie prognostizierten Bedarf gerecht zu werden.“
Insgesamt zeigt die neue Studie laut VDA deutlich, dass der „vorausschauende Ausbau der Ladeinfrastruktur politisch weiter forciert und dringend intensiviert werden“. Letzteres gilt aus VDA-Sicht „insbesondere auch für den Bereich der schweren Nutzfahrzeuge, wo die Herausforderungen nicht zuletzt mit Blick auf die Netzanschlüsse besonders groß sind.“ Sowohl mit Blick auf den Bedarf von Pkw als auch jenen der schweren Nutzfahrzeuge sei es wichtig, „bereits beschlossene Maßnahmen aus dem Masterplan Ladeinfrastruktur II der Bundesregierung umzusetzen. Klar ist zudem: Sowohl der Ausbau der Ladeinfrastruktur als auch der Stromnetze sind erfolgskritisch für den Hochlauf der Elektromobilität und müssen vorauseilend erfolgen“, sagte Müller.