Hannover. Der Chef fuhr ihn persönlich in die Halle. Daimler-Trucks-Vorstand Wolfgang Bernhard setzte sich am Montagabend höchst persönlich ans Steuer des neuen Mercedes-Benz Future Truck 2025 und steuerte ihn in den Hangar am Flughafen Hannover, wo mehrere hundert Journalisten darauf warteten, den ersten autonom fahrenden LKW in seinem spektakulären Design zu sehen, das bisher noch geheim war.
Fahrer kann sich ausruhen
Fahren musste der Daimler-Vorstand das Konzeptfahrzeug dabei nur teilweise, denn auf geraden Strecken wie Autobahnen steuert der Computer den LKW komplett allein. Das hatte Daimler bereits im Juli auf einem noch nicht für den Verkehr freigegebenen Stück der Autobahn A 14 bei Magdeburg ausgewählten Pressevertretern demonstriert. Wenn der LKW autonom fährt, kann der Fahrer den Sitz um 45 Grad zur Seite drehen und entspannen. Nur wenn Abbiegemanöver anstehen, muss der Fahrer wieder übernehmen.
In zehn Jahren soll der LKW auf den Straßen rollen
Und so musste auch Wolfgang Bernhard bei der Einfahrt in die Halle zeigen, ob er wirklich einen LKW fahren kann – was ihm fehlerfrei gelang. Nach dem Einparken des futuristischen Trucks erklärte der Daimler-Trucks-Chef: „Unser Ziel ist es, die Marktreife dieser Technologie bis zur Serienreife konsequent voranzutreiben.“ In zehn Jahren soll der Truck auf den Straßen rollen, so Bernhard weiter. Viele seiner technischen Komponenten seien schon heute verfügbar und einsatzbereit, sagte Bernhard drei Tage vor Beginn der 65. Internationalen Automobilausstellung IAA in Hannover.
Blaues und weißes LED-Licht
Teil der futuristischen Optik sind die weit herunter gezogenen Türen. Durch die Verkleidung der Trittstufen lässt sich der Luftwiderstand verbessern. Besonders auffällig auch die puristischen Linien des Fahrzeugs und die LED-Lampen im Frontbereich des Fahrzeugs. Wird der LKW manuell gesteuert, leuchten sie weiß. Fährt der Truck autonom, wechselt die Farbe des Lichts zu Blau und pulsiert.
Gestartet wird der bekannte 13-Liter-Sechszylinder mit 450 PS noch immer per Knopfdruck. Auch sonst ist noch Vieles so, wie beim bekannten Actros. Der Future Truck besitzt Gaspedal, Bremse und ein 12-Gang-Powershift-Getriebe. Der Fahrer fädelt sich auf die Autobahn ein, und drückt beim Erreichen des Wunschtempos den ebenfalls bekannten Knopf für den Tempomaten – und aktiviert damit den „Highway Pilot“ und das autonome Fahren. Dann zieht der Future Truck sauber seine Spur. Um seinen Weg zu finden, braucht der Silberpfeil nicht mal ein vorausfahrendes Fahrzeug. Er funktioniert unabhängig von anderen Verkehrsteilnehmern alleine durch die Vernetzung seiner Assistenzsysteme. Dabei macht er alles, was sonst der Fahrer macht: Abstand halten, Tempo regeln, durchschwenkende Autos erkennen, Spur halten. Die Sensor- und Kameratechnik arbeitet dabei von Schrittgeschwindigkeit bis zur Höchstgeschwindigkeit.
Dennoch bleibt der Fahrer stets Chef im Ring Der Chauffeur ist jederzeit in der Lage, manuell die Verantwortung zu übernehmen. Autonom überholen kann und soll der Future Truck übrigens nicht. Und wenn der Fahrer die Autobahn verlässt oder an einem Kreuz die Fahrbahn wechseln will, muss er selbst die Steuerung übernehmen.
Verzicht auf Spiegel
Das aktuelle Konzeptfahrzeug ist trotz hohem Sparpotenzial nicht auf Praxistauglichkeit ausgelegt, alleine schon wegen der fehlenden Kühlluftöffnungen. Interessant ist der Verzicht auf Spiegel. Im Test-LKW funktioniert das System mit den beiden Kameras sehr gut. An die beiden an der A-Säule installierten LCD-Bildschirme gewöhnt sich der Fahrer relativ schnell. Zudem hat der Future Truck bereits den neuen Blind Spot Assist verbaut, der Fußgänger und Radfahrer beim Abbiegen erkennt und außerdem beim Spurwechselhilft.