Die Leyland-Vergangenheit sorgt dafür, dass DAF nach wie vor Marktführer auf den britischen Inseln ist. Entsprechend nutzte die Paccar-Tochter die Birmingham Motor Show im April, um die noch fehlenden Euro-6-Motoren sowie die überarbeiteten CF- und LF-Typen zu präsentieren. Mit dem neuen MX-11 bringt DAF aktuell einen 10,8-Liter-Reihensechszylinder, der auf jeden Fall in den Disziplinen Verbrauch und Gewicht punktet. Im direkten Vergleich zum bereits auf Euro 6 umgestellten MX-13 soll der MX-11 rund drei Prozent weniger Diesel konsumieren. Zum Einsatz kommt der MX-11 vor allem in der überarbeiteten CF-Baureihe ab 290 PS, die stärkste Variante mit 435 PS arbeitet auch im neuen XF. Damit will DAF im gewichtssensiblen Fernverkehr punkten.
Technisch kombiniert DAF Bekanntes, aber auch ein paar Leckerbissen: Die neuen Grenzwerte erreichen die Vierventil-Sechszylinder durch Common-Rail-Einspritzung, Turbolader mit variabler Geometrie, die Kombination aus SCR-System, Abgasrückführung (bis zu 35 Prozent Rückführrate) sowie geschlossene Dieselpartikelfilter. Mit angekündigten Wartungsintervallen von bis zu 125.000 km liegen die DAF-Motoren nicht an der Spitze - trotzdem aber recht ordentlich.
DAF POWERED BY BMW? MOTORBLOCK AUS BAYERN
Eine Novität für einen Paccar-Motor sind die doppelten obenliegenden Nockenwellen, die künftig gebaut und nicht mehr geschmiedet sind - Ähnliches kennt man aus Wörth. Das allein bringt 15 Kilo Mindergewicht! Um den künftig steigenden Mitteldrücken Herr zu werden, lässt DAF die Motorblöcke aus stabilem Vermiculargraphit fertigen, dem Vernehmen nach bei einem bayerischen PKW-Hersteller mit ebenfalls drei Buchstaben. In den Zylinderkopf integrieren die Holländer eine neue Hochleistungs-Motorbremse, die bei niedrigen Drehzahlen schon ordentlich verzögern soll. Für die leistungsfähigste Version gibt DAF eine Bremsleistung von über 300 kW bei 2100/min an. Viel wichtiger aber sind rund 100 kW bei 1100/min.
Den Ventiltrieb über Stirnräder platzierte man auf der Seite der Schwungscheibe. Das schafft Platz und sorgt für leisen Lauf. Die Hochdruckpumpen für das künftig mit 2500 bar arbeitende Common-Rail-System sind platzsparend im Motorblock integriert. DAF arbeitet wohl mit Pilot- und Nacheinspritzungen, um die Laufruhe zu erhöhen und die Emissionen weiter zu senken. Die komplette Motorölaufbereitung wurde ebenfalls servicefreundlich zu einer zentralen Einheit kombiniert. Eine zweistufige Wasserpumpe sorgt für verminderte Verlustleistung, wenn der Kühlmittelbedarf nicht so hoch ist.
MOTORBREMSE VERSORGT DIE BETRIEBSBREMSE
Den Lüfterpropeller mit elektronischer Hydrokupplung hat DAF kraftsparend direkt an der Nebenwelle montiert. Zudem soll ein zweistufiger Luftpresser mit Zwischenkühlung für eine Verbrauchsreduktion von bis zu 0,2 Prozent (ca. 0,07 l/100 km) sorgen. Eine Besonderheit ist "Smart Air Supply Control". Es nutzt den Überdruck in Phasen des Motorbremsbetriebes, um die Bremsanlage zu versorgen.
Außerdem hat DAF die kleineren Fünfliter-Vierzylinder sowie Siebenliter-Sechszylinder für den LF und die leichten Varianten des CF optimiert. Die Leistung der Common-Rail-Aggregate blieb ähnlich, die Drehmomente stiegen leicht an. Überarbeitet wurde auch die AS-Tronic, die jetzt in der 12- und 16-Gangversion zusätzliche Funktionen wie Eco-Roll oder "Fast Shift" in den oberen Gängen bietet - leider nicht im LF.
Dafür dürfen sich die Fahrer des kleinsten DAF am überarbeiteten Fahrwerk, das mehr Präzision bieten soll, erfreuen - und die Unternehmer sich an der weiter hohen Nutzlast: Dank diverser Abspeckmaßnahmen soll das Euro-6-Mehrgewicht kompensiert worden sein.
Wie gut die neuen Triebwerke sind, wird sich erst im Test zeigen. Doch kabinenseitig, ist DAF "ordentlich aufgestellt". Auch ohne komplett neue Kabine gelang es wie beim XF, das Interieur ein wenig aufzumöbeln, wobei die "Kleinen" kräftig vom XF profitieren, von dem sowohl das griffige Multifunktionslenkrad als auch der zentrale Instrumententräger samt dem trendigen "Fahrerratgeber", hier DAF Driver Performance Assist, stammen. Von dem erfährt man etwa, dass der Betrieb der Klimaanlage bis zu zwei Prozent Sprit kosten kann. Hätten Sie es gewusst?! Auch bei den Sitzen schöpft DAF kompromisslos Synergien, was aber kein Schaden sein muss, im Gegenteil. Die neuen Fauteuils muten bequem an, man findet schnell eine passende Sitzposition, auch die Bedienbarkeit ist in Ordnung.
Das Rad neu erfunden hat DAF interieurseitig allerdings nicht. Der CF behält seinen wuchtigen Motortunnel. Auf dem kann man mit gut 1,8 Meter Größe nach einem mächtigen Ausfallschritt aus dem Sitz gerade so stehen. Da eignet sich der neue Actros Streamspace viel besser für den Fernverkehr. Das Bett ist relativ schmal, das Stauraumangebot mit Fächern unterm Dach und unter der Liege immerhin brauchbar. Auch im LF bleibt es eine Kraxelei, sollte der Fahrer durchsteigen wollen.
Klar, ein wenig Getrommel muss sein. Aber die wahren Innovationen stecken nicht in, sondern unter den DAF-Kabinen.