Dieses Wort hätte den ehemaligen Verkehrsminister und Anglizismus-Feind Peter Ramsauer mal wieder erzürnt: "Rightsizing". Mit dieser englischen Wortschöpfung, angelehnt an das trendige "Downsizing", bezeichnet Iveco die Hubraumerweiterung seiner Vier- und Sechszylinder-Tector-Motoren im Zuge der Umstellung auf die Euro-6-Norm.
Die auf einem Cummins-Aggregat basierenden, sonst vom Traktor bis zum Mähdrescher im CNH-Industrial-Konglomerat eingebauten, kompakten Common-Rail-Aggregate wuchsen also von 3,9 auf 4,5 sowie von 5,9 auf 6,7 Liter Verbrennungsraum. Und legten entsprechend an Kraft zu. Interessant ist jetzt vor allem der stärkste Vierzylinder, der mit 210 PS und 750 Nm Drehmoment im Solo-12-Tonner genug Power bietet, allerdings noch längst nicht auf Augenhöhe mit MAN und der erstarkten Konkurrenz von Daimler liegt (je 850 Nm). Dennoch könnte es dann auch mit dem "Downsizing" klappen, weil Iveco jetzt - wie auch die versammelte Konkurrenz - bei den Mautkillern zum Sechs- statt Vierzylinder rät. Und satte 120 Kilogramm mehr Nutzlast bei 4,5 Prozent Minderverbrauch ins Feld führt. Allerdings benötigt der 210er eine relativ hohe Drehzahl von 1400/min, um sein Maximalmoment auf die Welle zu bringen.
Seine schwächeren Geschwister kommen da schon früher "zu Potte", wenngleich die Tectoren im Vergleich zum Wettbewerb eher drehzahlorientierte Aggregate bleiben. Was umso weniger stört, als sie im Zuge der gründlichen Überarbeitung der Einspritztechnik ein ganzes Dezibel leiser geworden sein sollen. Vibrationsarm waren sie schon vorher. Gesenkt hat der Hersteller mittels seiner "HI-e-SCR"-Technik auch das Schadstoffniveau. Wie beim großen Bruder Stralis geht Iveco beim Eurocargo ebenfalls den Sonderweg nur mit SCR-Reinigung. Größter Vorteil für den Kunden: Im Vergleich zu dem von der Konkurrenz favorisierten Kombisystem aus SCR und AGR will Iveco mit "SCR-Only" 50 Prozent an Gewicht eingespart haben.
FAHRER MUSS DEN FILTER NICHT EXTRA REGENERIEREN
Außerdem konnten sich die Motoreningenieure im schweizerischen Arbon intensiver der Optimierung des Verbrennungsprozesses widmen - Partikel bleiben bei der Iveco-Technologie weit weniger übrig. Um die Reste kümmert sich dann ein schlichter passiver Partikelfilter, der auf die für Fahrer nervige, zeitraubende und für die CO2-Bilanz fragwürdige regelmäßige Regeneration verzichtet. Er soll 300.000 Kilometer ohne Leerung auskommen. Aus der Praxis mit dem Stralis vermeldet der Hersteller bis zu 400.000 Kilometer - allerdings im regenerierungsfreundlicheren Langstreckeneinsatz - ohne dass der Filter verrußt war.
Damit die Abgasreinigung schneller auf Temperatur kommt, implantierte Iveco eine elektronisch gesteuerte Motorbremsklappe. Nebeneffekt: Die Motorbremse soll an Nachdruck zugelegt haben (ab 160 PS Serie). Formal erreicht die Dauerbremse jetzt 118 kW, wobei Daimler beim neuen Atego mit 145 kW (optional 170 kW) weit mehr Wirkung aus einem Vierzylinder zieht.
ERST AB ZEHN TONNEN MIT PNEUMATISCHER BREMSE
Apropos Bremsen: Auch hier merkt man, dass Iveco sich beim "neuen" Eurocargo auf die Motortechnik konzentriert hat. Denn der in Europa nach wie vor sehr beliebte Verteiler verzögert weiter mit hydropneumatischem Bremssystem, zumindest in der Klasse von 7,5 bis 10 Tonnen. Erst darüber packt dann eigentlich selbstverständlich ein rein pneumatisches System kraftvoller zu. Ab elf Tonnen sichert auch in Serie ESP ab. Pneumatik ist beim Hängereinsatz unerlässlich, erst recht, als im Zuge der Kraftkur auch die Gesamtzuggewichte wuchsen - beim 8- bis 12-Tonner auf 26.000 Kilogramm, bei über 15 Tonnen auf 35.000 Kilo. Tonnagen, in denen sich der Griff zum neuen Topaggregat mit 320 PS empfiehlt. Angeraten sei dann auch das neben der Sechsgangversion und einem Allison-Automaten jetzt verfügbare automatisierte ZF-12-Gang-Getriebe. Das ist aber für alle Sechszylinder-Varianten ab zwölf Tonnen lieferbar. Gleich geblieben sind die Serviceintervalle von bis zu 80.000 Kilometer. Interieur und Exterieur ließ Iveco ebenso unangetastet. Womit man sich - mit Ausnahme des gründlicher erneuerten Atego - in bester Gesellschaft befindet: Bei den Verteilern haben auch MAN und DAF nur das Nötigste getan. Innovationen setzen weiterhin die großen Brüder.