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Abgeschminkt: Mid-Amerika Trucking Show

16.05.2013 08:00 Uhr
Abgeschminkt: Mid-Amerika Trucking Show
Autogrammstunde bei Detroit zum 75. Geburtstag
© Foto: Fabienne Calvet

Trotz anhaltend guter Verkäufe gab sich die Mid-America Trucking Show 2013 deutlich dezenter als in Vorjahren.

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Nachdem der US-Markt jahrelang darbte, sind jetzt wieder fette Zeiten angesagt. Zwar schafften die guten 2012er-Zahlen nicht das hohe Niveau der Rekordjahre von 2003 bis 2006. Aber im Gegensatz zu Europa hält die gute Stimmung 2013 an.

Die hohen Spritpreise sorgen dafür, dass das Thema Verbrauch ganz oben auf der Liste der US-Hersteller bleibt, was Aero-Studien von Freightliner und Navistar anschaulich dokumentierten. Außerdem schreitet die Vereinheitlichung der Baugruppen und damit die Automatisierung der Getriebe weiter voran: Daimler pusht Powershift über die Tochter Detroit, Volvo forciert I-Shift und Paccar automatisiert seine Getriebe mit Eaton.

Generell bleibt die DAF-Mutter Paccar in den USA voll auf dem Gas: Kenworth-Markenchef und Paccar-Vizepräsident Gary Moore konnte das 74. Jahr in Folge(!) schwarze Zahlen präsentieren: 2012 verdiente Paccar 17 Milliarden Dollar. Ein schönes Geschenk für die Marke Kenworth, die heuer ihren neunzigsten Geburtstag feiert und 15 Prozent Marktanteil in der schweren Klasse 8 sowie immerhin acht Prozent in der leichteren Klasse 6 hält.

Ein Erfolg ist auch der (hauptsächlich von DAF entwickelte) MX-Motor als Cummins-Alternative: 2010 stattete Kenworth 2000 Autos damit aus, 2011 waren es 9000 und 2012 liefen schon 17.000 Kennys mit MX-Power.

2012 WURDEN 35.000 GASMOTOREN VERBAUT

Zum Geburtstag stellte Kenworth den neuen T880 vor, der die klassischen T800-Modelle ablöst. Die laufen mit ihrer kurzen schrägen Haube vor allem im Bau- und schweren Verteilerverkehr. Größter Vorteil für die Fahrer: In seiner breiteren und größeren Kabine bietet der 880er viel mehr Platz als der Vorgänger. Beim im Vorjahr präsentierten, gut angenommenen T680 soll ein so genanntes "Advantage"-Spoilerpaket die Aerodynamik nochmal verbessern. Damit untermauert Kenworth seine Pionierstellung als Erfinder des Aerohaubers.

Ebenso gut wie Kenworth steht die Schwestermarke Peterbilt da. In der schweren Klasse 8 hält die Fahrermarke 14 Prozent Marktanteil, in der Klasse 6 sind es 7,7 Prozent. Viel höher ist der Marktanteil an Erdgasfahrzeugen, wo Pete 35 Prozent des (kleinen) Gesamtmarktes hält. Dafür stehen die Cummins-Motoren ISL-G und ISX12-G zur Wahl, optional auch der neue Westport GX. Dabei differenzieren die Amerikaner zwischen Erd- und Flüssiggas. Ersteres nutzen sie gern für Baustellen- und Regionalverkehr. Letzteres eher für lange Strecken. 2012 wurden in Nordamerika rund 35.000 Gasmotoren verkauft, weshalb mittlerweile jeder LKW-Hersteller eine solche Alternative zum Dieselmotor im Programm haben muss.

Bei den Kollegen gut angekommen ist laut Peterbilt-Markenchef Bill Kozek auch der 2012 präsentierte 579er, von dem Pete weitere Versionen nachlegte. Darunter eine kurze Kabine und ein Aerokit. Für die ganz großen Touren steht ein großer 88-Zoll-Sleeper zur Verfügung, darunter schob Pete noch eine "kleine" 44-Zoll-Version ein. Trost für die europäischen Kollegen: Das Platzangebot fällt nicht mehr so viel üppiger aus als in einem Euro-Fernfahrerhaus.

Das neue Gegenstück zum Kenworth 880 ist der Pete 567. Seine Hütte besteht komplett aus Alu. Fahrwerksseitig nähert er sich aber Euro-Standards an. Es gibt endlich Scheibenbremsen in Serie und ESP. Die Fertigung startet ab Juni. Standardmotor ist der Paccar-MX, während der 12-Liter-Cummins in der Optionsliste steht.

POWERSHIFT HEISST IN DEN USA DETROIT DT 12

Auch der Daimler-Konzern konnte einen runden Geburtstag feiern: Die Tochter Detroit (Diesel) wurde 75 und tritt jetzt verstärkt als Systemlieferant auf. Aus Powershift wird bei Detroit das Getriebe DT 12, dazu kommen Hinterachskomponenten. Auch sonst läuft es für Daimler rund: Freightliner ist Marktführer in allen relevanten LKW-Segmenten 6 bis 8, wobei der Cascadia ähnlich wie der Actros als komfortabler Flottenkönig gilt.

Entsprechend stellte man ihm eine "Evolution" genannte Version zur Seite, die bis zu sieben Prozent sparsamer sein soll als der Standard-Cascadia und leistungsseitig nur bis 505 PS hinaufreicht. Auch Freightliner deckt die Gasantriebe über den Cummins ISX12 G ab.

Bei den Verteilern löst der neue 122 SD den Coronado SD ab. Er ist für schwere Einsätze gedacht, bei denen nicht unbedingt eine große Kabine benötigt wird.

Für Holz- und Schwertransporte ist eher Western Star zuständig. Nachdem die extrem konservativ auftretende Daimler-Tochter in den USA drei und in Kanada gar neun Prozent Marktanteil holen konnte, beschloss Daimler, das schon von der Schließung bedrohte Werk in Portland zu modernisieren. Eine Spezialität Western Stars sind auch die harten Brocken der 6900er-Serie, die gern in Minen eingesetzt werden. Wer hier ein automatisiertes Getriebe bestellt, wird aber an die Allison Schwerlastautomatik verwiesen.

Weniger glücklich mit dem US-Markt ist Volvo, wo die Auslieferungen im Januar 2013 gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat um 50 Prozent zurückgingen. Auch, weil die Produktion gedrosselt wurde und das Werk zwei Wochen lang geschlossen war. F

FÜR VOLVO IST "MADE IN THE USA" SEHR WICHTIG

Volvo nutzt im Vergleich die meisten Euro-Komponenten in den USA, inklusive des FH-Kabinenrohbaus. Auch die Schweden pushen natürlich ihre eigenen Motoren und Getriebe: Laut dem neuen Marketing-Chef Göran Nyberg laufen 79 Prozent der dort verkauften LKW mit eigenen Maschinen und 46 Prozent wechseln die Gänge per I-Shift. Doch Amerikaner haben gern die Wahl und denken sehr konservativ. Vielleicht auch deshalb versuchten die Schweden, die "Volvorisierung" der einstigen Marke White mit "Made in the USA"-Aufklebern etwas abzuschwächen.

Neu ins Programm kamen die VNX-Schwerlastsattelzugmaschine mit 600-PS-D16 und eine Flüssiggasversion des D-13-Aggregates. Der soll gegenüber einem Erdgas-Ottomotor bis zu 20 Prozent effizienter arbeiten. Den I-Shift-Zuspruch nutzten die Schweden, das Getriebe jetzt auch in den USA zum Serienstand zu erheben.

Ähnlich wie bei Renault Trucks in Europa legte Volvo in den Staaten die Vertriebsorganisationen von Mack und Volvo USA zusammen. Die Eigenständigkeit Macks soll über Detailänderungen am Triebstrang erhalten bleiben. Das gilt auch für die Bezeichnungen der Motoren und Getriebe, die bei Mack MP 8 statt D13 und M-Drive statt I-Shift heißen. Trotzdem ist Mack-Präsident Kevin Flathery stolz darauf, dass die Marke mit der Buldogge auch nach 113 Jahren noch Biss und Eigenständigkeit hat. Stark ist Mack traditionell bei Baufahrzeugen und 4x2-Sattelzugmaschinen (meist ohne Sleeper), wie sie UPS gern einsetzt. Im reinen Fernverkehr tut sich der Pinnacle dagegen immer noch schwer, die ganz großen Stückzahlen zu machen. Das möchte man mit der Einführung von M-Drive (I-Shift) ändern. Außerdem setzt auch Mack auf Gasmotoren. Dabei lassen sich die Bulldoggen mit CNG, LNG oder einen Mix aus beidem füttern.

NAVISTAR HAT SICH TOTAL VERKALKULIERT

Bescheiden war der Auftritt von Navistar, wo man bis letztes Jahr glaubte, die EPA 10 (entspricht Euro 6) allein mit EGR erreichen zu können - ein fataler Irrtum! Deshalb muss die Marke für jeden verkauften Truck 2000 Dollar "Ablass" zahlen und holte im Oktober 2012 den Cummins ISX 15 (mit SCR) ins Programm. Ursprünglich schied Cummins 2009 als Motorenlieferant aus. Es gibt also viel zu tun für den neuen Chief Operating Officer Troy Clarke (der von GM kam), um Navistar wieder schwarze Zahlen zu bringen. Vorerst rudert die Marke zurück. Man schloss die Fabrik in Garland/Texas und beendete die Kooperation mit Mahindra in Indien. Außerdem treibt Navistar die Entwicklung der EPA-10-tauglichen Maxx-Force-Maschinen voran, deren große Ausführungen auf dem MAN D20/ D26 basieren. Man munkelt, dass der Euro-6-konforme neue D 26 der Strohhalm sein könnte, an den sich die Amerikaner klammern.

Man kann davon ausgehen, dass der 111 Jahre alte schlingernde Konzern auch von einem Herrn Piëch in Salzburg mit Argusaugen beobachtet wird - Navistar würde exakt die Märkte bedienen, auf denen MAN und Scania nicht präsent sind - zumal der US-LKW-Markt momentan erfreulicher läuft als der europäische.

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