Wir Fahrer stehen doch sowieso ständig mit einem Bein im Gefängnis!", das hört man auf der Straße immer wieder. Ob unzulässige Achslast oder Abstandsverstoß; die Gefahr, gegen eine Verkehrsregel oder Vorschrift zu verstoßen, ist latent vorhanden.
Und dann auch noch das: Wegen des Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes BKrFQG werden Bus- und LKW-Fahrer zur "Zwangsschulung" geschickt. Wie es scheint, glauben wohl besonders die "alten Hasen", nichts mehr hinzulernen zu müssen. Wie auf Seite 70 beschrieben, verleitet diese Denke offenbar dazu, sich in dubiosen Hinterzimmern mit unzulässigen Weiterbildungsnachweisen zu versorgen oder der Führerscheinstelle manipulierte Kopien vorzulegen.
BUNDESREGIERUNG WILL EINSCHREITEN
Die Betrugspraxis hat sich bis in die Politik herumgesprochen. Die Fraktion "Bündnis 90/Die Grünen", u.a. vertreten durch die Abgeordneten Kühn, Hofreiter und Wilms, hat schon Ende 2012 diesbezüglich eine "Kleine Anfrage" an die Bundesregierung gestellt. Man wollte wissen, "welche Erkenntnisse die Bundesregierung über Fälle von missbräuchlichem Handel mit Teilnahmebescheinigungen gemäß BKrFQG hat, und darüber, welche Maßnahmen auf Länderebene ergriffen werden". Die Antwort fiel knapp aus. "Konkrete Zahlen liegen der Bundesregierung nicht vor. Es scheint aber Fälle missbräuchlichen Handels zu geben." Es würden Verordnungsänderungen zur Unterbindung von Missbrauch erarbeitet. Auf die Nachfrage des TRUCKER antwortete das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BMVBS: "Die Ressortanhörung zur Änderung der Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung steht unmittelbar bevor. Die Regelungsänderung wird voraussichtlich 2014 in Kraft treten. Im Entwurf sind zur Unterbindung von Missbrauch u.a. die Überwachung von Ausbildungsstätten und Unterrichtsräumen geregelt. Bußgeldtatbestände sind erweitert worden." Desweiteren sollen die Unterrichtsbescheinigungen dann nach einheitlichen Mustern erfolgen.
BAG WIRD VERSTÖSSE MELDEN
Auch das Bundesamt für Güterverkehr BAG wartet auf die angekündigte Gesetzesnovelle, die sich auf die Anerkennung/Überwachung von Ausbildungsstätten beziehen. Der BAG-Kontrolldienst selbst hat keine Möglichkeit zu erkennen, ob eine Weiterbildung im Einzelfall korrekt durch Kursteilnahme erworben wurde. Die Beamten müssen auf die Eintragung der Schlüsselzahl 95 vertrauen. Pressesprecher Horst Roitsch warnt aber, dass das BAG konsequent handeln wird, wenn man etwa bei der Bearbeitung von Förderanträgen auf Betrugsfälle stoße: "Werden Tatsachen bekannt, die darauf hindeuten, dass Fördergelder für nicht ordnungsgemäß durchgeführte Weiterbildungsmaßnahmen beantragt werden, so besteht im Regelfall der Verdacht des Straftatbestands des Subventionsbetruges, und es erfolgt eine Mitteilung an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden."
Die möglichen Strafen für "Händler" - etwa eine Institution, die fünf Bescheinigungen nach 12 Stunden Schulung anbietet - sind das eine. Welche Folgen es hat, wenn ein Fahrer kopierte/manipulierte oder gekaufte Nachweise vorlegt, das andere. "Die Teilnahmebescheinigungen sind Grundlage der Fahrerlaubnis und damit Urkunden", erklärt TRUCKER-Rechtsanwalt Matthias Westerholt, "wer eine solche fälscht oder fälschen lässt und benutzt, macht sich strafbar wegen Urkundenfälschung." Das wird mit Geldstrafe und/oder Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet. Das Verwenden einer 30-Euro-Bescheinigung aus dem Hinterzimmer ist ebenfalls strafbar. "Wer der Behörde eine gefälschte Schulungsbescheinigung vorlegt und dadurch die 95 im Führerschein eingetragen bekommt, macht sich der mittelbaren Falschbeurkundung strafbar. Darauf stehen bis zu drei Jahren Gefängnis oder Geldstrafe." Der Anwalt schätzt, dass die Richter in solchen Fällen nicht unbedingt Gnade walten lassen. "Mit einer kleinen Geldstrafe wird man auch beim ersten Mal nicht davonkommen. Die Gerichte werden solche Taten als erheblich einstufen, schließlich verstößt das Vorlegen gefälschter Bescheinigungen auch gegen das BKrFQG selbst."
OHNE DIE 95: BIS ZU 5000 EURO STRAFE
Führt ein Fahrer im Güterkraft- oder Personenverkehr eine Fahrt zu gewerblichen Zwecken ganz ohne Nachweis der Grundqualifikation und/oder Weiterbildung gemäß BKrFQG durch, muss er ebenfalls mit hohen Strafen rechnen. Paragraph 9 BKrFQG regelt, dass diese Ordnungswidrigkeit mit einer Buße von bis zu 5000 Euro bestraft werden kann. Und nicht nur der Fahrer ist dran, sondern auch das Unternehmen, das die Fahrt wissentlich anordnet oder zulässt. Es muss mit bis zu 20.000 Euro rechnen.
Die Höhe der einzelnen Sanktionen (je Arbeitsschicht!) bei Kontrollen in Deutschland ist im "Buß- und Verwarnungsgeldkatalog für Zuwiderhandlungen gegen das BKrFQG" festgeschrieben und vom BAG veröffentlicht, in der Tabelle unten der Auszug "Güterverkehr".