Leichter als 18 Tonnen Gesamtgewicht baut Scania nicht. Das war schon bei der Vorgängergeneration des P so und wurde beim Ende 2017 präsentierten Nachfolger beibehalten. Hauptgrund dafür, das Programm nicht nach unten auszuweiten, ist das Baukastensystem von Scania. Es hält für den P kostengünstig viele Bauteile der großen Fernverkehrsmodelle R und S bereit. Neben allen daraus resultierenden Vorteilen, mit denen wir uns später befassen, hat das aber ein vergleichsweise üppiges Leergewicht zur Folge. Ebenfalls kein Fliegengewicht ist der DC09-Fünfzylinder, der mit neun Litern Hubraum für die 18-Tonnen-Klasse stattlich bemessen ist, bislang aber die kompakteste Motorisierung für den P darstellte.
Hier schaffte man zum Modellwechsel Abhilfe in Form eines kompakteren Sechszylinders, der laut Scania immerhin 360 Kilo zum größeren DC09 spart. Das Testfahrzeug bringt ohne Aufbau allerdings immer noch 6,03 Tonnen auf die Waage, wodurch der P weiterhin nicht zu den Leichtgewichten seiner Klasse zählt.
Vielen Kunden dürfte allein der geldwerte Vorteil von mindestens 7755 Euro Motivation genug sein, dem neuen Motor den Vorzug zu geben. Im Klaren muss man sich aber darüber sein, dass man kein Aggregat aus hauseigener Produktion erhält. Zwar trägt die Zylinderkopfabdeckung des DC07 stolz den Scania-Schriftzug, es handelt sich jedoch um ein Produkt mit US-amerikanischen Wurzeln aus dem Hause Cummins. Warum die Schweden diesen Motor dem D08-Sechszylinder von der Konzernschwester MAN - ebenfalls mit knapp sieben Litern Hubraum - vorziehen, darüber hüllt sich Scania in Schweigen.
DAS CUMMINS-AGGREGAT BIETET HOHE LAUFRUHE
Dem Kunden darf das herzlich egal sein, auch das Cummins-Aggregat weiß zu gefallen. Fahrer, die vom DC09-Fünfzylinder umsteigen, werden sich anfangs lediglich über das andersartige Verbrennungsgeräusch wundern. Profitieren werden sie von dem - dank kompakterem Motor - um 9,5 Zentimeter niedrigeren Motortunnel in der Kabine. Und von der hohen Laufruhe und guten Elastizität des neuen Einstiegsmotors.
Auch niedrigste Drehzahlen sind dank der 1200 Newtonmeter Drehmoment ab 1050/min kein Problem. Das achtstufige Opticruise-Getriebe scheint der Sache allerdings nicht so ganz zu trauen, jedenfalls nicht immer: Einerseits lässt die Steuerungssoftware der automatisierten Schaltung bei Landstraßentempo die Drehzahl an Steigungen ökonomisch richtig bis auf 1000 Touren fallen, bevor eine Rückstufung erfolgt. Bei höheren Geschwindigkeiten, sprich auf der Autobahn, agiert der Automat dagegen hektischer, stuft bereits bei 1350/min zurück und erklimmt Berge dadurch mit unnötig hohem Drehzahlniveau. In diesem Punkt sollten die Scania-Ingenieue nachbessern.
Ansonsten gefällt die Achtgang-Opticruise mit sauberen und dank Vorgelegewellenbremse schnellen Fahrstufenwechseln, die denen in großen Fernverkehrsmodellen nicht nachstehen.
Nur mit größerem Aufwand beheben ließe sich dagegen das Manko der 143 PS schwachen Auspuffklappenbremse. Selbst harmlose Gefälle schafft der 18-Tonner nur durch beherztes Beibremsen vonseiten des Fahrers. Abhilfe könnte ein Retarder bringen, den bietet Scania in Kombination mit dem Cummins-Motor aber nicht an.
Abgesehen davon darf sich der P-Fahrer dank eingangs erwähntem Baukastensystem aber über viele Annehmlichkeiten aus den R- und S-Modellen erfreuen, die in dieser Klasse längst nicht selbstverständlich sind. Der Armaturenträger ist der gleiche wie in den Scania-Langstreckenmodellen und wartet mit einer überdurchschnittlichen Haptik und Materialauswahl sowie tadelloser Verarbeitung auf. Selbst auf unebenen Pisten ist dem Inventar keinerlei Klappern oder Knistern zu entlocken.
ÄHNLICH LEISE WIE DIE FERNVERKEHRSMODELLE
Die mit einem satten "Flopp" ins Schloss fallenden Türen verfügen wie die Fernverkehrs-Lkw über doppelt verglaste Seitenscheiben. Sie tragen dazu bei, das Geräuschniveau ähnlich niedrig wie bei den großen Scanias zu halten. Bei Landstraßentempo 65 km/h dringen so lediglich 62 dB(A) und bei 85 km/h 66 dB(A) ans Fahrerohr. Das passt gut zur Scania-typisch angenehm direkten Lenkung und zu dem auf Komfort abgestimmten Fahrwerk.
Alleinstellungsmerkmale in der Verteilerklasse sind bis auf weiteres die elektronisch gesteuerte Parkbremse und die LED-Scheinwerfer, die Scania gegen Aufpreis für den P bereithält.
Wichtiger im unübersichtlichen Stadtverkehr sind unverbaute Sichtverhältnisse aus der Kabine. Auch hier spürt man die Neuentwicklung beim P. Schmale A-Säulen und der tief gezogene Armaturenträger sorgen in Kombination mit der niedrigen Sitzposition für eine überdurchschnittliche Rundumsicht. Das optional lieferbare Zusatzfenster im unteren Teil der Beifahrertür (750 Euro) empfanden wir als weniger hilfreich als vom Hersteller angepriesen. Besser kann's sicher der neue, im Testfahrzeug noch nicht verbaute Abbiegeassistent, den Scania zur IAA nachschob.
Und wie schlägt sich der kleine Scania beim Verbrauch? Der P 280 überwand unsere Verteilerrunde mit 18,5 l/100 km und war damit sehr sparsam unterwegs, auch wenn wir mit 17,2 Tonnen das zulässige Gesamtgewicht nicht völlig ausgeschöpft haben. Noch mehr sparen könnten eine Eco-Roll-Funktion oder der GPS-Tempomat CCAP. Beides bietet Scania in Verbindung mit dem Achtgang-Opticruise aber nicht an. Durch irgendetwas müssen die stärkeren Motoren schließlich ihre Daseinsberechtigung behalten.
TRUCKER-FAZIT - Komfort-Verteiler
Im P-Scania fühlt sich der Fahrer fast wie in einem Fernverkehrs-Lkw. Hoher Fahrkomfort trifft wertiges Ambiente und manche Details bietet in dieser Fahrzeugklasse (noch) kein anderer Hersteller. Der laufruhige Cummins-Sechszylinder erweist sich als sparsamer Begleiter, der zusätzlich bei der Anschaffung spart. Ein Sonderangebot ist aber auch der Einstiegs-P nicht - ebenfalls wie bei den großen Scanias.