Iveco ist "Hi": Dem Fernverkehrsauto "Hi-Way" folgen die Nahverkehrskabine "Hi-Road" und jetzt für die Baustelle der "Hi-Land". Die jüngste Version der "Baubullen", die im Gegensatz zum Stralis schon immer aus Madrid kam, soll auf Europas Baustellen wieder Boden gut machen. Für einen ersten Fahreindruck stand ein 450er- 6x4 mit Meiller-D316-Dreiseitenkipper und Tandemachshänger bereit. Mit 12.217 Kilo Leergewicht zählt der Iveco weiterhin zu den schwereren 6x4-Fahrgestellen: Die beiden großen Platzhirsche bleiben (ähnlich konfiguriert) in der Regel knapp unter der Zwölf-Tonnen-Marke. Wirklich kritisiert wurden bei den "Baubullen" aber meist die wenig wertigen Innenräume, die jetzt durch eine komplett neue Armaturentafel aufgewertet wurden. Dabei bleibt das jetzt teils verwendete Carbonimitat "ehrlich", indem es den klassenüblichen Hartkunststoff auch als solchen erkennen lässt.
VIELES GREIFT SICH JETZT SPÜRBAR WERTIGER
Wertiger wurden auch Details wie das Lenkrad, der versetzte Hebel der Feststellbremse und die Lüftungsausströmer. All das fasst sich jetzt besser und solider an. Und, noch erfreulicher: Es riecht nicht mehr so streng! Die Ausdünstungen der Kunststoffe sind Vergangenheit. Jetzt müssen die Spanier den Serienautos nur noch das gelegentliche (immerhin satte) Knarzen des Armaturenträgers auf groben Unebenheiten abgewöhnen.
In der Mittelkonsole lassen sich zwei Fächer mit Kleinkram oder mit Unmengen von Kippen füllen, was Kettenraucher freuen dürfte. Darunter platzierte Iveco eine DIN-A4-große Ablage samt zweier Becher- bzw. Dosenhalter. Dazu kommen eine 12- und eine 24-Volt-Steckdose. Mit dem Schreibbrett und den Flaschenhaltern an der Rückwand ist man ablagemäßig gut für den Alltag gerüstet.
Beim Starten brauchen der Systemcheck und die Wegfahrsperre einige Bedenksekunden, ehe sie den Cursor 13 zum Leben erwecken. In Fahrt bemerkt man positiv, dass Bodenunebenheiten die Lenkung kaum beeindrucken. Sie gehört im Feld der Baufahrzeuge wie erwartet zu den exakten, obgleich sie die her ausragend entkoppelten Qualitäten der MAN-Steuerung nicht ganz erreicht. Eine Qual für die Ohren ist beim Abbiegen übrigens immer wieder das fiese und laute Blinkerpiepen.
SICHER: BERGAB WERDEN DIE GÄNGE GEHALTEN
Ordert man den Iveco wie den Vorführer mit Blattfedern rundum, vermisst man leer den sänftenartigen Komfort des 8x4. Voll beladen gibt sich der Baubulle dann sanfter und exakt austariert. Die Bremsen, Scheiben vorn und Trommeln hinten, lassen sich exakt dosieren.
Die AS-Tronic hat Iveco auf noch längeres Halten der Gänge programmiert. Im Straßenmodus lässt sie den Cursor 13 teils bis auf 900 Touren fallen, bevor sie zurückschaltet - das bullige Drehmoment gibt das locker her. Wer bergab oder offroad unterwegs ist, wird erfreut feststellen, dass ein vorgewählter niedrigerer Gang ebenfalls gehalten wird. Nimmt man dann noch den Retarder dazu, lässt sich der vollbeladene Zug auch an steilen Gefällen locker zäumen.
Umgekehrt muss man beim Hochschalten manchmal manuell nachhelfen, wenn der Hi-Land aufs Lupfen des Gasfußes nicht reagiert. Den ignoriert der Schaltroboter vor allem nach hochprozentigen Steigungen, wo Drehzahlen und Kraft gefordert sind und die AS-Tronic folgerichtig im kleinen Gang bleibt.
Dass Iveco ab 2014 das neue ZF-Traxon-Doppelkupplungsgetriebe verbauen wird, ist eine kluge Entscheidung: Die aktuelle AS-Tronic lässt sich beim Schaltvorgang im Vergleich mittlerweile viel Zeit.
Seine Kraftreserven tut der "Hi(gh)lander" akustisch mit einem dumpfem Donnern kund. Das dürfte mit den, dann auf Common-Rail umgestellten, Euro 6-Motoren eher noch bulliger werden, wie erste Testfahrten mit diesen Aggregaten zeigen.
Der Cursor 13 kann jetzt übrigens auch mit der "I.s.a.r.-Control" genannten Fernsteuerung von Meiller gestartet werden, sofern die Zündung "an" ist. Das ist praktisch, wenn man an einer unübersichtlichen Abladestelle steht, den Nebenabtrieb schon geschaltet hat, aber noch länger warten muss: Dann erweckt ein Knopfdruck den Motor wieder zum Leben.
Bei der EEV-Version blieben Wartungs- und Servicepunkte gleich. Angenehm ist einmal mehr die Motor-Start-Stopp-Funktion unter der Kabine, die beifahrerseitig gut erreichbar ist.
Den Kühler schützt von unten eine solide Stahlplatte; unter der Frontklappe liegen die Nachfüllstutzen für den Kühlwasserausgleichsbehälter (hoffentlich nie nötig, aber trotzdem zu weit oben) und fürs Waschwasser (weit genug unten und gut erreichbar).
Den Ölstand kontrolliert die Elektronik. Zum manuellen Messen gibt es einen Stab. Um den zu erreichen oder Öl nachzufüllen, muss man die Kabine kippen.
WER IM GLASHAUS SITZT, MUSS DIE SPIEGEL HÜTEN
Das Fahrerhaus basiert weiterhin auf dem seit 1991 verwendeten Rohbau, der immer noch mit einem angenehmen Einstieg und ordentlicher Übersichtlichkeit punktet, aber nicht mehr zu den allersteifesten im Segment zählt.
Solide greift sich die Dachreling des Baupaketes an. Bei Regen sollte man aber aufpassen: Dann sammelt sich dort über dem Fahrerfenster Wasser, das ungebremst nach unten fließen kann. Wer jetzt das Fenster öffnet, bekommt unter Umständen eine kalte Dusche. Das ist vor allem dann ärgerlich, wenn sich an kalten Tagen Kondenswasser auf dem Auto gesammelt hat oder man bei nasser Witterung die teils neu gestaltete Armauflage der Türverkleidung nutzt und mit leicht geöffnetem Fenster rangiert oder fährt. Derartige "Altlasten" konnten die Entwickler rohbaubedingt leider nicht korrigieren.
Trotzdem machen die optimierten Kleinigkeiten das Arbeiten mit den neuen Bullen spürbar angenehmer. Derart gerüstet sollte Ivecos neuer "Highlander" auf so mancher Baustelle wieder Boden gutmachen respektive Marktanteile gewinnen können - künftig auch in Euro 6.
TRUCKER-FAZIT
Etwas besser
Der neue Hi-Land hat die wichtigsten Kritikpunkte beseitigt. Den ganz großen Schritt nach vorn wird aber erst der komplett neue Nachfolger ab 2014 oder 2015 machen.