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22.05.2018 12:00 Uhr
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Erkennungszeichen der V8-Scania ist die in Schwarz lackierte Front
© Foto: Karel Sefrna

Der V8 gehört zu Scania wie der Hopfen zum Bier. Im Test muss der R 520 beweisen, ob man auch mit zwei zusätzlichen Zylindern sparsam unterwegs sein kann.

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IM TEST: SCANIA R 520

  • Modell: Scania R 520 Highline
  • Hubraum: 16.400 cm3
  • PS (kW): 520 (382) bei 1900/min
  • Drehmoment (Nm): 2700 bei 1000 - 1400/min
  • Leergewicht: 7672 kg (400 l Diesel, 47 l AdBlue)

An Selbstbewusstsein mangelt es Scania-Mitarbeitern wahrlich nicht. Vor allem nicht in Bezug auf die in "Rubyrot" lackierte Test-Zugmaschine. Der gab die schwedische Presseabteilung nämlich werksintern den Spitznamen "Mjölner" und dieser bezeichnet im Schwedischen nicht weniger als die magische Waffe, mit welcher der Kriegsgott Thor einst kämpfte. Nach der nordischen Mytologie war der Kriegshammer die mächtigste Waffe seiner Zeit, die problemlos selbst ganze Berge dem Erdboden gleich machen konnte.

DER SCHWÄCHSTE V8 WARTET MIT HOHEM DREHMOMENT AUF

Ziemlich hoch gegriffen für einen Truck mit "nur" 520 PS? Vor allem weil man mit einem 650er oder gar 730er doch ungleich stärkere Waffen ins Rennen schicken könnte, um Berge einzuebnen. Mit den "Feinden" in seiner Leistungsklasse verglichen, ist der 520er aber tatsächlich mit seinen 2700 Newtonmeter Drehmoment das stärkste Stück im Feld - wenn auch nur knapp.

Was für viele Fahrer mehr zählt als schnöde Zahlen, offenbart sich, sobald man den Zündschlüssel umdreht. Dann erwacht der großvolumige V8 zum Leben, inklusive des unverwechselbaren, grolligen Sounds, für den die Fans die schwedische Marke lieben.

Sicher nicht zufällig ist das Motorengeräusch seit der jüngsten Überarbeitung übrigens wieder etwas lauter in der Kabine vernehmbar, auch wenn die Geräuschkulisse auch in diesem Scania insgesamt sehr niedrig bleibt. Zusätzlich änderten die Schweden Luftansaugung und Einspritzung, was unter anderem dafür sorgt, dass der 16,4 Liter große DC16 eine Spur kehliger atmet und jetzt sogar noch besser klingt - auch wenn das natürlich reine Geschmachssache ist.

Fast schon störend empfinden wir allerdings das Pfeifen des ebenfalls neu entwickelten Turboladers mit fester Turbinengeometrie, wenn am Berg volle Leistung abgerufen wird.

Viel wichtiger für diejenigen, die am Ende des Monats die Spritrechnung bezahlen müssen: Auch an der Verbrauchsschraube seines V8 will Scania gedreht haben. Genauer gesagt, soll das Triebwerk nun mit bis zu zehn Prozent weniger Sprit auskommen. Größten Anteil daran hat der Verzicht auf die verbrauchstreibende Abgasrückführung, für die bislang größere Lüfter angetrieben werden mussten. Der neue V8 schafft (mit Ausnahme der 730-PS-Topmotorisierung) die Euro-6-Werte dagegen allein mittels SCR-Kat und Partikelfilter.

Von der geänderten Technik bekommt der Fahrer auf der Straße nichts mit. Was man dagegen bereits nach wenigen Kilometern feststellt: V8 fahren macht Spaß, auch in der schwächsten Form mit 520 PS! Der Motor hängt überaus spontan am Gas und setzt Pedalbefehle in Sekundenbruchteilen um.

Gibt es aber gerade nichts zu tun - außer die 40 Tonnen schwere Testfuhre in der Ebene auf Reisetempo zu halten - gibt sich das Aggregat betont lässig und blubbert mit knapp 1100 Touren fast schon gelangweilt dahin.

Selbst Steigungen bringen die Steuerungselektronik nicht aus der Ruhe, sie weiß eben um das starke Drehmoment des Achtzylinders. Außerdem hat der akkurat abgestimmte GPS-Tempomat "Cruise Control Active Prediction" (CCAP) bereits abgeschätzt, inwieweit der bevorstehende Berg den Vortrieb beeinflussen könnte. CCAP lag in seinen Entscheidungen auf unserer 353 Kilometer langen TRUCKER-Testrunde immer richtig. Das Zusammenspiel zwischen Motor, Getriebe und Elektronik haben die Entwickler in Södertälje mittlerweile bis ins Kleinste perfektioniert.

An harmloseren Steigungen tritt CCAP - zumindest in dem von uns gewählten Standardmodus - automatisch aufs Gas, um möglichst viel Schwung mit in die Steigung zu nehmen. Im Gegenzug kann meist auf eine Tempo und Sprit kostende Rückschaltung verzichtet werden und der R 520 wuchtet die Fuhre mit lediglich 900/ min problemlos hangwärts.

STEILE BERGE ERKLIMMT DER SCANIA MIT DEM TYPISCHEN V8-GROLLEN

Verlangt die Steigung dagegen nach härteren Geschützen, holt der Achtzylinder spätestens bei 1000/min in Form einer Rückschaltung tief Luft und mobilisiert dann im Elften bei 1300/min fast seine ganzen 520 PS grollend gegen den Steiungswiederstand. Auf diese Weise erweckt der R 520 den Eindruck, dass er überdurchschnittlich schnell bergauf stürmen würde. Wer, wie wir, die Zeiten an den Messbergen unserer Testrunde vergleicht, stellt aber fest, dass der Schwede der Konkurrenz, wenn überhaupt, nur wenige Sekunden, aber keine ganzen Zuglängen abnimmt.

Ist die Kuppe in Sichtweite, schaltet sich der V8 wieder in den Eco-Modus und CCAP nutzt die Rollenergie der 40 Tonnen, um im Schubbetrieb über die Kuppe zu rollen. Vorher hat das automatisierte Opticruise natürlich entsprechend hochgeschaltet. Vor allem in diese Richtung wechselt die von Scania selbst entwickelte Zwölfgangbox die Gänge seit dem Modellwechsel schneller - in genauen Zahlen in 0,4 Sekunden. Dafür sorgt die sogenannte Vorgelegewellenbremse, welche die benötigten Zahnräder gezielt abbremst, damit diese schneller einrücken können.

Talwärts sorgt beim Testfahrzeug der Retarder aus Scania-eigener Entwicklung mit der Kraft von 680 Pferdestärken für Verzögerung. Auf die Zusatzdauerbremse aus Gewichts- oder Preisgründen zu verzichten, sollten sich Scania-Käufer genau überlegen. Schließlich ist die Aufpuffklappenmotorbremse des Schweden eher schwächlich. So droht man sich der unwürdigen Gefahr auszusetzen, bergab langsamer unterwegs zu sein als bergauf. Dem Retarder reicht dagegen meist auch in steilen Gefällen die Rückstufung um einen Gang, um den voll ausgeladenen Zug zuverlässig bei 90 km/h zu halten.

MODERATER DIESEL-ZUSCHLAG FÜR DIE BEIDEN ZUSÄTZLICHEN ZYLINDER

Besonders gespannt waren wir auf die Verbrauchswerte des neuen V8 in Relation zum 500 PS starken Reihensechszylinder (siehe TRU-CKER 3/2017). Ja, die beiden zusätzlichen Zylinder fordern ihren Tribut, doch er bleibt durchaus im Rahmen: Mit 26,57 l/100 km schiebt sich der R 520 in unserem Verbrauchsranking auf einen respektablen vierten Platz. Mit eingerechnet ist dabei wie immer der AdBlue-Konsum, der aufgrund der Only-SCR-Technik bei 8,3 Prozent und damit höher ausfällt.

Was bleibt sonst über "Mjölner" zu sagen? Fahrverhalten und Lenkung eines Scania zu loben, hieße Eulen nach Athen tragen, und im Fall des R 520 gilt das im Besonderen. Denn endlich schickten die Schweden mal ein Testexemplar, das an der Vorderachse über die serienmäßigen Blattfedern anstatt der optionalen Luftfederung verfügt. Wir finden, dass die strafferen Blattfedern dem Scania ein verbindlicheres Fahrverhalten bescheren, außerdem sparen sie Gewicht.

Und Letzteres hat der Greif dringend nötig, denn mit fast 7,7 Tonnen Leergewicht kratzt Mjölner an der oberen Skala. Ein Tribut, der zum Großteil aufs Konto des schwer wiegenden Achtzylinders geht. Doch sicher verfügte Thors Kriegshammer seinerzeit ebenfalls über eine solide Bauweise.

FAZIT

Leise, und fast immer durchdacht

Besonders auffällig ist die niedrige Geräuschkulisse im Scania. Obwohl man manchmal gern deutlicher zuhören möchte, wenn sich der bullige V8 so richtig ins Zeug legt. Auch der Retarder arbeitet sehr leise und ist schon in der ersten Stufe eine Macht. Das ist von Vorteil, weil der Fahrer so nicht in Versuchung kommt, die verschiedenen Stufen einfach durchzureißen, was bekanntlich auf die Reifen geht.

Hinter dem Steuer bietet der Schwede angenehmen Komfort und hohe Wertigkeit. Vor allem die Lenkung gefällt durch ihre fahraktiv direkte Auslegung. Mir persönlich würde die kleinere R-Kabine genügen, denn deren Motortunnel stört im Alltag nicht. Egal ob R- oder S-Kabine: Als sehr unpraktisch empfinde ich den übergroßen inneren Türgriff. Großgewachsene Fahrer stoßen sich an dem ständig das Außenknie, was mit der Zeit schmerzvoll werden kann. TRUCKER-Tester Wolfgang Obermaier

Wirtschaftlicher Motivator

Zu einem V8 wird wohl kaum ein Fahrer Nein sagen. Und der R 520 bietet die wohl günstigste Möglichkeit, einen zu fahren. Sein Aufpreis bei der Anschaffung ist noch verschmerzbar und dank des technischen Motorupdates ohne Abgasrückführung stimmt auch der Verbrauch. Insofern bildet der "kleine" Achtzylinder einen guten Kompromiss aus Fahrermotivation und Wirtschaftlichkeit. TRUCKER-Tester Jan Burgdorf

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