Sein persönliches Ziel hatte sich Thomas Fensel schon im Vorfeld des Young-European-Truckdriver-Finales gesetzt: "Ich will natürlich gewinnen und die Scania-Zugmaschine mitnehmen!", erklärte der 24-Jährige, der die deutschen Farben bei Scanias Fahrerwettbewerb vertrat.
17.000 LKW-Fahrer machten europaweit in diesem Jahr mit. Einzige Teilnahmebedingung: Nicht älter als 35 Jahre! Warum diese Altersgrenze? Weil nach den Unfallstatistiken der Europäischen Union junge Fahrer die meisten Unfälle verursachen, Scania hier also am meisten Handlungsbedarf sah.
Mit 24 Jahren erfüllt Thomas nicht nur die Altersgrenze locker. Auch bei den deutschen Vorläufen schaffte er es ganz nach vorne und ist nun einer von 24 Finalisten, die auf dem Scania-Werksgelände im schwedischen Södertälje um den Titel "Europas bester Nachwuchs-Fahrer" kämpfen.
ZUNÄCHST GILT ES, IN DIE ENDRUNDE ZU KOMMEN
Erste Hürde ist zunächst aber die Qualifikation für das eigentliche Finale am nächsten Tag. Neben ökonomischem Fahren und der ersten Rangierprüfung stehen hier mit Erster Hilfe, Ladungssicherung und einem Abfahrts-Check auch theoretische Disziplinen auf dem Programm, die Thomas nach eigenem Bekunden weniger liegen: "Meine Stärken sehe ich eher beim Fahren, aber wenn ich es ins Finale schaffen will, darf ich mir keine groben Schnitzer erlauben!"
Dennoch unterläuft ihm bei der Lasiprüfung ein kleiner Fehler, weil er in der Eile zu den falschen Zurrgurten greift, deren Vorspannkraft nicht ausreicht, um die 2,5 Tonnen schwere Holzkiste auf der Ladefläche zu halten. Schließlich steuert Thomas im "normalen" Leben einen Kippsattel im Regionalverkehr, hatte mit Ladungssicherung also bislang eher wenige Berührungspunkte.
Dafür gehört der Herxheimer bei der Abfahrtskontrolle zu den Besten und auch beim Spritsparen läuft alles nach Plan. Darauf konnte er sich im Vorfeld besonders gut vorbereiten, schließlich findet die Prüfung auf einem R 480 statt, den Thomas auch im Alltag fährt. "Es ist schon ein Vorteil, wenn man das Fahrzeug kennt, wichtige Schalter nicht lange suchen muss und vor allem einschätzen kann, welche Steigungen der Motor noch ohne Schaltung schafft", weiß der Jung-Profi. "Die dreißigminütige Strecke war aber sehr anspruchsvoll und musste zudem im manuellen Modus befahren werden." Nerven bewies er auch in der ersten Rangier-Aufgabe und schafft daher problemlos die Qualifikation für die Endrunde.
Hier erhöht sich der Druck nochmals, denn ab sofort gilt das K.O.-System. Das heißt: Die Probanden treten in Dreiergruppen parallel gegeneinander an und nur der Beste kommt weiter. Weiterer Nervenkitzel: Die Fahrer haben untereinander Sichtkontakt, bekommen es also genau mit, wenn die Konkurrenten vor ihnen liegen. "Man darf hier nicht hektisch werden, sonst passieren schnell Fehler, die Strafpunkte zur Folge haben," erklärt Thomas vor dem Start zur so genannten "Combo"-Prüfung. Hier muss der Sattelzug zunächst im rechten Winkel rückwärts in eine simulierte "Garage" rangiert werden, ohne Auflieger oder Zugmaschine irgendwo anzuecken.
Thomas meistert das erste Manöver souverän, behält die von ihm selbst verordnete Ruhe. Obwohl es jetzt besonders knifflig wird: Mit dem rechten Vorderreifen muss er einen roten Pylon zum Umfallen bringen, den er im Rampenspiegel nur erahnen kann. Außerdem stehen dicht daneben noch zwei blaue Pylone, die er keinesfalls umwerfen darf. Denn das würde mit Strafpunkten geahndet, die sich kaum wieder aufholen lassen. Bei Thomas bleibt die Anzeige auch hier bei null Strafpunkten. Nun rückwärts das Andocken an eine Rampe simulieren, den 40-Tonner wieder aus der engen Garage herausbugsieren und zwischen zwei eng stehende Tonnen durchmanövrieren. Null Strafpunkte! Das reicht fürs Halbfinale!
TOLLER ERFOLG: SECHSTER VON 17.000 TEILNEHMERN
"Knock the King" tauften die Scania-Verantwortlichen die hier zu bewältigende Übung. Mit jeder Fahrzeugecke müssen möglichst schnell wieder rote Pylonen umgeworfen werden, selbstredend ohne die blauen mitabzuräumen! Doch hier verlässt Thomas das Glück, beim zweiten Pylon fällt auch ein blauer. Neben den Strafpunkten hat das zur Folge, dass Thomas etwas aus dem Rhythmus kommt. Sein russischer Kontrahent bleibt dagegen fehlerfrei und sichert sich so die Finalteilnahme. Doch die Scania-Zugmaschine gewinnt am Ende Gabriel Warde aus Irland. Nach kurzer Enttäuschung ist Thomas dann berechtigt zufrieden: "Ich bin Sechster von 17.000 europäischen Fahrern geworden, außer dem habe ich viel gelernt und mache in zwei Jahren auf jeden Fall wieder mit!" Jung genug ist Thomas ja auch dann noch.