Das Kürzel GT (Gran Turismo) steht im Pkw-Bereich für kräftige, opulent ausgestattete Sportwagen, die trotz ihrer beeindruckenden Fahrleistung alltagstauglich und selbst für größere Reisen geeignet sind. Durch weit geschneiderte Blechkleider verfügen sie in der Regel über genügend Bewegungsfreiheit und Luxus. Selbst praktikable Stauräume sind meistens in ausreichendem Umfang vorhanden.
Viele GT-Modelle besitzen längst Kultstatus. In den USA ist dies insbesondere beim Shelby GT500 aus dem Jahr 1967 der Fall. Alleine schon wegen seiner Power ist er das Spitzenmodell aller Mustang-Modelle der Ford Motor Company. Spätestens, als zur Jahrtausendwende Nicolas Cage in dem Hollywood-Klassiker "Gone in 60 Seconds" seine "Eleanor" klaute und damit wilde Verfolgungsjagden absolvierte, schossen die Preise für einen authentischen Shelby Mustang GT500 in der Urversion auf ein sechsstelliges Niveau. In jüngster Vergangenheit erleben die Shelby-Modelle ein regelrechtes Comeback, seit Ford seinem Klassiker Mustang endlich wieder ein angemessenes Design spendiert hat.
EIN HOCHSTEIGENDER MUSTANG SYMBOLISIERT DIE GRUNDIDEE
Dieser Liebe zu den amerikanischen Muscle-Cars ist auch Transportunternehmer Nicola Mastrocesare aus Triggiano verfallen. Im Herbst 2015 erstand er einen damals bereits neun Jahre alten Scania R 580. Das hohe Alter des Scania hinderte Nicola Mastrocesare allerdings nicht daran, das betagte Zugfahrzeug noch mit einer aufwendigen Airbrushlackierung versehen zu lassen. Selbst die allseits bekannten Le-Mans-Streifen über die Front hinweg durften nicht fehlen, weshalb der Truck bereits von Weitem einen hohen Wiedererkennungswert hat.
Inhaltlich ist die Lackierung eine Hommage an den GT500 und seinen Erbauer Carroll Shelby. Umrahmt werden die beiden hochgezüchteten "Pony-Cars" auf der Fahrerseite von einem steigenden Mustang für das Grundmodell von Ford und an der Beifahrerseite von einer in Drohhaltung und jederzeit zum Biss bereiten Kobra für den Tuningspezialisten Shelby.
Gleich nachdem die Sattelzugmaschine ihren Einzug in den italienischen Fuhrpark gehalten hatte, machte sich Airbrushkünstler Sergio Calzolaro aus Matino ans Werk. Eine gute Woche lackierte er an dem Scania. Der 30-Jährige hat in italienischen Truckerkreisen einen Namen; bereits 35 Fahrzeuge hat er verschönert. Auch im Fuhrpark von Nicola Mastrocesare finden sich immer mehr getunte Zugmaschinen, inklusive einem komplett lackierten Kühlzug.
DER SCANIA "GT" IST SPORTLICH UND ELEGANT ZUGLEICH
Sergio Calzolaro arbeitet seit zwölf Jahren hauptberuflich als Maler und Lackierer und nebenbei als Airbrusher. Mit einem Studium an der Akademie der Schönen Künste in Mailand legte er den Grundstein für sein heutiges Schaffen, "das Airbrushverfahren habe ich mir aber selbst beigebracht", sagt er. Bisweilen reist Calzolaro durch ganz Italien, um Lastwagen zu verschönern. Den Shelby-Scania hat er ganz besonders ins Herz geschlossen: "Ich mag ihn so sehr, weil er gleichzeitig elegant und aggressiv ist! Er ist mir wirklich gut gelungen."
Die bestehenden Gemeinsamkeiten zwischen der Sportwagenikone aus Amerika und dem Laster aus Schweden blieben natürlich auch im Vorfeld allen Beteiligten nicht verborgen. Beide Fahrzeuge geizen nicht mit guter Ausstattung, beiden liegen weite Strecken im Blut, beide haben ihre Geschichte, Fans und Anhängerschaft. Das wichtigste Bindeglied ist aber, dass in beiden Motorräumen ein großvolumiges V8-Herz schlägt. So wurde kurzerhand aus dem Scania eine Art "Riesen-GT" und die Modellbezeichnung von R 580 in GT 580 umgewandelt. Seit seiner Fertigstellung sitzt Matteo Fiore hinter dem Lenkrad der zischenden Schlange. Mit einem Planenauflieger von Schwarzmüller ist der Süditaliener hauptsächlich mit Pasta-Produkten für den italienischen Nahrungsmittelhersteller Divella unterwegs. Momentan schickt sich der Scania an, die 700.000-Kilometer-Marke zu knacken. Wie es sich für einen echten "GT" gehört, ist ein Ende der Reise noch lange nicht in Sicht Otto Miedl