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Schwertransport: Meter für Meter über den Fluss

03.12.2018 08:00 Uhr
Schwertransport: Meter für Meter über den Fluss
Der Schwertransport mit einem neuen Brückenträger auf der Salzach-Brücke bei Golling
© Foto: Hans Lamminger

Im österreichischen Golling wird die alte Salzachbrücke restauriert. Experten der Firmengruppe Knoll brachten die neuen, überlangen Stahlbrückenträger an ihren Platz.

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Gegen 15.30 Uhr setzt sich der MAN in Bewegung. Zentimeterweise lotst Lkw-Fahrer Sigi Lesiak das 150 Tonnen schwere Gespann aus dem Industriegebiet heraus über die schmale Taggerstraße in Richtung des Gebirgsflusses Salzach. Wir sind im Salzburger Land, etwa drei Kilometer südlich von Golling. Eine in die Jahre gekommene Straßenbrücke, die über die 50 Meter tiefer verlaufende Salzach führt, wird durch eine neue Stahlbrücke ersetzt.

Rund neun Stunden zuvor: Die letzten Vorbereitungen für den Transport laufen. Die Fracht steht schon an der Zufahrt zum Zementwerk Leube in Golling bereit. Dort wurden in den letzten Wochen vier 29 Meter lange Stahlteile zu zwei 58 Meter langen, 3,20 Meter hohen Brückenträgern verschweißt und lackiert. Sie müssen lediglich 500 Meter weit transportiert werden, das Auf- und Abladen, die Enge auf der alten und baufälligen Brücke und das Einsetzen der Brückenträger werden heute die Herausforderungen sein.

ZUSÄTZLICH WIRD EIN 300- TONNEN-KRAN GEBRAUCHT

Bereits in den frühen Morgenstunden trifft das Team der Firma Knoll Transporte GmbH an der Ladestelle ein. Sigi arbeitet seit 21 Jahren bei der Firma, er ist Fahrer und heute auch Projektleiter. Auch Inhaber Erich Knoll ist hier, er rückte eigens mit einem vierachsigen Mercedes SK samt Ballastauflieger an. An so einem Tag wird in dem Familienunternehmen jeder Mann gebraucht.

Gemeinsam ballastieren die Männer den 220-Tonnen-Liebherr-Kran. Es weht ein eiskalter und starker Wind. Das ist nicht ungewöhnlich hier inmitten der Tennengauer Berge, für den Kranaufbau aber wäre ein laueres Lüftchen besser.

Jetzt werden ein sechsachsiges Nachläufermodul von Goldhofer und zwei weitere Teile abgeladen: Eigens für den Transport der Brückenträger ließ Knoll Halterungen, sogenannte Konsolen, anfertigen. Beim Aufsetzen der Träger auf die Schwerlastmodule wird es nachher auf jeden Millimeter ankommen. Sollten die Konsolen und die Löcher für die Sicherungsschrauben nicht millimetergenau zueinander passen, würde es zu Verzögerungen gekommen.

Ein zusätzlicher 300-Tonnen-Kran trifft ein, Knoll hat ihn bei der Firma Rachbauer aus Straßwalchen beauftragt. Bis auch dieser einsatzbereit ist, ist es bereits mittags, und die Zeit drängt. Doch zum Glück hat sich wenigstens der starke Wind mit Spitzen bis zu 80 m/h gelegt. "Hätte er nicht nachgelassen, wäre das Heben der großen Brückenträger unmöglich gewesen", erklärt der Kranfahrer.

Nach einer warmen Mahlzeit in der Kantine des Zementwerks beginnen die Männer gestärkt mit den Verladearbeiten. Langsam heben die Kranfahrer Giuseppe Lindner und Dominik Hauser den ersten, 150 Tonnen schweren Brückenträger auf eine Höhe von rund drei Meter an. Per Radlader wird zügig das Nachläufermodul unter dem hinteren Teil des Brückenträgers positioniert. Passen die Konsole und der Träger zusammen? Beim Aufsetzen sind Feingefühl und "Manpower" zugleich gefordert. Mit Eisenstangen helfen die Männer etwas nach, um die Fracht sicher zu platzieren. Es passt! Die Kollegen in der Werkstatt hatten gute Arbeit geleistet.

Nun wird eine Schlauchwaage an dem Brückenträger verbaut: ein durchsichtiger Wasserschlauch, der mit Wasser befüllt wird und anhand zweier Markierungen zeigt, ob der Brückenträger noch in der Waagerechten ist. Bei dieser Höhe könnte eine leichte Schieflage schnell zum Kippen der kompletten Einheit führen, erklärt Sigi.

DER KRAN MUSS MEHRFACH AB- UND AUFGEBAUT WERDEN

Nun muss mit dem gleichen Aufwand der vordere Teil des Brückenträgers auf das Vorläufermodul gesetzt werden. Um 16.30 Uhr sind Sigi und sein MAN dann abfahrbereit. Die kurze Strecke von nur 500 Metern läuft problemlos, dann geht es auf die alte Brücke über die Salzach. Und hier zählt jeder Zentimeter. Ein Verkehrszeichen muss kurzerhand entfernt werden, erst danach geht es weiter. Teils auf dem Gehsteig fahrend, folgt Sigi den Markierungen, die er zuvor angebracht hat. Das Geländer steht noch im Weg, kurzerhand wird ein Stück davon abgeflext. Immer wieder kontrolliert sein Chef am hinteren Ende, ob es für die Kurve langt. Unbeschadet erreicht der Transport sein Ziel: Das Fahrzeug steht mit dem neuen Brückenträger auf der alten Brücke, die bald Geschichte sein wird. Von oben ein spektakuläres Bild.

Jetzt sind wieder die Krane gefragt, beide müssen umgestellt werden. Der Kran von Knoll wird nachgerückt, aber für den zweiten Kran ist es nun zu eng. Er muss komplett abgebaut, bei Golling auf die andere Seite der Salzach gefahren und dort wieder neu aufgebaut werden. Die Zeit läuft, inzwischen ist es früher Abend. Der Wind hat so stark aufgefrischt, dass die Verantwortlichen nichts riskieren können - für heute ist Schluss. Erst früh am nächsten Tag will man die Brückenträger einsetzen. Doch am nächsten Tag sollte es erst gegen Mittag etwas windstiller werden, dann können die Kranarbeiten beginnen. Drei Stunden wird es dauern, bis der neue Brückenträger am Widerlager eingesetzt ist.

Für Sigi heißt es heute noch nicht Feierabend: Drüben am Zementwerk wartet der zweite Träger. Jetzt wird erst mal der große Kran wieder abgebaut und umgesetzt, der kleine nachgerückt, der zweite Stahlträger auf den Vor- und Nachläufer gesetzt ... und möglichst noch heute soll auch der über die Schlucht. Hans Lamminger

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