Einen Berna-Oldtimer sieht man auf deutschen Straßen selten. Nicht zuletzt deswegen griff Rolf Wildt (siehe Firmenporträt S. 68) 2008 auch sofort zu, als er seinen 2VM bei einem deutschen Händler fand. Der hatte gleich fünfzig gut erhaltene Exemplare von der Schweizer Armee gekauft.
"Mich faszinierte vor allem die fortschrittliche Technik", erklärt der 47-Jährige, "Berna verbaute schon 1966 ein druckluftunterstütztes Getriebe und fertigte Kabine und Kotflügel aus GFK." Auch die mit Druckluft betriebenen Scheibenwischer, die skurrile Höhenverstellung des Fahrersitzes und die per Lufttrockner von Kondenswasser freigehaltene Bremsanlage zeugen vom damaligen Innovations-Vorsprung der ehemaligen Schweizer Edel-LKW-Schmiede, bei der allerdings schon ab 1929 Saurer das Sagen hatte.
Eine Tankanzeige im Armaturenbrett zu realisieren, war den Konstrukteuren dagegen wohl zu aufwändig, der Diesel-Vorrat wird altmodisch per mitgeliefertem Metallstab direkt im Tank gemessen.
Nur 200.000 Kilometer sammelte der Berna während seiner 42-jährigen Armee-Zeit und wurde dort typischer Weise mustergültig gepflegt und gewartet. Seine fünf Jahre im "Wildt-Fuhrpark" spulte er daher ohne Probleme ab. "An die olivgrüne Lackierung konnte ich mich allerdings nie gewöhnen," lacht Wildt. Weshalb der gelernte Kfz-Mechaniker seinen Oldie 2009 kurzerhand auf die grün-rote Firmenfarbe umlackierte. Schließlich soll der Schweizer im Exil ja auch als Werbeträger für die Spedition fungieren.
STATT SOLDATEN IST OBST DIE NEUE FRACHT DES 2VM
Seine Hauptaufgabe besteht aber vorrangig darin, seinen Besitzer auf dessen Obstwiesen zu begleiten, wo die ehemals für 30 Soldaten zugelassene Ladefläche regelmäßig zur bequemen "Steighilfe" zu höher hängenden Ästen wird. Doch auch der permanente Allradantrieb und die hohe Bodenfreiheit erwiesen sich hier schon öfter als hilfreich. "Einmal habe ich mich nach einem Regenschauer so in der feuchten Erde festgefahren, dass nichts mehr ging," erinnert sich Rolf Wildt. Doch auch dafür hatte der Berna eine Lösung parat. Schließlich führt er am Heck eine Sechs-Tonnen-Seilwinde mit, die über Umlenkrollen auch nach vorne funktioniert. Das 60 Meter lange Stahlseil wurde einfach am nächsten Obstbaum befestigt und der 2VM zerrte sich - zusammen mit den 135 PS des Reihensechszylinders und gesperrtem Hinterachsdifferenzial - buchstäblich am eigenen Haarschopf aus dem Morast.
Auf befestigten Straßen "rennt" der Oldie übrigens maximal 75 Sachen. Damit sein Besitzer die auch an Sonn- und Feiertagen ausfahren kann, ließ er den Zwölftonner auf 7,5 Tonnen Gesamtgewicht ablasten. So blieben am Ende zwar nur noch magere 400 Kilogramm an Nutzlast übrig, für ein paar Obstkisten reicht das aber locker.
Und sollte wider Erwarten doch einmal etwas kaputt gehen, ist die Ersatzteilversorgung in der Heimat kein Problem. Schließlich sind es aus dem nördlich von Freiburg gelegenen Wildt-Standort Ettenheim ja gerade mal knapp 100 Kilometer in die Schweiz.