Man könnte in der Nachbetrachtung fast von einem Jahrtausendtreffen sprechen - immerhin fand das erste Oldtimer-Nutzfahrzeug-Treffen von NVG-Mitglied Jürgen Ebenhöh bereits 1998 statt. Alle zwei Jahre geht das "Kieswerk-Team", wie sich die Truppe um den rührigen Seniorchef nennt, an den Start. Meist haben sie Glück mit dem Wetter. Dieses Jahr leider nicht. Trotzdem war der Parkplatz vor dem Kieswerk zur Mittagszeit rappelvoll, und mehrere Hundert Besucher schlenderten übers weitläufige Veranstaltungsareal.
Von Anfang an gehörte es zur Philosophie der Veranstalter-Familie und ihrer zahlreichen Helfer und Unterstützer, dass sich neben gut einhundert Oldtimer-Lkw - vorwiegend aus dem Baubereich - auch flammneue Baumaschinen, Lader, Bagger und Lkw einfinden. So fand das Oldtimer-Nutzfahrzeug-Treffen im Norden Münchens bald seinen Namen: die "kleine Bauma".
Das Treffen im Kieswerk überzeugt neben der guten Organisation vor allem durch das breite Spektrum an Fahrzeugen - sodass alle Besucher auf ihre Kosten kommen. Vom italienischen Lastendreirad über die klassischen Transporter der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit à la VW T1, T2, Opel Blitz, Mercedes 319, Tempo oder Ford Taunus Transit war alles vertreten. Jürgen Ebenhöh hat auch ein Herz für Pkw-Oldtimer, weshalb es auch aus diesem Bereich interessante und seltene Fahrzeuge zu sehen gab. Wann haben Sie zum Beispiel das letzte Mal einen BMW 3200 CS Bertone oder einen echten! Porsche 356 Speedster gesehen - und keine Polyester-Replika ...?
FLIESSENDER ÜBERGANG VON PATINA ZU SCHROTT
Doch zurück zum Nutzfahrzeug. Auch da scheint sich der Trend zu Patina und Fahrzeugen aus dem richtigen Leben langsam durchzusetzen. Während die Preziosen aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren meist top restauriert daherkommen, tragen die Youngtimer der Siebziger- und Achtzigerjahre - inzwischen ja auch H-Kennzeichentauglich - die Spuren der Jahre. Die oft jüngeren Besitzer haben offensichtlich mehr Spaß am Fahren als am Restaurieren.
Ein wenig kritisch muss man allerdings anmerken, dass der Übergang von der (oft reichlich vorhandenen) Patina zum angehenden Schrott fließend ist. Wenn also unbedarfte Besucher anmerken, dass es sich bei einem "fauligen" MAN F8 mit Rostlöchern in Tür, Kotflügel und Aufbau kaum um historisches Kulturgut handeln könne, müssen wir uns als Sammler und Liebhaber wohl doch ein wenig an die eigene Nase packen.
Obgleich das ja kein Problem der Veranstalter ist - und manchmal ist Patina ja ganz schön. So wie etwa bei einem Faun L8, der zwar auf dem Tieflader das Ausstellungsgelände erreichte, aber mit sonorem Klang seines KHD-Luftkühlers aus eigener Kraft einige Runden drehte.
Schön auch, dass es Jürgen Ebenhöh und seine Kinder Melanie und Marc schaffen, dass es sich um ein "internationales" Treffen handelt. Jetzt mag man darüber streiten, ob die angereiste Berliner Truppe um Ingo Steingräber mit ihren diversen Volvo "Ausländer" sind - aus bayerischer Sicht vielleicht ... Auf jeden Fall hatten sie eine deutlich weitere Anreise als die Kollegen aus Österreich, die dafür mit ihren Steyr, Gräf & Stift und ÖAF einige wirklich seltene und bei uns auch vielfach unbekannte Stücke präsentierten.
VON MOTORRAD ÜBER PKW, LKW BIS ZUR FEUERWEHR
Wohltuend auch die Philosophie des Veranstalter-Teams, sich der Feuerwehrfraktion zu öffnen. Die Damen und Herren in Rot hatten ihren eigenen Bereich, waren trotzdem mittendrin und zeigten einen hochinteressanten Querschnitt aus drei Jahrzehnten Fahrzeugtechnik sowie eine beeindruckende Markenvielfalt - vom 1964er-Unimog 404 bis zum Mercedes NG 1019.
Wo Hersteller wie CAT aktuelles Baugerät zeigen, durften natürlich zeitgenössische Baumaschinen nicht fehlen. Wer offenen Auges und mit dem Blick unterm Rand des Regenschirms hervor über das Areal wanderte, entdeckte unter anderem einen M90-Seilbagger von Menck & Hambrock, den unvermeidlichen 500er-Fuchs oder die Kaelble-PR660-Raupe des Hausherrn Jürgen Ebenhöh.
Nicht unerwähnt sollen zwei seltene Stücke bleiben (die wir in der Bildergalerie online zeigen): ein Magirus-Deutz KW 16 Uranus Kranwagen mit beeindruckendem, 250 PS starken V12-Luftkühler sowie ein FIAT 690 T2, den Italien-Urlauber aus den 1968er-Jahren noch gut in Erinnerung haben dürften - vor allem als 8x4-Tausendfüßler mit Vierachsanhänger.
Merken Sie sich auf jeden Fall den Juni 2020 vor. Egal, ob Regen oder Sonne, da sollte man in jedem Fall dabei sein.