Warum tut man sich das an? Diese Sinnfrage hat sich Johann "Hannes" Rohr, seit über 30 Jahren als LKW-Fahrer und seit Jahrzehnten als Betriebsrat aktiv, schon manchmal gestellt. Wobei die Frage sich vor allem auf sein ehrenamtliches Engagement für die Kollegen und für faire Arbeitsbedingungen bezieht. Denn LKW-Fahren, das macht "Hannes", trotz immer strengerer Arbeitsbedingungen, nach wie vor einfach gerne.
Davon zeugt auch sein topgepflegter und liebevoll mit Chrom verzierter MAN TGX. "Klar, früher war' s schon besser. Du hattest mehr Freiheit, kein Handy, keine Fahrerkarte, und konntest schon mal zwei Stunden in einem französischen Routiers entspannen."
Doch neben dem stressiger gewordenen Job auf dem Bock, in dem er 1972 an den heutigen Greiwing-Standort Ludwigshafen wechselte, engagiert sich Rohr eben auch noch als Betriebsrat. Und steht da automatisch voll im Feuer zwischen Fahrerinteressen, die teils mit Vehemenz an ihn herangetragen werden, und der unternehmerischen Gesamtsituation. Sein Chef, der Ludwigshafener Niederlassungsleiter Klaus Wolf, auch seit knapp 30 Jahren in der Branche, deutet die Gesamtumstände dezent an, wenn er von Ausschreibungen spricht, bei denen man zum Teil mit 120 anderen Logistikfirmen konkurriere.
Dass die Fahrer das Mögliche erhalten, auch dafür setzt sich Hannes Rohr, zusammen mit vier weiteren Greiwing-Chauffeuren, im Betriebsrat ein. Er bescheinigt seinem Arbeitgeber ein anständiges Niveau. Wobei er auch feststellt: "Für die Härten des Jobs kannst du als Fahrer eigentlich nie genug Lohn bekommen". Aber er ist ebenso Realist beim vielleicht heikelsten Thema seiner Betriebsratsarbeit. "Gehaltserhöhungen muss das Geschäft eben auch hergeben", weiß er. Und fügt über seine schwierige Suche nach Ausgleich aller Interessen an: "Wenn's mehr gibt, bist du der Held, wenn's weniger ist, der Buhmann." Klar, dass bei Hannes Rohr, der daneben auch im Gesamtbetriebsrat und bei Verdi aktiv ist, irgendwann auch das Thema Prämiensystem auf dem Tisch in seinem Betriebsratszimmer landete. Statt ein System einfach zu verordnen, gab es bei Greiwing eine Abstimmung, bei der sich die Mehrheit der Fahrer dafür aussprach. Niederlassungsleiter Wolf betont, das Prämiensystem diene nicht zur Lohndrückerei, sondern sei ein echtes Plus zum Grundlohn.
Ein heißes Eisen seiner Tätigkeit war für Hannes auch das Thema "Spesen statt Lohn", das irgendwann auf der Agenda stand. Nicht wenige Fahrer fanden für den Moment durchaus Gefallen daran, so mehr Geld im Portemonnaie zu haben. Doch Hannes Rohr dachte über den Tag hinaus und lehnte kategorisch ab. "Schön für den Moment, aber das schlägt ja später voll auf die Rentenhöhe durch". Ob dieser Frage hat er sich ziemlich gezofft mit einem anderen Fahrer. Für ihn als Betriebsrat war es der schönste "Lohn", als der Kollege ihm später dankte, dass er hart geblieben war.
STIMMUNGSMACHE: ATMOSPHÄRE IST WICHTIG
Stark beschäftigt hat ihn natürlich auch der Kampf um die Weiterbeschäftigung der Fahrer, als der alte Betrieb an Greiwing überging - und worüber Klaus Wolf sagt, es sei ein Glück, zu Greiwing gekommen zu sein. Chef und Betriebsrat sind sich darin einig: Greiwing sei ein Unternehmen, in dem trotz einer gewissen Größe immer noch ein familiärer Ton gepflegt werde.
Neben den "harten Themen" hat sich Hobbykicker Hannes Rohr auch um das Betriebsklima verdient gemacht, etwa bei den Fußballturnieren, die zwischen den Niederlassungen ausgetragen werden. Oder bei legendären Grillfesten am Hof, zu denen die Familien geladen seien und bei denen sich Hannes Rohr einen legendären Ruf als Grillmeister erwarb. Da dürfen dann schon mal die Kleinen im LKW Probesitzen, eine früh ansetzende Methode, junge Leute für den LKW zu begeistern. Denn die Nachwuchsproblematik stellt sich bei Greiwing natürlich auch. Klaus Wolf beschreibt: "Wir stehen bei BKF Gewehr bei Fuß, aber es mangelt an guten Bewerbern." "Ich würde ja sogar in die Schulen gehen und Werbung machen", versichert Hannes Rohr. Einstweilen zählt man auf die noch aktive "Generation Rohr", pflegt aber eine "stille Reserve" älterer Fahrer, die als Aushilfen oder Urlaubsvertretung einspringt. Auch hier ist Hannes Rohr wichtiges Bindeglied. Und wird als erfahrener Trucker wegen seiner Expertise geschätzt: Er fährt im sensiblen Neukundengeschäft, bei Erstbefüllungen und Sonderfahrten.
Doch zurück zur Ausgangsfrage: Warum tut man sich den Extrastress an? Hannes Rohr sinniert kurz, wippt mit der silbrig gewordenen Löwenmähne: "Es ist eine Art Idealismus - und der Wille, mitzugestalten statt nur zu klagen." Wobei er auch den an ihn herangetragenen Klagen der Kollegen noch etwas abgewinnen kann. "Gut geklagt ist halb verändert", lacht er. Hannes ist wirklich unerschütterlich in seinem Idealismus.